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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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dem Forum herrschte Unruhe, als der Prozeß stattfand. Schuld daran waren verschiedene Vorfälle, angefangen mit den Umtrieben des Saturninus. Zwar hatten alle gehofft, daß es nach dessen Tod keine Gewalt mehr auf dem Forum geben würde und keine hohen Beamten mehr ermordet würden, aber es hatte trotzdem weiterhin Mord und Totschlag gegeben. Verantwortlich war dafür in erster Linie Metellus das Ferkel, der mit einigen Feinden seines exilierten Vaters Metellus Numidicus Schweinebacke abrechnen wollte. Metellus’ verbissener Kampf um die Rückholung seines Vaters hatte ihm einen würdigeren Beinamen als »Ferkel« eingebracht — er hieß jetzt Quintus Caecilius Pius, der »Pflichtbewußte«. Nachdem er nun seinen Vater zurückgeholt hatte, wollte er dessen Feinde unbedingt leiden sehen. Und zu ihnen gehörte auch Manius Aquillius, der so offensichtlich ein Mann des Gaius Marius war.
    Die Versammlungen der Plebs waren zu dieser Zeit nur mäßig besucht, deshalb standen nur wenige Zuschauer um die Stelle auf dem unteren Forum Romanum, wo das für Fälle unrechtmäßiger Bereicherung zuständige Gericht auf Anweisung der Versammlung tagte.
    »Das Ganze ist ein handfester Unsinn«, sagte Publius Rutilius Rufus zu Gaius Marius, als sie das Forum betraten, um sich den letzten Verhandlungstag des Prozesses gegen Manius Aquillius anzuhören. »Es war doch ein Krieg gegen Sklaven! Ich glaube nicht, daß es zwischen Lilybaeum und Syrakus etwas gab, das er sich hätte unter den Nagel reißen können — und mir kann niemand weismachen, die geizigen Getreidebauern in Sizilien hätten kein scharfes Auge auf Manius Aquillius gehabt! Keine einzige Bronzemünze hätte er klauen können!«
    »Es geht nur darum, daß das Ferkel mir eins auswischen will«, sagte Marius achselzuckend. »Manius Aquillius weiß das. Er zahlt jetzt die Strafe dafür, daß er mich unterstützt hat.«
    »Und dafür, daß sein Vater den Großteil von Phrygien verscherbelt hat«, sagte Rutilius Rufus.
    »Ja, dafür auch.«
    Der Prozeß war nach den neuen Vorschriften geführt worden, die der tote Gaius Servilius Glaucia durchgesetzt hatte. Die Gerichte waren nun wieder ganz in der Hand der Ritter, Senatoren durften nur noch als Verteidiger auftreten. In den vorangegangenen Tagen waren aus den Reihen angesehener römischer Geschäftsleute Geschworene vorgeschlagen und abgelehnt oder angenommen worden, bis einundfünfzig Geschworene bestimmt waren. Als nächstes hatte man die Zeugen gehört. Nun, am letzten Tag, würde zwei Stunden lang die Anklage das Wort haben, dann drei Stunden lang die Verteidigung. Unmittelbar anschließend würde das Gericht sein Urteil sprechen.
    Servilius Vatia, der selbst die Anklage vertrat, hatte gut gesprochen; er war ein nicht zu unterschätzender Anwalt und hatte gute Helfer auf seiner Seite. Aber das Publikum, das an diesem letzten Tag nun doch beträchtlich angewachsen war, wollte Sensationen hören — und zwar von den Anwälten, die Manius Aquillius verteidigten.
    Der schielende Caesar Strabo machte den Anfang. Er war jung, skrupellos, hochgebildet und von Natur außergewöhnlich redegewandt. Nach ihm sprach ein Mann, der für seine Redekunst so berühmt war, daß er den Beinamen Orator bekommen hatte — Lucius Licinius Crassus Orator. Und auf Crassus Orator folgte noch ein Redner, der sich den Beinamen Orator verdient hatte — Marcus Antonius Orator. Wer diesen Beinamen bekam, mußte nicht nur ein vollendeter Redner sein, sondern auch sämtliche rhetorischen Regeln kennen, nach denen eine Rede aufgebaut sein mußte. Crassus Orator hatte die bessere juristische Ausbildung genossen, Antonius Orator war der bessere Redner.
    »Aber der Unterschied ist nicht groß«, sagte Rutilius Rufus, als Crassus geendet hatte und Antonius Orator ansetzte.
    Als Antwort bekam er nur einen grunzenden Laut von Marius, denn dieser konzentrierte sich ganz auf die Rede des Antonius Orator. Marius wollte sich vergewissern, daß er für sein Geld etwas bekam. Denn natürlich bezahlte Manius Aquillius die hochkarätigen Anwälte nicht selbst, wie jeder wußte. Gaius Marius finanzierte die Verteidigung. Zwar durfte ein Anwalt nach Gesetz und Brauch kein Honorar verlangen, aber er durfte ein Geschenk als Zeichen der Anerkennung annehmen, wenn er seine Sache gut gemacht hatte. Und je mehr die Republik in die Jahre kam, desto üblicher wurde es, daß Anwälte Geschenke bekamen. Zuerst hatte es sich dabei um Kunstwerke oder Möbel gehandelt, aber wenn

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