MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Sulla kalt. »Das macht keinerlei Unterschied. Du wirst tun, was ich dir sage, und du wirst den heiraten, den ich für dich aussuche.«
»Geh endlich, Lucius Cornelius!« rief Aelia händeringend. »Dein Sohn fragt nach dir. Überlaß es mir, mit Cornelia Sulla zu reden, bitte!«
Verärgert ging Sulla zu seinem Sohn.
Die Erkältung des jungen Sulla war noch immer nicht besser. Der Junge lag immer noch von den verschiedensten Übeln geplagt im Bett und hustete Schleim.
»Das muß jetzt ein Ende haben, Junge«, sagte Sulla aufmunternd. Er setzte sich auf den Bettrand und küßte die heiße Stirn seines Sohnes. »Ich weiß, daß es draußen kalt ist, aber hier drinnen ist es warm.«
»Wer schreit denn so?« fragte der Junge. Sein Atem ging rasselnd.
»Deine Schwester, Mormolyce soll sie holen!«
»Warum?« fragte der junge Sulla, der seine Schwester sehr gern hatte.
»Ich habe ihr gerade erklärt, daß sie den Sohn des Quintus Pompeius Rufus heiraten wird. Aber wie es scheint, dachte sie, sie könne ihren Vetter heiraten, den jungen Marius.«
»Aber wir alle haben geglaubt, daß sie den jungen Marius heiraten wird!« rief Sullas Sohn erschrocken aus.
»Niemand hat je davon gesprochen, und niemand will es. Dein Großvater Caesar war gegen eine Heirat zwischen Vetter und Base. Gaius Marius ist auch dieser Meinung. Ich ebenfalls.« Sulla runzelte die Stirn. »Willst du am Ende eine der Julias heiraten?«
»Was, Lia oder Ju-Ju?« Der junge Sulla lachte, bis er einen Hustenanfall bekam, der erst aufhörte, als er übelriechenden Schleim ausspuckte. »Nein, tata«, sagte er, sobald er wieder reden konnte, »ich kann mir nichts Schlimmeres vorstellen! Wen soll ich heiraten?«
»Das weiß ich noch nicht, mein Junge. Aber ich verspreche dir, daß ich dich zuerst fragen werde, ob du sie magst.«
»Cornelia hast du nicht gefragt.«
Sulla zuckte die Schultern. »Sie ist ein Mädchen. Mädchen dürfen nicht wählen, sie müssen tun, was ihnen befohlen wird. Es gibt nur einen Grund, warum ein pater familias überhaupt die Kosten trägt, die ein Mädchen verursacht: damit er sie zur Förderung seiner eigenen Karriere oder der Karriere seines Sohnes benutzen kann. Warum sollte man ein Mädchen sonst achtzehn Jahre lang ernähren und kleiden? Dann bekommt sie noch eine gute Mitgift, aber sie bringt der Familie ihres Vaters nichts ein. Nein, mein Junge, ein Mädchen hat nur einen Nutzen. Aber wenn ich mir anhöre, wie deine Schwester kreischt, bin ich nicht mehr sicher, ob wir so etwas früher nicht besser erledigt haben. Damals wurden Mädchen nach ihrer Geburt einfach in den Tiber geworfen.«
»Das ist nicht gerecht, tata.«
»Warum nicht?« fragte Sulla, überrascht, daß sein Sohn so begriffsstutzig sein konnte. »Frauen sind minderwertige Geschöpfe, mein Sohn. Sie weben gemusterte Stoffe, aber am Webstuhl der Geschichte arbeiten sie nicht. Deshalb haben sie auf dieser Welt keinerlei Bedeutung. Sie machen keine Geschichte. Sie regieren nicht. Wir kümmern uns um sie, weil das unsere Pflicht ist. Wir beschützen sie vor Sorgen, Armut und Verantwortung — und deshalb leben sie auch länger als wir Männer, vorausgesetzt, sie sterben nicht im Wochenbett. Als Gegenleistung verlangen wir von ihnen Folgsamkeit und Achtung.«
»Ich verstehe«, sagte der junge Sulla. Er akzeptierte die Ausführungen seines Vaters so, wie sie dargeboten wurden: als Feststellung von Tatsachen.
»Ich muß jetzt gehen. Ich habe noch etwas zu erledigen.« Sulla erhob sich. »Kannst du wieder essen?«
»Ein wenig. Es fällt mir schwer, das Essen in mir zu behalten.«
»Ich komme später wieder.«
»Vergiß es nicht, tata. Ich werde nicht einschlafen.«
Sulla wandte sich wieder dem Alltag zu. Er mußte mit Aelia im Haus des Quintus Pompeius Rufus speisen und zeigen, wie sehr ihm an der neuen Bekanntschaft gelegen war. Glücklicherweise hatte er nicht versprochen, seine Tochter Cornelia mitzubringen, um sie Pompeius’ Sohn vorzustellen. Sie hatte aufgehört zu schreien, hatte sich aber, wie Aelia mit hochrotem Kopf gestand, in ihr Zimmer zurückgezogen und angekündigt, nichts mehr essen zu wollen.
Durch nichts hätte Cornelia Sulla ihren Vater mehr kränken können. Mit bitterem, eisigem Blick starrte er Aelia an.
»Das werde ich abstellen!« sagte er barsch und stürzte aus dem Zimmer, noch bevor Aelia ihn aufhalten konnte. Er ging direkt zu Cornelia Sullas Schlafzimmer.
Er trat ein und zog das weinende Mädchen mit einer einzigen
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