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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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warten, Gaius Marius! Wir müssen für unsere Sache werben und uns Hilfe in allen Teilen der römischen Gesellschaft sichern, und das braucht einige Jahre. Ich weiß nicht, ob es dir auch aufgefallen ist, aber die Massen, die heute vor der Curia Hostilia warteten, haben mir wieder einmal gezeigt, was ich schon lange vermute —, daß nämlich die Opposition gegen ein allgemeines Bürgerrecht für ganz Italien nicht auf die oberen Schichten beschränkt ist. In dieser Frage sind sich die Römer aller Bevölkerungsschichten einig, und wenn ich nicht irre, stehen sogar die Bürger latinischen Rechts auf dieser Seite.«
    Marius nickte. »Exklusivität. Jeder möchte etwas Besseres sein als die Italiker. Ich glaube sogar, daß diese Einstellung in den unteren Schichten noch weiter verbreitet ist als in den oberen. Wir müssen Lucius Decumius für uns gewinnen.«
    »Lucius Decumius?« Drusus runzelte die Stirn.
    »Ein Bursche aus der Unterschicht, den ich kenne.« Marius grinste. »Aber er hat unter seinesgleichen einiges zu sagen, und er ist meiner Schwägerin Aurelia völlig ergeben. Ich werde sie für unsere Sache gewinnen, und sie wird Lucius Decumius für uns gewinnen.«
    Drusus runzelte seine Stirn noch mehr. »Ich bezweifle, daß du bei Aurelia viel Glück haben wirst. Hast du nicht ihren älteren Bruder Lucius Aurelius Cotta auf dem für die Prätoren bestimmten Teil der Bühne gesehen? Er hat mit den anderen gejohlt und geklatscht. Und sein Onkel Marcus Aurelius Cotta auch.«
    »Sei ganz beruhigt, Marcus Livius, Aurelia ist bei weitem nicht so borniert wie die Männer ihrer Familie«, sagte Rutilius Rufus. Bewundernd fuhr er fort: »Sie ist eine selbständig denkende junge Frau und durch Heirat mit einem der progressivsten und radikalsten Flügel des Hauses Julius Caesar verbunden. Wir werden Aurelia für uns gewinnen, da bin ich ganz sicher. Und über sie gewinnen wir auch Lucius Decumius.«
    Es klopfte leise an der Tür, und kurz darauf trat Julia in einem hauchdünnen, auf Kos erstandenen Leinengewand herein. Wie Marius war sie braungebrannt und sah gesund aus.
    »Marcus Livius, mein lieber Freund«, sagte sie und legte ihm von hinten die Arme um die Schultern und küßte ihn auf die Wange. »Ich will dich nicht durch übertriebenes Beileid aus der Fassung bringen, ich will dir nur sagen, wie traurig ich bin und daß du in diesem Hause immer herzlich willkommen bist.«
    Ihre Anwesenheit und ihre Worte taten Drusus so wohl, daß er sich wunderbar getröstet fühlte und in sich neue Kraft verspürte, statt erneut niedergeschlagen zu sein. Er nahm ihre Hand und küßte sie. »Ich danke dir, Julia.«
    Sie setzte sich in den Stuhl, den Rutilius Rufus ihr geholt hatte, und ließ sich einen Becher leicht verdünnten Weins geben. Julia fühlte sich in der Männerrunde als gleichberechtigt akzeptiert, obwohl ihr nicht entgangen war, daß über ein ernstes und wichtiges Thema gesprochen worden war.
    »Die lexLicinia Mucia ?«fragte sie.
    »Richtig, Schatz.« Marius sah seine Frau bewundernd an. Er liebte sie heute noch mehr als damals bei ihrer Heirat. »Aber wir haben für den Augenblick alles Nötige besprochen. Ich brauche zwar deine Hilfe, aber darüber unterhalten wir uns später.«
    »Ich werde tun, was ich kann«, sagte sie, dann faßte sie Drusus am Unterarm und schüttelte ihn. »Marcus Livius, weißt du eigentlich, daß du indirekt daran schuld bist, daß wir unseren Urlaub frühzeitig abgebrochen haben?« Sie lachte.
    »Wie das?« fragte Drusus lächelnd.
    »Meine Schuld«, bemerkte Rutilius Rufus mit einem listigen Kichern.
    »Völlig richtig!« Julia warf ihm einen bösen Blick zu. »Dein Onkel, Marcus Livius, schrieb uns letzten Januar einen Brief nach Halikarnassos und berichtete uns, seine Nichte sei wegen Ehebruchs geschieden worden und habe einen rothaarigen Knaben geboren.«
    »Das stimmt auch alles.« Drusus’ Lächeln wurde breiter.
    »Das Problem ist nur, er hat noch eine zweite Nichte — Aurelia. Du hast es wahrscheinlich nicht mitbekommen, aber in unserer Familie gab es einigen Tratsch um Aurelias Freundschaft mit einem rothaarigen Mann, der momentan unter Titus Didius in Hispania Citerior als Legat dient. Mein Mann dachte angesichts der geheimnisvollen Andeutungen deines Onkels selbstverständlich sofort an Aurelia. Und ich bestand auf unserer sofortigen Rückkehr, denn ich hätte mein Leben dafür verwettet, daß Aurelia mit Lucius Cornelius Sulla lediglich eine harmlose Freundschaft verbindet.

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