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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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und verbringst den Sommer dort. Es wird noch Monate dauern, bis wir in unzivilisierte Gegenden kommen, und die Hälfte des ganzen Krams ist überflüssig! Und so viele Leute brauchen wir auch nicht! Einen Koch nur für deinen Sohn! Ich bitte dich!«
    Julia war verschwitzt, erschöpft und den Tränen nahe. Die wunderbaren Ferien stellten sich als Alptraum heraus, aus dem sie nicht erwachen konnte. Von Marius ultimativ vor die Wahl gestellt, wollte sie zunächst instinktiv die Gelegenheit ergreifen, nach Cumae zurückzufahren. Dann dachte sie jedoch an die Jahre, die sie ihren Mann nicht sehen würde — und die Jahre, in denen er seinen Sohn nicht sehen würde. Und sie dachte daran, daß er an einem unsicheren und fremden Ort einen weiteren Schlaganfall erleiden könnte.
    »Gaius Marius, ich bin noch nie zuvor gereist, außer zu unseren Häusern in Cumae und Arpinum. Und wenn ich mit unserem Sohn nach Cumae oder Arpinum fahre, dann reisen wir so wie jetzt. Ich verstehe dich. Und ich wollte, ich könnte tun, was du sagst.« Sie drehte den Kopf zur Seite und wischte mit der Hand verstohlen eine Träne weg. »Das Problem ist, daß ich nicht die geringste Ahnung habe, wie ich das machen soll.«
    Nie hätte Marius gedacht, seine Frau könne zugeben, daß sie einer Situation nicht gewachsen war! Er merkte, wie schwer ihr dieses Eingeständnis fiel, nahm sie in die Arme und gab ihr einen Kuß auf die Stirn. »Mach dir deswegen keine Sorgen«, sagte er, »ich werde alles regeln. Aber nur unter einer Bedingung.«
    »Was du willst, Gaius Marius.«
    »Wenn du etwas vermißt, das ich aussortiert habe, oder dir ein Sklave fehlt, den ich heimgeschickt habe — nicht ein Wort, Julia! Nicht — ein — Wort. Verstanden?«
    Seufzend vor Erleichterung schloß Julia die Augen und drückte ihren Mann an sich. »Verstanden.«
    Von nun an kamen sie gut und schnell und, wie Julia feststellte, erstaunlich bequem voran. Römische Adige übernachteten unterwegs wenn möglich in Privathäusern, die entweder Freunden gehörten oder sich aufgrund von Empfehlungsschreiben öffneten. Diese Art der Gastfreundschaft beruhte auf Gegenseitigkeit und wurde von den Gastgebern deshalb nicht als Zumutung empfunden. Weiter südlich mußten sie sich freilich meistens mit Herbergen begnügen, von denen keine, wie Julia nun klar wurde, sie mit ihrem bisherigen Gepäck hätte aufnehmen können.
    Die Hitze lastete immer unerbittlicher auf ihnen, denn der Süden der Halbinsel war trocken, und auf den Hauptstraßen mangelte es großenteils an Schatten. Aber wenigstens kamen sie nun schneller vorwärts, was der Eintönigkeit entgegenwirkte und die Zeitspannen zwischen den Erfrischungsmöglichkeiten verkürzte, etwa einem Badeloch in einem Fluß oder einer Kleinstadt aus Lehmziegelhäusern mit Flachdächern, in der vielleicht ein geschäftstüchtiger Bürger ein Badehaus betrieb.
    Trotzdem waren die Reisenden froh, als sie in der griechisch besiedelten, fruchtbaren Ebene um Tarentum und dann in Tarent- um selbst eintrafen. Die Stadt wirkte immer noch eher griechisch als römisch. Sie hatte nun weniger Bedeutung als früher, als sie noch der Endpunkt der Via Appia gewesen war. Jetzt ging der meiste Verkehr bis Brundisium weiter, dem wichtigsten italischen Verbindungshafen mit Mazedonien. Weißgetüncht und nüchtern hob sich Tarentum scharf vom Blau des Himmels und des Meeres, vom Grün der Felder und Wälder und vom Rostrot und Grau der Felsenklippen ab. Die Einwohner gaben sich entzückt, den großen Gaius Marius willkommen heißen zu dürfen. Die Familie wohnte im angenehm kühlen Haus des Statthalters, des ethnarches, der inzwischen allerdings römischer Bürger war und sich lieber duumvir nennen ließ.
    Wie in vielen anderen Orten entlang der Via Appia traf Marius sich mit den wichtigsten Leuten der Stadt und sprach mit ihnen über Rom, über Italien und die zur Zeit belasteten Beziehungen zwischen Rom und den italischen Bundesgenossen. Tarentum war eine Kolonie latinischen Rechts, und nur die beiden obersten Beamten — die duumviri — durften die vollen römischen Bürgerrechte für sich und ihre Nachkommen beanspruchen. Aber die Wurzeln der Stadt waren griechisch, sie war genauso alt wie Rom oder gar älter; sie hatte schon Sparta als Vorposten gedient, und die Sitten und das geistige Leben der Stadt waren immer noch von Sparta geprägt.
    Marius stellte fest, daß es viel Eifersucht auf das jüngere Brundisium gab, und dies wiederum hatte zu viel Sympathie

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