MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Scaurus vor große Probleme, da er in Reden und Schriften oft genug gefordert hatte, daß es dem Volk von Kappadokien selbst überlassen bleiben müsse, sein Schicksal zu bestimmen. Seine Unterstützung für König Mithridates von Pontos war nun politisch peinlich geworden, auch wenn Laodike und Ariobarzanes nicht nachweisen konnten, daß Mithridates als treibende Kraft hinter der Invasion des Tigranes von Armenien gestanden hatte.
»Du wirst dich selbst vor Ort informieren müssen«, sagte Sulla zu Scaurus, als sie den Senat verließen. Nur wenige Senatoren hatten an der Sitzung über die kappadokische Angelegenheit teilgenommen.
»Verdammt ärgerliche Sache!« knurrte Scaurus. »Ich kann es mir im Moment nicht leisten, Rom zu verlassen.«
»Dann mußt du jemanden beauftragen«, sagte Sulla.
Aber Scaurus richtete seine magere Gestalt auf, schob das Kinn vor und stellte sich der Bürde seiner Pflichten. »Nein, Lucius Cornelius, ich werde selbst reisen.«
Und Marcus Aemilius Scaurus hielt Wort. Sein Blitzbesuch galt jedoch nicht Kappadokien, sondern er besuchte König Mithridates an dessen Hof in Amaseia. In Pontos verbrachte Scaurus eine wunderbare Zeit — er wurde mit Wein und Mahlzeiten, Beifall und Schmeicheleien verwöhnt. Als Gast des Königs ging er auf Löwen- und Bärenjagd, als Gast des Königs durfte er im Schwarzen Meer Thunfisch und Delphine fangen, als Gast des Königs besichtigte er einige berühmte Naturwunder — Wasserfälle, Schluchten, Felsnadeln —, und als Gast des Königs wurden ihm sogar Kirschen vorgesetzt, die köstlichste Frucht, die er jemals gegessen hatte.
Marcus Aemilius Scaurus ließ sich überzeugen, daß Pontos keine Ansprüche auf Kappadokien erhob. Das Verhalten des Tigranes wurde bedauert und verworfen. Scaurus entdeckte, daß der Hof von Pontos in angenehmer Weise hellenisiert war und daß nur Griechisch gesprochen wurde. Mit diesen Eindrücken machte sich der Senatsvorsitzende in einem der Schiffe des Königs wieder auf die Heimreise.
»Er hat alles gefressen«, sagte Mithridates zu seinem Vetter Archelaos und lächelte breit.
»Das ist wohl vor allem den Briefen zu verdanken, die du ihm in den letzten zwei Jahren geschrieben hast«, meinte Archelaos. »Schreibe ihm weiterhin, großer Herrscher! Die Briefe sind eine prächtige Investition!«
»Der Beutel Gold auch, den ich ihm mitgegeben habe!«
Sulla begann, um eine der beiden Statthalterschaften in Spanien zu intrigieren, sobald er Stadtprätor geworden war. Aus diesem Grund pflegte er auch seine Beziehungen zu Scaurus Princeps Senatus — und über Scaurus auch zu anderen führenden Senatoren. Er bezweifelte zwar, ob es ihm je gelingen würde, Catulus Caesar völlig für sich zu gewinnen; die Ereignisse an der Etsch, als die Kimbern versucht hatten, in das italische Gallien einzufallen, lagen noch nicht lange genug zurück. Aber im großen und ganzen war Sulla erfolgreich, und Anfang Juni konnte er fest damit rechnen, daß er die Statthalterschaft von Hispania Ulterior erhalten würde — des besseren Teils von Spanien, was die Nebeneinkünfte anging.
Aber Fortuna, die ihn so liebte, hatte sich als Hure verkleidet; sie schien ihn betrügen zu wollen. Titus Didius war aus Hispania Citerior nach Hause zurückgekehrt und hatte einen Triumph gefeiert; die Regierungsgeschäfte in Spanien hatte er für den Rest seines Amtsjahres seinem Quästor überlassen. Und zwei Tage nach Titus Didius feierte Publius Licinius Crassus einen Triumph für seine Siege in Hispania Ulterior; auch er hatte seinen Quästor für den Rest des Jahres bevollmächtigt. Vor seiner Abreise hatte Titus Didius die keltiberische Bevölkerung durch einen gründlichen Krieg erschöpft und so sichergestellt, daß in seiner Provinz alles ruhig blieb. Publius Crassus dagegen war früh und ohne solche Vorkehrungen aus seiner Provinz abgereist; er hatte sich die Konzessionen für den Zinnabbau gesichert und wollte nun seine Aktivitäten mit einigen Unternehmen abstimmen, an denen er stille Teilhaberschaften besaß. Er war zu den Kassiteriden gereist, den berühmten Zinninseln, und hatte dort alle mit seiner römischen Pracht überwältigt. Überall an den Küsten des Mittelmeers hatte er günstigere Preise und zuverlässige Beförderung für jedes Pfund Zinn versprochen, das die Bergleute fördern konnten. Publius Crassus war der Vater von drei Söhnen; er hatte seine Zeit in Hispania Ulterior genutzt, um sein Nest reich auszustatten. Aber er hatte eine
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