MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Als wir dann hier angekommen waren, mußten wir feststellen, daß wir uns um die falsche Nichte Sorgen gemacht hatten. Publius Rutilius hat uns ganz schön an der Nase herumgeführt!« Sie lachte wieder.
»Ich habe euch vermißt«, sagte Rutilius Rufus völlig ohne Reue.
»Familien können eine ganz schöne Plage sein«, sagte Drusus. »Aber ich muß zugeben, daß Marcus Porcius Cato Salonianus ein viel liebenswürdigerer Mann ist als Quintus Servilius Caepio. Und Livia Drusa ist glücklich.«
»Dann ist ja alles gut«, meinte Julia.
»Ja«, nickte Drusus, »alles ist gut.«
In den Tagen zwischen der ersten Anhörung der lex Licinia Mucia und deren einstimmiger Verabschiedung durch die Tribus in der Volksversammlung bereiste Quintus Poppaedius Silo das Land. Bei seiner Ankunft in Bovianum erfuhr er von Gaius Papius Mutilus von dem neuen Gesetz.
»Das heißt Krieg«, sagte er entschlossen zu Mutilus.
»Ich fürchte auch, Quintus Poppaedius.«
»Wir müssen die Führer der Italiker zusammenrufen.«
»Dafür ist bereits gesorgt.«
»Wo soll das Treffen stattfinden?«
»Dort, wo die Römer es nie erwarten würden: in Grumentum, in zehn Tagen.«
»Ausgezeichnet!« rief Silo. »Das Binnenland von Lucania ist den Römern aus mir unerfindlichen Gründen völlig gleichgültig. Es gibt im Umkreis von einer Tagesreise um Grumentum keinen einzigen römischen Grundbesitzer und keine Latifundien.«
»Und was noch wichtiger ist, es leben überhaupt keine Römer dort.«
»Und was machen wir mit durchreisenden Römern?« fragte Silo stirnrunzelnd.
»Marcus Lamponius hat sich darüber bereits Gedanken gemacht.« Mutilus lächelte leicht. »Lucania ist bekannt für seine Räuber. Deshalb werden alle durchreisenden Römer einfach von Räuberbanden festgenommen. Wenn der Rat der Italiker vorbei ist, wird Marcus Lamponius dafür sorgen, daß sie ohne Zahlung von Erpressungsgeldern freigelassen werden, und die Römer werden ihm dafür dankbar sein.«
»Schlau ausgedacht! Wann machst du dich auf den Weg?«
»In vier Tagen.« Mutilus hakte sich bei Silo unter und schlen- derte mit ihm in den Säulengarten seines großen, eleganten Hauses. Mutilus war wie Silo ein reicher Mann mit Geschmack und Bildung. »Berichte, was bei deiner Reise durch das italische Gallien herausgekommen ist, Quintus Poppaedius.«
»Ich habe alles weitgehend so vorgefunden, wie Quintus Servilius Caepio es vor zweieinhalb Jahren geschildert hat«, sagte Silo zufrieden. »Eine ganze Reihe netter kleiner Städtchen sind jenseits von Patavium am Bacchiglione und am Isonzo und am Natisone oberhalb von Aquileia gegründet worden. Das Eisen aus der Umgebung von Noreia in Noricum wird zum Teil über Land transportiert, aber der größte Teil wird die Drau hinunter und dann über die Wasserscheide zum Isonzo und zum Tagliamento transportiert, wo es zu Wasser weitergeht. Die am Oberlauf der Flüsse gelegenen Siedlungen stellen die Holzkohle her, die flußabwärts in die eisenproduzierenden Städte transportiert wird. Ich habe mich auf meiner Reise als Befehlshaber der Heereshandwerker ausgegeben und bar bezahlt. Man hat mir das Geld förmlich aus den Händen gerissen. Ich habe übrigens genug Bargeld hinterlassen, daß sie wie verrückt arbeiten werden, um die vergebenen Aufträge zu erfüllen. Und da ich, wie sich herausstellte, ihr erster größerer Kunde war, haben sie sich bereitwillig darauf eingelassen, ausschließlich für mich Waffen und Kriegsgerät herzustellen.«
Mutilus machte eine bekümmerte Miene. »Meinst du, das war klug? Was geschieht, wenn ein echter römischer praefectus fabrum bei ihnen auftaucht? Er wird sofort wissen, daß du nicht der bist, für den du dich ausgegeben hast, und Rom benachrichtigen.«
»Sei ganz ruhig, Gaius Papius, ich war sehr vorsichtig. Du mußt wissen, daß diese neuen Städte aufgrund meiner Aufträge vorerst versorgt sind, also keine neuen Kunden suchen müssen. Rom aber verteilt seine Aufträge an altbekannte Orte wie Pisae und Populonia. Und wir schicken unser Kriegsgerät von Patavium und Aquileia aus übers Meer in italische Häfen, die die Römer nicht benutzen. Kein Römer wird etwas von unseren Waffentransporten mitbekommen, geschweige denn ahnen, daß im östlichen Teil von Gallia Cisalpina Waffen produziert werden. Die Aktivitäten der Römer beschränken sich auf den Westteil dieses Gebiets am Ligu- rischen Meer.«
»Kann man im Osten noch mehr Betriebe gründen?«
»Mit Sicherheit! Je mehr Aufträge
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