MoR 02 - Eine Krone aus Gras
ein breites Lächeln auf sein Gesicht. »Tata! Du willst mich wirklich mitnehmen?«
»Natürlich, mein Junge! Wir gehen zusammen, oder ich gehe überhaupt nicht. Und ich werde gehen!«
Anfang Januar verließen sie Rom und reisten nach Osten. Nach der römischen Zählung der Jahreszeiten war es noch immer herbstlich genug, um die Überfahrt anzutreten. Sulla nahm ein kleines Gefolge von Liktoren mit (zwölf an der Zahl, da er eine prokonsularische Befehlsgewalt innehatte), ferner Schreiber und Staatssklaven. Außerdem begleiteten ihn sein Sohn, der völlig außer sich vor Erregung war, und Ariobarzanes von Kappadokien mit seiner Mutter Laodike. Dem Einsatz des Senatsvorsitzenden Scaurus war es zu verdanken, das Sullas Kriegskasse hervorragend ausgestattet war, und einer langen Unterredung mit Gaius Marius war es zuzuschreiben, daß Sulla gedanklich bestens auf die Aufgabe vorbereitet war.
Sie segelten von Tarentum nach Patrae in Griechenland, nahmen ein Schiff nach Korinth, zogen über Land zum Hafen Piräus bei Athen und schifften sich dort nach Rhodos ein. Für die Überfahrt von Rhodos nach Tarsos mußte Sulla ein Schiff mieten, da jetzt der Winter unmittelbar bevorstand und der regelmäßige Schiffsverkehr bereits eingestellt worden war. Ende Januar kam die Reisegruppe in Tarsos an; sie hatte unterwegs nichts anderes als ein paar Häfen und Werften und jede Menge Wasser zu sehen bekommen.
In Tarsos hatte sich seit dem Besuch des Gaius Marius vor dreieinhalb Jahren nichts verändert. Kilikien befand sich nach wie vor in einem unglücklichen Schwebezustand. Die Ankunft eines offiziell ernannten Statthalters wurde sowohl in Tarsos als auch in Kilikien begrüßt. Sulla hatte kaum im Palast Quartier bezogen, als hilfsbereite Menschen ihm geradezu die Tür einrannten. Viele von ihnen waren vor allem an einem gut bezahlten Posten im Heer interessiert.
Aber Sulla wußte, welchen Mann er am dringendsten brauchte. Er fand es bezeichnend, daß dieser Mann bisher nicht erschienen war, um sich der Gunst des neuen Statthalters zu versichern, sondern seinen normalen Pflichten nachging — dem Befehl über die tarsische Miliz. Der Name dieses Mannes war Morsimos, und er war Sulla von Gaius Marius empfohlen worden.
»Du wirst jetzt den Befehl über die tarsische Miliz niederlegen«, sagte Sulla freundlich zu Morsimos, den er zu sich in den Palast zitiert hatte. »Ich brauche einen Einheimischen, der mir hilft, vier gute Hilfsiegionen auszuheben, auszurüsten und auszubilden. Das muß geschehen, bevor die Gebirgspässe, die ins Landesinnere führen, im Frühjahr wieder passierbar werden. Gaius Marius sagte, daß du der richtige Mann dafür bist. Glaubst du das auch?«
»Ich bin der richtige Mann«, erklärte Morsimos, ohne zu zögern.
»Das Klima ist milde«, sagte Sulla tatendurstig. »Wir können unsere Soldaten den ganzen Winter hindurch ausbilden — vorausgesetzt natürlich, daß wir die richtigen Menschen finden und genügend Ausrüstung, damit unsere Soldaten den Truppen des Mithridates gewachsen sind. Ist das möglich?«
»Das ist möglich«, antwortete Morsimos. »Du wirst so viele Tausende von Rekruten finden, daß du sie gar nicht alle aufnehmen kannst. Die Jungen wissen, daß sie im Heer gut versorgt werden, und hier hat es seit vielen Jahren kein Heer gegeben! Wenn Kappadokien nicht mit seinen inneren Streitigkeiten und den Einmischungen von Pontos und Armenien beschäftigt gewesen wäre, hätte es uns jederzeit überfallen und erobern können. Glücklicherweise wurde auch Syrien ständig belagert. Wir haben hier sehr viel Glück gehabt.«
»Glück«, sagte Sulla mit einem grimmigen Lächeln und legte seinem Sohn den Arm um die Schultern. »Das Glück ist mir hold, Morsimos. Eines Tages werde ich mich Felix nennen.« Er drückte den jungen Sulla an sich. »Aber da ist noch etwas, das ich erledigen muß, noch bevor die Sonne untergeht, auch wenn es die Wintersonne ist.«
Der tarsische Grieche blickte ihn erstaunt an. »Kann ich dir dabei helfen, Lucius Cornelius?«
»Ich glaube schon. Du kannst mir sagen, wo ich hier in der Gegend einen guten, schattenspendenden Hut finde, der nicht schon nach zehn Tagen auseinanderfällt.«
»Vater, wenn du glaubst, daß ich einen Hut tragen werde, täuschst du dich«, sagte der junge Sulla, als er mit seinem Vater zum Marktplatz ging. »Einen Hut! Nur alte, strohkauende Bauern tragen Hüte!«
»Und ich«, erklärte Sulla lächelnd.
»Du?«
»Auf Feldzügen, junger
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