MoR 02 - Eine Krone aus Gras
waren. Offenbar waren auch sie über das anmaßende Verhalten des Patriziers Caepio empört, egal was sie von Drusus’ Gesetzesvorschlag halten mochten. Caepio hatte das ganze Volk von Rom einberufen, aber er hatte dies getan, obwohl die Senatssitzung nicht offiziell beendet worden war, und er hatte sich in den Zuständigkeitsbereich der Volkstribunen eingemischt. Selbst Minicius war verärgert.
»Ich werde diese Farce beenden«, sagte Drusus mit schmalen Lippen. »Steht ihr hinter mir?«
»Wir stehen hinter dir«, sagte Saufeius, der zu Drusus’ Anhängern zählte.
Drusus trat an den vorderen Rand der Rostra. »Dies ist eine gesetzwidrig einberufene Versammlung. Ich lege mein Veto gegen ihre Fortsetzung ein!«
»Verschwinde aus meiner Versammlung, du Verräter!« brüllte Caepio.
Drusus ignorierte ihn. »Geht nach Hause, Römer! Ich habe mein Veto gegen diese Versammlung eingelegt, weil sie nicht legal ist! Die Senatssitzung dauert offiziell noch immer an!«
»Verräter!« kreischte Caepio. »Römer, wollt ihr euch von einem Mann befehligen lassen, der euch euren kostbarsten Besitz wegnehmen will?«
Nun verlor Drusus seine Geduld. »Nehmt den Idioten fest, Volkstribunen!« rief er und winkte Saufeius.
Neun Männer umringten Caepio und ergriffen ihn. Sie wurden leicht mit ihm fertig, obwohl er sich wehrte. Philippus, der zu Füßen der Rostra gestanden hatte, erinnerte sich plötzlich an dringende Geschäfte und eilte davon.
»Ich habe genug, Quintus Servilius Caepio!« donnerte Drusus mit einer Stimme, die auf dem gesamten unteren Forum zu hören war. »Ich bin ein Volkstribun, und du hast mich gehindert, meine Pflicht zu tun! Nimm dich in acht: Dies ist meine einzige Warnung. Höre auf, Schwierigkeiten zu machen, sonst lasse ich dich vom Tarpejischen Felsen werfen!«
Die Volksversammlung war Drusus’ ureigener Zuständigkeitsbereich. Caepio sah den Ausdruck in seinem Blick und begann zu begreifen. Der alte Haß zwischen Patriziern und Plebejern brach wieder auf. Wenn Drusus die anderen Volkstribunen anwies, Caepio wegzuführen und vom Tarpejischen Felsen zu stürzen, würden sie ihm Folge leisten.
»Du hast noch nicht gewonnen!« schrie Caepio, riß sich los und stürmte dem verschwundenen Philippus nach.
»Ich frage mich«, sagte Drusus zu Saufeius, während sie den ruhmlosen Abgang Caepios beobachteten, »wann Philippus seinen Hausgast endlich satt hat.«
»Ich habe schon beide satt«, seufzte Saufeius. »Ist dir klar, Marcus Livius, daß du dein Gesetz bekommen hättest, wenn die Senatssitzung weitergeführt worden wäre?«
»Natürlich ist mir das klar. Warum hätte sich Philippus wohl sonst ein Wahnsinniger aufgeführt? Was für ein miserabler Schauspieler!« Drusus lachte. »Wie er seine Toga wegwarf! Was wird ihm als nächstes einfallen?«
»Bist du nicht enttäuscht?«
»Zutiefst enttäuscht. Aber ich lasse mich nicht aufhalten. Nicht, solange noch Leben in meinem Körper ist.«
Der Senat setzte seine Sitzung an den Iden fort, die offiziell ein Ruhetag waren. An diesem Tag konnte also keine Volksversammlung stattfinden, und Caepio hatte keinen Grund, die Sitzung zu verlassen.
Sextus Caesar sah erschöpft aus; sein Atem war im ganzen Haus zu hören. Er führte die Eröffnungszeremonie durch und erhob sich dann.
»Ich werde diese würdelosen Ereignisse nicht länger hinnehmen«, sagte er mit klarer und weithin hallender Stimme. »Und ich betrachte die Tatsache, daß die Hauptursache der Störungen vom kurulischen Podium kam, als eine zusätzliche Beleidigung. Lucius Marcius und Quintus Servilius Caepio, ihr werdet euch der Würde eures Amtes gemäß verhalten — dem ihr, wie ich mir erlaube anzumerken, keine Ehre bereitet! Ihr habt eurer Amt entehrt! Wenn ihr euer gesetzwidriges und frevlerisches Verhalten fortsetzt, werde ich die fasces zum Tempel der Venus Libitina senden und die Angelegenheit den Wählern in den Zenturien übergeben.« Er nickte Philippus zu. »Du hast nun das Wort, Lucius Marcius. Aber vergiß nicht, was ich gesagt habe! Ich habe genug. Ich spreche auch für den Senatsvorsitzenden.«
»Ich danke dir nicht, Sextus Julius, und ich danke weder dem Senatsvorsitzenden noch den Senatoren, die sich als Patrioten verkleiden«, begann Philippus unverschämt. »Wie kann ein Mann behaupten, ein römischer Patriot zu sein, wenn er unser Bürgerrecht verschenken will? Die Antwort lautet: Er kann nicht das eine sein und das andere tun! Das römische Bürgerrecht ist Römern
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