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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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der Anwalt arm war, mußte er diese Gegenstände ohnehin veräußern und zu Geld machen. So waren schließlich Geldgeschenke üblich geworden. Diese Praxis war zwar allgemein bekannt, aber es wurde nicht über sie gesprochen.
    »Wie kurz euer Gedächtnis ist, Geschworene!« rief Antonius Orator. »Ich bitte euch, erinnert euch nur ein paar kurze Jahre zurück, als sich auf unserem geliebten Forum Romanum die besitzlosen Massen drängten, deren Bäuche so leer wie die öffentlichen Getreidespeicher waren. Wißt ihr nicht mehr, wie einige von euch« — wie immer waren ein halbes Dutzend reiche Getreidehändler unter den Geschworenen — »die noch etwas Weizen in ihren privaten Getreidespeichern hatten, sogar fünfzig Sesterze für den Scheffel verlangen konnten? Und täglich versammelten sich die besitzlosen Massen und murrten, wenn sie einen von uns sahen. Denn in Sizilien, unserer Kornkammer, war Krieg, eine wahre Ilias der Leiden spielte sich dort ab...«
    Rutilius Rufus gab einen empörten Laut von sich und packte Marius am Arm. »Hör dir das an! Die Würmer sollen diese Wörterdiebe fressen! Was er zuletzt gesagt hat, ist von mir! >Eine wahre Ilias der Leidens<, jawohl! Weißt du nicht mehr, Gaius Marius, daß ich genau diese Wendung benutzte, als ich an dich nach Gallien schrieb? Und wie sie mir dann Scaurus stahl? Und was geschieht jetzt? Sie ist in den allgemeinen Gebrauch übergegangen, und Scaurus gilt als ihr Urheber!«
    »Sei still!« sagte Marius, der Marcus Antonius Orator zuhören wollte.
    »...verschlimmert noch durch eine gigantische Mißwirtschaft! Nun, wir wissen alle, wer dafür verantwortlich war.« Antonius Orators rötliches Falkenauge fixierte ein besonders ausdrucksloses Gesicht in der zweiten Reihe der Geschworenen. »Oder etwa nicht? Dann laßt mich euer Gedächtnis auffrischen! Die jungen Brüder Lucullus zogen den Missetäter zur Rechenschaft und schickten ihn ins Exil. Ich spreche natürlich von Gaius Servilius Augur. Seit vier Jahren war in Sizilien kein Getreide mehr geerntet worden, als der rechtschaffene Konsul Manius Aquillius dort ankam. Und ich brauche euch nicht daran zu erinnern, daß Sizilien über die Hälfte unseres Getreidebedarfes deckt.«
    Sulla kam, nickte Marius zu und fragte den immer noch aufgebrachten Rutilius Rufus: »Wie läuft der Prozeß?«
    Rutilius Rufus schnaubte verächtlich. »Was Manius Aquillius angeht, keine Ahnung. Die Geschworenen suchen nach einem Vorwand, ihn zu verurteilen, also werden sie wohl auch einen finden. Es soll ein Exempel statuiert werden, damit kein anderer auf die unkluge Idee kommt, Gaius Marius zu unterstützen.«
    »Sei still!« knurrte Marius noch einmal.
    Rutilius Rufus ging außer Hörweite von Marius und zog Sulla an der Toga hinter sich her. »Du bist selbst auch nicht mehr der eifrigste Anhänger von Gaius Marius, habe ich recht, Lucius Cornelius?«
    »Ich muß an mein Fortkommen denken, Publius Rutilius, und ich glaube, dabei hilft es mir wenig, wenn ich Gaius Marius unterstütze.«
    Rufus Rutilius nickte zustimmend. »Das ist schon verständlich. Aber, mein Freund, verdient hat er das nicht! Wer ihn kennt und schätzt, sollte jetzt auch zu ihm stehen.«
    Damit hatte er einen wunden Punkt getroffen. Sulla zog die Schultern hoch und ließ ein erregtes Zischen hören. »Du hast leicht reden! Du bist Konsular, du hast deine Erfolge schon hinter dir! Ich nicht! Nenn mich Verräter, wenn du willst, aber ich schwöre dir, Publius Rutilius, mein Tag wird kommen! Und die Götter mögen denen helfen, die sich mir in den Weg stellen.«
    »Meinst du damit auch Gaius Marius?«
    »Auch ihn.«
    Rutilius Rufus schwieg und schüttelte nur bekümmert den Kopf.
    Auch Sulla schwieg eine Weile, dann sagte er: »Die Keltiberer wachsen unserem Statthalter in Hispania Citerior über den Kopf. Dolabella in Hispania Ulterior ist so mit den Lusitaniern beschäftigt, daß er ihm nicht beistehen kann. Sieht so aus, als müßte Titus Didius während seines Konsulats nach Hispania Citerior gehen.«
    »Schade«, meinte Rutilius Rufus. »Ich mag Titus Didius’ Arbeitsstil, auch wenn er ein homo novus ist. Zur Abwechslung mal vernünftige Gesetze — und sogar vom Konsul selbst.«
    Sulla grinste. »Was? Du glaubst nicht, daß unser geschätzter Konsul Metellus Nepos sich die Gesetze ausgedacht hat?«
    »Das glaube ich genausowenig wie du, Lucius Cornelius. Welcher Caecilius Metellus hätte sich je um die Verbesserung der Verwaltung statt um die Verbesserung

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