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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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amtierenden Zensoren in seinem Amt bestätigt wurde. Ich bin euer Vorsitzender seit dem Jahr meines Konsulats vor genau zwanzig Jahren. Ich war Konsul und Zensor. Ich habe Armeen angeführt und Verträge mit unseren Feinden geschlossen und mit denen, die uns ihre Freundschaft anboten. Ich bin ein Patrizier aus dem Geschlecht der Aemilier. Aber weit wichtiger als all das, wie lobenswert und herausragend auch immer es sein mag, weit wichtiger ist: Ich bin ein Römer!
    Es fällt mir schwer, Gaius Marius zustimmen zu müssen, der sich einen Italiker genannt hat. Aber laßt mich noch einmal auf den Anfang seiner Rede zurückkommen. Ist es ein Verbrechen, ein Römer sein zu wollen? Dem Volk angehören zu wollen, das praktisch über die gesamte bekannte Welt regiert? Zu denen gehören zu wollen, die Königen befehlen? Ich stimmte Gaius Marius zu und sage: Es ist kein Verbrechen, diesen Wunsch zu haben. Aber darum geht es nicht. Es ist ganz sicher kein Verbrechen, sich dies zu wünschen, aber es ist ein Verbrechen, entsprechend zu handeln. Und ich kann nicht zulassen, daß ihr in die von Gaius Marius gelegte Falle tappt. Wir haben uns nicht versammelt, die zu bemitleiden, die begehren, was sie nicht haben. Wir sind nicht zusammengekommen, um uns mit Idealen, Träumen, Sehnsüchten und Wünschen zu befassen. Wir sind zusammengekommen, um uns mit der Wirklichkeit auseinanderzusetzen, mit der unrechtmäßigen Aneignung des römischen Bürgerrechts durch Zehntausende von Männern, die keine Römer sind und daher auch nicht behaupten dürfen, Römer zu sein. Ob sie gerne Römer wären, tut hierbei nichts zur Sache. Entscheidend ist vielmehr, daß Zehntausende ein großes Verbrechen begangen haben. Wir, die wir dazu da sind, das römische Erbe zu bewahren, dürfen nicht so tun, als ob es sich hierbei um ein kleines Vergehen handele, das mit einem Klaps auf die Finger abgetan wäre.«
    Scaurus drehte sich zu den Senatoren um. »Eingeschriebene Väter, ich, der Senatsvorsitzende, appelliere als echter Römer an euch, euch mit eurer ganzen Macht und Autorität hinter dieses Gesetz zu stellen. Wir müssen dem leidenschaftlichen Wunsch der Italiker nach dem römischen Bürgerrecht ein für allemal ein Ende setzen, ihn ausmerzen. Die lex Licinia Mucia muß die härtesten Strafen der römischen Rechtsgeschichte vorsehen. Aber damit nicht genug. Ich plädiere dafür, die beiden von Gaius Marius vorgebrachten Anregungen für das Gesetz zu übernehmen. Einmal sollte eine Belohnung für Informationen ausgesetzt werden, die zur Überführung von Falschbürgern beitragen, eine Belohnung in Höhe von 4 000 Sesterzen, also zehn Prozent der verhängten Strafe. Damit wird der römische Staatsschatz nicht belastet, die Gesetzesbrecher allein haben die Kosten zu tragen. Und in einem zweiten Nachtrag sollte jedes Gericht durch eine Abordnung bewaffneter Soldaten geschützt werden. Auch die Kosten für diesen zeitlich begrenzten Einsatz sollten aus den Strafgeldern bestritten werden. Ich bin daher Gaius Marius zu aufrichtigem Dank für seine Anregungen verpflichtet.«
    Auch später wußte niemand zu sagen, ob Scaurus mit seiner Rede bereits fertig gewesen war, denn Publius Rutilius Rufus war aufgesprungen und hatte gerufen: »Erteile mir das Wort! Ich muß sprechen!« Scaurus war offensichtlich so müde, daß er dem Sitzungsleiter nur zustimmend zunickte.
    »Er ist am Ende, der arme alte Scaurus«, raunte Lucius Marcius Philippus seinen Nachbarn auf der rechten und linken Seite zu. »Es ist ganz und gar nicht seine Art, auf die Rede eines Vorgängers zurückzugreifen und sie als Anregung für die eigene zu benutzen.«
    »Ich fand nichts daran auszusetzen, ehrlich gesagt«, sagte sein linker Nachbar Lucius Sempronius Asellio.
    »Ich sage euch, er ist am Ende«, wiederholte Philippus.
    »Tace, Lucius Marcius!« zischte Marcus Herennius, sein Nachbar zur Rechten. »Ich möchte hören, was Publius Rutilius zu sagen hat.«
    »Das sieht dir ähnlich!« erwiderte Philippus, sagte aber nichts mehr.
    Publius Rutilius Rufus blieb neben seinem Klappstuhl stehen und sprach von dort.
    »Eingeschriebene Väter, ihr römischen Bürger draußen, hört mich an, ich bitte euch!« Er zuckte die Achseln und verzog das Besicht. »Ich habe kein Vertrauen in euren gesunden Menschenverstand, deshalb bilde ich mir nicht ein, daß ich euch von der von Marcus Aemilius vorgetragenen Meinung abbringen kann, die heute offensichtlich der Mehrheitsmeinung entspricht. Dennoch muß

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