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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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frühreifen Patrizier verdunkelt wurde, dessen Zeit erst kam, wenn er, Gaius Marius, schon tot war oder zu alt, um sich zu wehren. Auch wenn er seine Frau sehr liebte und sich eingestehen mußte, daß es ihr patrizischer Name war, der ihm sein erstes Konsulat ermöglicht hatte, so konnte er doch nicht zulassen, daß ihr Neffe, in dessen Adern ihr Blut floß, ihn überflügeln sollte.
    Er war nun sechsmal Konsul gewesen, was bedeutete, daß das siebte Mal noch ausstand. Kein römischer Politiker glaubte ernsthaft daran, daß Marius jemals wieder an seinen vergangenen Ruhm würde anknüpfen können, daß jene glorreichen Jahre wiederkehren würden, als die Zenturien ihn dreimal in Abwesenheit zum Konsul gewählt hatten in der Überzeugung, daß er, Gaius Marius, der einzige Mann sei, der Rom vor den Germanen retten könne. Und er hatte Rom gerettet. Aber was war der Dank gewesen? Nichts als Opposition, Kritik und Intrigen. Die fortdauernde Feindschaft des Quintus Lutatius Catulus Caesar, des Metellus Numidicus Schweinebacke und einer großen und mächtigen Senatsfraktion, geeint nur durch das Ziel, Gaius Marius zu stürzen. Kleine Männer mit großen Namen, die sich nicht damit abfinden konnten, daß ihr geliebtes Rom von einem Aufsteiger, einem homo novus gerettet worden war — einem »italischen Bauern, der nicht einmal Griechisch kann«, wie Metellus Numidicus Schweinebacke sich vor vielen Jahren einmal ausgedrückt hatte.
    Aber noch war nicht aller Tage Abend. Schlaganfall hin oder her, er, der Patrizier und Römer Gaius Marius, würde ein siebtes Mal Konsul werden und als der größte Römer, den die Republik jemals gekannt hatte, in die Geschichte eingehen. Und er würde keinem goldgelockten Abkömmling der Göttin Venus erlauben, in den Geschichtsbüchern seinen Glanz zu verdunkeln.
    »Ich mache dich fertig, Kleiner«, sagte er laut und drückte Julia fest den Arm.
    »Was sagst du da?«
    »In ein paar Tagen reisen wir nach Pessinus, wir beide und unser Sohn.«
    Julia setzte sich auf. »Oh Gaius Marius, wirklich? Das ist ja wunderbar! Und du willst uns tatsächlich mitnehmen?«
    »So ist es. Die Konventionen kümmern mich einen Dreck. Wir werden zwei oder drei Jahre weg sein, und in meinem Alter will ich eine so lange Zeit nicht ohne Frau und Sohn verbringen. Vielleicht würde ich es, wenn ich jünger wäre. Aber da ich als privatus reise, gibt es auch keinen offiziellen Grund, warum ich meine Familie nicht mitnehmen sollte.« Lächelnd fügte er hinzu: »Ich reise auf eigene Rechnung.«
    »Gaius Marius!« Julia war sprachlos.
    »Wir werden uns Athen, Smyrna, Pergamon, Nikomedeia und hundert andere Orte ansehen.«
    »Auch Tarsos?« fragte sie eifrig. »Ach, ich wollte immer schon die Welt bereisen!«
    Seine Glieder schmerzten immer noch, aber nun gewann die Müdigkeit wieder die Oberhand. Die Augen fielen ihm zu, sein Unterkiefer entspannte sich.
    Julia redete noch eine Weile, bis ihr die Superlative ausgingen. Glücklich saß sie im Bett, die Arme um die Knie geschlungen. Dann drehte sie sich zu Gaius Marius um und lächelte zärtlich. »Mein Liebster, wie wäre es...?« fragte sie leise.
    Statt einer Antwort begann er zu schnarchen. Als gute Ehefrau mit zwölfjähriger Erfahrung schüttelte sie nur lächelnd den Kopf und drehte ihn auf die rechte Seite.

    Nachdem Manius Aquillius den Sklavenaufstand in Sizilien vollständig niedergeschlagen hatte, kehrte er heim. Er feierte zwar keinen Triumph, hatte sich aber doch genug Ansehen verschafft, daß der Senat ihm eine Ovation zubilligte, einen kleinen Triumph. Ein Triumphzug stand ihm nicht zu, weil er es nicht mit Soldaten eines feindlichen Staates zu tun gehabt hatte, sondern mit versklavten Zivilisten. Bürger- und Sklavenkriege nahmen im römischen Militärkodex eine Sonderstellung ein. Vom Senat beauftragt zu werden, einen zivilen Aufstand niederzuschlagen, war keine geringere Ehre und auch keine geringere Leistung, als ein ausländisches feindliches Heer zu besiegen, aber dennoch wurde dem Feldherrn in einem solchen Fall kein Triumph gewährt. Im Triumphzug wurde dem römischen Volk der Lohn des Krieges in aller Gegenständlichkeit vorgeführt — die Gefangenen, das erbeutete Geld und Kriegsbeute aller Art, von den goldenen Nägeln vormals königlicher Palasttore bis zu Packen mit Zimt und Weihrauch. Bevor die Beutestücke die Schatzkammern Roms füllten, konnte das Volk mit eigenen Augen sehen, wie einträglich das Kriegsgeschäft war — vorausgesetzt

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