Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
Philippus geistesabwesend an. »Nein, Lucius Marcius, das werde ich nicht tun«, sagte er leise. »Ich bin kein Demagoge! Als Volkstribun habe ich meine Pflichten immer mit der Zustimmung dieses Hauses ausgeübt. Jetzt haben meine Senatskollegen meine Gesetze für null und nichtig erklärt. Ich werde mich an ihre Entscheidung halten, wie es meine Pflicht ist.«
    »Mit dieser Antwort«, sagte Scaurus nach dem Ende der Sitzung stolz zu Scaevola, »hat sich unser lieber Marcus Livius den Lorbeer verdient!«
    »In der Tat«, erwiderte Scaevola. Er schien recht unglücklich zu sein. »Was hältst du eigentlich von diesen Omen?«
    »Zweierlei. Erstens: In keinem anderen Jahr hat sich irgend jemand die Mühe gemacht, so sorgfältig alle Naturkatastrophen aufzuzeichnen. Zweitens: Wenn die Omen überhaupt eine Bedeutung haben, dann die, daß ein Krieg mit Italien folgt, wenn die Gesetze des Marcus Livius außer Kraft gesetzt werden.«
    Scaevola hatte natürlich mit Scaurus und den anderen Parteigängern für Drusus gestimmt; er hätte sich nicht anders entscheiden können, ohne seine Freunde zu verlieren. Aber er machte sich Sorgen. Jetzt sagte er mürrisch: »Schon, aber...«
    »Quintus Mucius, du glaubst an so etwas?« fragte Marius erstaunt.
    »Nein, das sage ich doch gar nicht!« rief Scaevola verstimmt. Seine Vernunft kämpfte mit seinem römischen Aberglauben. »Und doch — wie kann man sich den Schweiß auf der Statue der Diva Angerona erklären, und daß sie ihren Knebel verloren hat?« Tränen traten ihm in die Augen. »Wie kann man sich den Tod meines Vetters Crassus erklären, meines besten Freundes?«
    »Quintus Mucius«, sagte Drusus, der zu der Gruppe getreten war, »ich glaube, daß Marcus Aemilius recht hat. Die Omen sind ein Vorzeichen für das, was sich ereignen wird, wenn meine Gesetze außer Kraft gesetzt werden.«
    »Du bist Mitglied des Priesterkollegiums, Quintus Mucius«, sagte Scaurus geduldig. »Das einzige glaubwürdige Phänomen ist das Öl, das aus der Holzstatue des Saturn austrat. Aber wir haben doch schon seit Jahren erwartet, daß das einmal geschieht! Deshalb wurde die Statue doch eingewickelt! Was die Diva Angerona angeht — was ist leichter, als sich in ihren kleinen Schrein zu schleichen, ihr die Binde vom Mund zu reißen und sie mit einer klebrigen Flüssigkeit zu bespritzen, damit Tropfen zurückbleiben? Und wir wissen alle, daß Blitze oft an den höchsten Punkten einschlagen, und du weißt doch auch, daß der Tempel der Pietas zwar klein ist, aber sehr hoch steht! Und was die Erdbeben, Feuerschlünde, Blutregen und Froschplagen angeht — bah! Ich weigere mich, auch nur darüber zu reden! Lucius Licinius starb in seinem Bett. Einen so angenehmen Tod wünschen wir uns doch alle!«
    »Schon, aber...« protestierte Scaevola, noch immer nicht überzeugt.
    »Seht ihn euch an!« rief Scaurus, an Marius und Drusus gewandt. »Wenn er auf diesen Schwindel hereinfällt, dann können wir den anderen abergläubischen Idioten keine Vorwürfe machen!«
    »Glaubst du denn nicht an die Götter, Marcus Aemilius?« fragte Scaevola erschrocken.
    »Doch doch doch, natürlich glaube ich an sie! Aber, Quintus Mucius, ich glaube nicht an die Umtriebe von Männern, die behaupten, im Namen der Götter zu handeln! Ich habe noch nie ein Omen erlebt, das man nicht in völlig entgegengesetzer Weise deuten konnte! Wie kommt es, daß Philippus plötzlich zu einem Experten geworden ist? Weil er ein Augur ist? Er erkennt ein Omen nicht einmal dann, wenn er darüber stolpert, wenn es ihm ins Gesicht springt und ihn in seine geschwollene Nase beißt! Und der alte Publius Cornelius Culleolus — er ist, was sein Name schon besagt, ein dummer Sack. Ich gehe jede Wette mit dir ein, Quintus Mucius: Wenn ein kluger Bursche die Naturkatastrophen und sogenannten übernatürlichen Ereignisse gesammelt hätte, die sich in Saturninus’ zweitem Tribunatsjahr ereigneten, hätte er eine nicht weniger imposante Liste zusammengebracht! Werde endlich erwachsen! Erinnere dich endlich wieder an den gesunden Skeptizismus, den du im Gericht immer zeigst! Ich bitte dich!«
    »Ich muß sagen, Philippus hat mich überrascht«, sagte Marius düster. »Ich habe ihn einmal gekauft. Aber ich wußte nicht, daß dieser Halunke so gerissen ist.«
    »Ja, er ist schlau«, sagte Scaevola eifrig, der froh war, über ein anderes Thema sprechen zu können. »Ich glaube, daß er sich das alles schon vor einiger Zeit ausgedacht hat.« Er lachte. »Aber

Weitere Kostenlose Bücher