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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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daß dieser Mann, der es erst im dritten Anlauf geschafft hat, Konsul zu werden, ohne Strafe bleiben sollte? Er sollte bestraft werden? Gut! Das, Konsulare, ist auch meine Meinung!«
    Crassus Orator wandte sich von den Senatoren der vorderen Reihen ab und starrte Philippus auf dem kurulischen Podium wütend an. »Lucius Marcius Philippus, du bist der schlechteste Konsul, den ich je erlebt habe! Ich würde nicht ein Zehntel der Geduld aufbringen, die Sextus Julius mit dir gehabt hat! Wie kannst du es wagen, hinter deinen zwölf Liktoren durch die Straßen unserer geliebten Stadt zu stolzieren und dich Konsul zu nennen? Du bist kein Konsul! Du hast nicht einmal das Recht, die Schuhe eines Konsuls zu küssen! Und wenn ich einen Satz unseres Senatsvorsitzenden zitieren darf: Du taugst nicht einmal dazu, den Kot von der Straße zu kehren! Statt ein Vorbild für die jüngeren Senatoren und die Männer draußen auf dem Forum zu sein, führst du dich auf wie der schlimmste Demagoge, der jemals die Rostra betrat, wie der übelste Hetzer, der je vor der Volksversammlung herumgeiferte! Wie kannst du es wagen, dein Amt dafür zu mißbrauchen, daß du die Mitglieder des Senats beleidigst? Wie kannst du es wagen zu behaupten, daß sich andere gesetzwidrig verhalten hätten?« Crassus Orator wies mit dem Finger auf Philippus, atmete tief ein und brüllte dann: »Ich habe dir lange genug zugesehen, Lucius Marcius Philippus! Entweder du benimmst dich wie ein Konsul, oder du bleibst zu Hause!«
    Unter starkem Applaus nahm Crassus Orator seinen Platz wieder ein. Philippus blickte auf den Boden und hielt den Kopf so tief gesenkt, daß niemand sein Gesicht sehen konnte. Caepio starrte Crassus Orator wütend an.
    Sextus Caesar räusperte sich. »Danke, Lucius Licinius, daß du mich und alle Konsuln daran erinnert hast, wer und was ein Konsul ist. Ich nehme mir deine Worte sehr zu Herzen und hoffe, daß auch Lucius Marcius sie sich zu Herzen nimmt. Da es den Anschein hat, daß sich keiner von uns in dieser Atmosphäre anständig verhalten kann, beende ich die Sitzung. Der Senat wird sich in acht Tagen wieder versammeln. Wir befinden uns mitten in den ludi Romani, und ich persönlich bin der Meinung, daß wir Rom und Romulus unsere Reverenz besser anders erweisen als durch tumultuarische Sitzungen des Senats. Ich wünsche euch angenehme Festtage, Senatoren.«
    Der Senatsvorsitzende Scaurus, Drusus, Crassus Orator, Scaevola, Antonius Orator und Quintus Pompeius Rufus versammelten sich in Gaius Marius’ Haus zu einem Becher Wein, um die Ereignisse zu besprechen.
    »Lucius Licinius, du hast Philippus schön fertiggemacht!« sagte Scaurus fröhlich und trank in großen Schlucken.
    »Das wird mir ewig in Erinnerung bleiben«, sagte Antonius Orator.
    »Auch ich danke dir, Lucius Licinius«, sagte Drusus und lächelte.
    Crassus Orator nahm die allgemeine Zustimmung mit angemessener Bescheidenheit zur Kenntnis. »Na ja, er hat mich herausgefordert, der Narr!«
    Da in Rom große Hitze herrschte, hatten die Männer beim Betreten von Marius’ Haus ihre Togen abgelegt. Jetzt erholten sie sich im Garten, in dem es kühl und frisch war.
    »Aber ich möchte doch gerne wissen«, sagte Marius, der auf der Einfassung des Wasserbeckens saß, »was Philippus eigentlich vorhat.«
    »Das möchte ich auch wissen«, sagte Scaurus.
    »Was sollte er denn vorhaben?« fragte Pompeius Rufus. »Er ist einfach ein Bauer. Er war noch nie anders.«
    »Nein, in seinem schmutzigen Hirn geht etwas vor«, sagte Marius. »Einen Augenblick glaubte ich heute, ich hätte entdeckt, was es ist. Aber dann war es wieder weg, und jetzt kann ich mich nicht mehr daran erinnern.«
    Scaurus seufzte. »Nun, eines ist sicher, Gaius Marius — wir werden es bald wissen! Wahrscheinlich schon bei der nächsten Sitzung.«
    »Das wird bestimmt eine interessante Sitzung«, sagte Crassus Orator. Er stöhnte kurz auf und rieb sich die linke Schulter. »Warum bin ich in letzter Zeit nur so müde, und warum tut mir alles weh? Dabei war meine Rede heute nicht besonders lang. Aber ich war wütend, das stimmt.«

    Am nächsten Morgen wurde deutlich, daß Crassus Orator für seine Rede einen höheren Preis bezahlt hatte, als ihm recht gewesen wäre, hätte man ihn gefragt. Seine Frau, die jüngere Mucia aus der Familie Scaevolas des Auguren wachte in der Morgendämmerung auf, weil ihr kühl geworden war. Als sie sich an ihren Ehemann schmiegte, bemerkte sie plötzlich, daß dieser sich kalt anfühlte.

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