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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zwölften Tag des Monats Juni. Er war erbärmlich langsam vorangekommen, denn die Nächte waren mondlos gewesen, und außer einen gewundenen Pfad, über den er lieber nicht marschieren wollte, hatte keine Straße durch das Gebiet geführt. Er gab genau durchdachte Anweisungen und konnte sicher sein, daß die Truppen von der Anhöhe auf der anderen Seite des Flusses nicht beobachtet wurden; er hatte die Anhöhe auskundschaften lassen. Die Soldaten der beiden Legionen gehorchten dankbar jedem Befehl, den Marius erteilte. Es waren Männer wie jene, die beim Marsch über den westlichen Paß unter Perpernas Führung über Kälte geklagt hatten und unglücklich über ihr Los gewesen waren, Männer aus den gleichen Städten und den gleichen Regionen. Und doch hatten diese Soldaten Vertrauen, fühlten sich allem, auch einer Schlacht, gewachsen und befolgten genau jede Anweisung, als es schließlich über die kleine Brücke zu laufen galt. Es sind eben Marius’ Männer, dachte Aulus Plotinus — wenn er sie auch zu Mauleseln gemacht hat. Marius’ Soldaten trugen wie immer leichtes Marschgepäck, während Lupus auf einem Troß bestanden hatte.
    Plotius steuerte auf einen südlich der Brücke gelegenen Abschnitt des Stromes zu und suchte sich einen Aussichtspunkt, von wo aus er die tapferen Soldaten über die bebende und schwankende Brücke rennen sehen konnte. Von einer vorgelagerten Erhebung herab blickte Plotius auf die reißenden Fluten des Hochwasser führenden Flusses hinab und ließ dann seinen Blick nach Süden wandern, wo er eine kleine Bucht entdeckte. In den Strudeln schwammen menschliche Leiber. Er begriff zunächst nicht und sah sie sich unbewegt an. Dann riß er die Augen auf. Es waren die Leichen von Soldaten! Zwei bis drei Dutzend! Nach den Federn auf den Helmen waren es römische Soldaten.
    Plotius lief sofort zu Marius. Der sah sich die Sache an und wußte Bescheid.
    »Lupus«, sagte er böse. »Sie haben ihm auf der anderen Seite seiner Brücke eine Falle gestellt. Los, hilf mir.«
    Plotius kletterte hinter Marius die Uferböschung hinunter und zog mit ihm einen Körper an Land. Marius drehte die Leiche um und starrte in das kalkweiße Gesicht mit den noch immer schreckgeweiteten Augen.
    »Es ist gestern passiert«, sagte er und ließ den Leib wieder ins Wasser gleiten. »Ich wollte anhalten und dann die armen Schweine begleiten. Jetzt ist es zu spät, Aulus Plotius. Sorge dafür, daß sich die Truppen auf der anderen Seite der Brücke in einer kampfbereiten Marschordnung aufstellen. Sobald du fertig bist, halte ich eine Ansprache. Und beeil dich! Ich bin sicher, daß die Italiker nicht wissen, daß wir hier sind. Vielleicht bekommen wir Gelegenheit, die Niederlage ein wenig wettzumachen.«
    Publius Vettius Scato, der zwei Legionen Marser anführte, hatte die Gegend um Aesernia einen Monat zuvor geräumt. Er war nach Alba Fucentia marschiert, wo er zu Quintus Poppaedius Silo stoßen wollte, der die hervorragend befestigte und zum Durchhalten entschlossene Stadt mit latinischem Recht belagerte. Silo wollte auf dem Gebiet der Marser bleiben und weiterhin mit allen Kräften kämpfen. Allerdings wußte er seit langem durch seine Spione, daß die Römer in Carseoli und Varia Truppen ausbildeten.
    »Geh nachsehen, was los ist«, forderte er Scato auf.
    Scato, der bei Antinum auf Praesenteius und die Paeligner traf, erhielt einen vollständigen Bericht von der vernichtenden Niederlage von Perpernas Truppen am westlichen Paß. Praesenteius marschierte wieder nach Osten und rüstete dort mit seiner Kriegsbeute frisch angeworbene Paeligner für den Kampf aus. Scato marschierte nach Westen und tat genau das, was Marius von einem klugen Italiker erwartete: Er postierte Männer mit guten Augen oben auf dem Bergkamm am Ostufer des Flusses zwischen den beiden Brücken. Er wollte gerade weiter nach Carseoli vorrücken, als ein Bote herbeilief und berichtete, eine römische Armee marschiere über die Brücke im Süden.
    Fassungslos vor Freude verfolgte Scato persönlich, wie Lupus seine Soldaten von einem Ufer zum anderen schickte und dabei jeden möglichen Fehler machte. Noch bevor sich die Soldaten der Brücke näherten, erlaubte er ihnen, aus den Reihen zu treten und auf der anderen Seite völlig ungeordnet zu warten. Lupus selbst konzentrierte sich ganz auf den Troß. Als er nur mit der Tunika bekleidet an der Brücke stand, fielen Scato und die Marser über seine Armee her. In der folgenden Schlacht starben achttausend

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