MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Ädil warst?« fragte er. »Du müßtest doch eigentlich bald für das Prätorenamt in Frage kommen.«
»Ich könnte mich schon jetzt um ein Prätorenamt bewerben«, sagte Drusus ruhig.
»Warum willst du dann Volkstribun werden? Du hast doch nicht allen Ernstes vor, das Bürgerrecht für ganz Italien durchzusetzen?«
»Doch, das habe ich. Ich habe geduldig gewartet, Quintus Poppaedius — die Götter können das bezeugen, ich habe geduldig gewartet! Wenn es je einen guten Zeitpunkt gegeben hat, dann jetzt! Die lex Licinia Mucia ist jedermann noch frisch in Erinnerung. Und nenne mir einen Senator im entsprechenden Alter, der sich als Volkstribun auf so viel dignitas und auctoritas stützen kann wie ich! Ich gehöre dem Senat seit zehn Jahren an, ich bin seit fast zwanzig Jahren pater familias. Mein Ruf ist über jeden Verdacht erhaben, das einzig Absonderliche an mir ist, daß ich die Gleichberechtigung der Italiker will. Ich bin plebejischer Ädil gewesen und habe die großen Spiele damals hervorragend organisiert. Mein Vermögen ist gewaltig, ich habe eine große Klientel, und ich bin überall in Rom bekannt und angesehen. Wenn ich mich also um das Volkstribunat statt um eine Prätur bewerbe, werden alle sofort wissen, daß ich zwingende Gründe dafür habe. Ich war ein bekannter Advokat und bin jetzt ein bekannter Redner, doch in den vergangenen zehn Jahren habe ich kein einziges Mal im Senat gesprochen, das steht mir noch bevor. In den Gerichten reicht die Erwähnung meines Namens aus, um große Menschenmengen anzuziehen. Wirklich, Quintus Poppaedius, wenn ich mich für die Kandidatur als Volkstribun entscheide, weiß jeder Mann in Rom, vom höchsten bis zum niedrigsten, daß meine Beweggründe nicht nur vernünftig, sondern auch vertrauenswürdig sind.«
»Du wirst aufjeden Fall eine Sensation hervorrufen«, sagte Silo und bließ seine Backen auf. »Aber ich glaube nicht, daß deine Pläne eine Chance haben. Ich glaube, daß du deine Zeit als Prätor viel besser nutzen könntest — und in zwei Jahren als Konsul.«
»Als Konsul hätte ich keinen Erfolg«, sagte Drusus überzeugt. »Ein solches Gesetz muß aus der Volksversammlung kommen und von einem Volkstribun eingebracht und unterstützt werden. Wenn ich Konsul wäre, würde sofort irgendein Volkstribun sein Veto einlegen. Aber wenn ich selbst Volkstribun bin, kann ich meine Kollegen so kontrollieren, wie es mir als Konsul nicht möglich ist. Und durch mein Vetorecht habe ich auch einiges Gewicht gegenüber dem Konsul. Notfalls kann ich mit ihm über einen Ausgleich verhandeln. Gaius Gracchus war immer stolz darauf, ein brillanter Volkstribun zu sein. Und ich sage dir, Quintus Poppaedius, niemand wird mir gleichkommen! Ich habe die Reife, die Weisheit, die Klienten und die Durchsetzungskraft. Ich habe ein ganzes Programm von Gesetzen ausgearbeitet, und es geht weit über das Bürgerrecht für Italien hinaus. Ich habe vor, das gesamte Staatswesen Roms neu zu ordnen.«
»Dazu kann ich nur sagen: Möge dich die große, lichttragende Schlange beschützen und leiten, Marcus Livius.«
Drusus beugte sich vor. Sein Blick war fest, und seine Haltung verriet, daß er völlig von sich und seinen Plänen überzeugt war. »Quintus Poppaedius, es ist höchste Zeit. Ich kann nicht zulassen, daß Rom und Italien gegeneinander Krieg führen, und ich habe den Verdacht, daß du und deine Freunde einen Krieg planen.
Wenn ihr einen Krieg führt, werdet ihr ihn verlieren. Und Rom wird auch zu den Verlierern zählen, obwohl ich glaube, daß es den Krieg gewinnen wird. Rom hat noch keinen Krieg verloren, mein Freund, nur einzelne Schlachten. Vielleicht würde Italien zunächst besser kämpfen, als irgend jemand außer mir vermutet. Aber Rom wird siegen! Weil Rom immer siegt. Und doch — es wird ein schrecklicher Sieg sein! Schon die wirtschaftlichen Folgen sind furchtbar. Du kennst doch das alte Sprichwort genauso gut wie ich: Führe nie einen Krieg in deiner Heimat. Sorge dafür, daß der Besitz der anderen darunter leidet.«
Drusus streckte die Hand über den Tisch und ergriff Silos Arm. »Laß es mich auf meine Weise versuchen, Quintus Poppaedius, bitte! Auf eine friedliche Weise, auf eine vernünftige Weise, auf die einzige Weise, die Erfolg haben kann!«
Silo nickte heftig. In seinen Augen lag kein Zweifel. »Mein lieber Marcus Livius, du hast meine ganze Unterstützung! Tu es! Daß ich nicht an den Erfolg glaube, spielt keine Rolle. Solange nicht jemand wie du es
Weitere Kostenlose Bücher