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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Kommst du mit nach Hause, Marcus Livius?«
    Drusus sah mit leicht geöffnetem Mund und traurigem Blick zu ihm auf. »Geh ruhig ohne mich, Marcus Porcius. Ich bin sehr müde und möchte meine Gedanken noch etwas ordnen.«
    Er wartete, bis der letzte Senator gegangen war, und winkte dann seinem Sklaven, der den Klappstuhl nahm und seinem Herrn vorausging. Bedächtig stieg Drusus die Stufen hinunter zu den schwarzweißen Fliesen. Als er das Gebäude verließ, begannen die Sklaven der Curia Hostilia bereits damit, die Sitzreihen zu fegen und den Abfall einzusammeln. Wenn sie damit fertig waren, würden sie das Portal schließen, damit nicht Gesindel aus der Subura in das Gebäude eindrang. Dann würden sie in die Quartiere der Staatssklaven zurückkehren, die hinter den domi publici der drei Oberpriester lagen.
    Mit gesenktem Kopf trat Drusus durch die Säulen des Eingangs. Er überlegte, wann Silo und Mutilus wohl von den heutigen Ereignissen erfahren würden. Die lex Licinia Mucia mit den Änderungsanträgen des Scaurus würde sicher innerhalb des vorgeschriebenen Mindestzeitraums von drei Markttagen ratifiziert werden. Das hieß, daß das neue Gesetz in siebzehn Tagen in Kraft treten würde, und dann mußten alle Hoffnungen auf eine friedliche Verständigung mit den italischen Bundesgenossen begraben werden.
    Völlig unerwartet stieß er mit Gaius Marius zusammen. Drusus taumelte zurück und wollte schon eine Entschuldigung murmeln, die ihm aber beim Anblick von Marius grimmigem Gesicht auf den Lippen erstarb. Hinter Marius tauchte Publius Rutilius Rufus auf.
    »Wie wäre es, wenn du deinen Onkel und mich nach Hause begleiten und einen guten Becher Wein mit uns trinken würdest?« schlug Marius vor.
    Marius konnte trotz der Erfahrung seiner zweiundsechzig Lebensjahre nicht ahnen, welche Reaktion diese freundliche Einladung bei Marcus Livius auslösen würde. Dessen straffes dunkles Gesicht begann sich in Falten zu legen, und dann flossen die Tränen. Drusus zog sich die Toga über den Kopf, um sein unmännliches Verhalten zu verbergen, und er weinte, als ob sein letztes Stündlein geschlagen hätte. Marius und Rutilius Rufus versuchten von beiden Seiten, ihn, so gut es ging, zu trösten. Dann kramte Marius in den Falten seiner Toga nach einem Taschentuch und steckte es Drusus unter seiner Toga zu.
    Nach einer Weile hatte Drusus sich beruhigt. Er ließ die Toga wieder herunter und sah seine beiden Begleiter an.
    »Meine Frau ist gestern gestorben«, sagte er.
    »Das wissen wir, Marcus Livius«, antwortete Marius sanft.
    »Ich dachte, ich hätte es verwunden! Aber das heute war zuviel. Es tut mir leid, daß ich mich so habe gehen lassen.«
    »Was du jetzt brauchst, ist ein gehöriger Schluck Falerner.« Marius führte ihn die Treppe hinunter.
    Und wirklich half ihm der Wein wieder auf die Beine. Marius hatte einen weiteren Stuhl an seinen Schreibtisch geholt, und dann setzten die drei sich, die Weinkaraffe und die Wasserflasche griffbereit.
    »Versucht haben wir es zumindest«, meinte Rutilius Rufus mit einem Seufzer.
    »Das hätten wir uns genausogut schenken können«, entgegnete Marius.
    »Nein, das stimmt nicht, Gaius Marius«, protestierte Drusus. »Die Senatssitzung wurde Wort für Wort mitprotokolliert. Ich habe gesehen, wie Quintus Mucius den Schreibern Anweisung gegeben hat, und sie haben während deiner Rede genauso eifrig mitprotokolliert wie bei Scaurus und Crassus Orator. Wenn sich also in nicht allzu ferner Zukunft zeigt, wer recht und wer unrecht hatte, wird irgend jemand die Akten herausholen. Dort wird dann schwarz auf weiß nachzulesen sein, was du gesagt hast, und die Nachwelt wird zumindest nicht alle Römer für arrogante Tölpel halten.«
    »Das ist wenigstens ein kleiner Trost, obwohl es mir lieber gewesen wäre, wenn ich sie hätte überzeugen können, auf die letzten Klauseln der lex Licinia Mucia zu verzichten«, meinte Rutilius Rufus. »Das Problem ist, daß sie alle unter Italikern leben, aber nichts über sie wissen.«
    »Da hast du nur zu recht«, sagte Drusus trocken, stellte seinen Becher hin und ließ sich von Marius nachfüllen. »Es wird Krieg geben.«
    »Nein, nicht Krieg!« Rutilius Rufus sah ihn entsetzt an.
    »Doch, Krieg. Wenn nicht ich oder jemand anders die lex Licinia Mucia verhindert und das allgemeine römische Bürgerrecht für ganz Italien durchsetzt.« Drusus nippte an dem Wein. Seine Augen füllten sich erneut mit Tränen, aber er

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