Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
römische Legionäre, mitsamt Publius Rutilius Lupus und seinem Legaten Marcus Valerius Messala. Etwa zweitausend Männern gelang die Flucht: Sie schoben die Ochsenkarren von der Brücke, ließen Kettenhemden Helme und Schwerter fallen und liefen, so schnell ihre Füße sie trugen, nach Carseoli. Das war am elften Tag des Monats Juni.
    Die Schlacht — sofern man überhaupt von einer Schlacht sprechen konnte — hatte am späten Nachmittag stattgefunden. Scato beschloß, an Ort und Stelle zu bleiben, statt seine Männer für die Nacht ins Lager zurückzuschicken. Im Morgengrauen sollten sie den Toten die Rüstungen abnehmen, die nackten Leichen auf einen Haufen schichten, sie verbrennen und die verlassenen Ochsen- und Maultierkarren über die Brücke ans Ostufer ziehen. Bestimmt hatten sie Weizen und Proviant geladen, und man konnte damit die erbeuteten Waffen fortschaffen. Ein herrlicher Fang! Die Römer sind so leicht zu besiegen wie Säuglinge, dachte Scato selbstgefällig. Die wußten ja nicht einmal, wie man sich auf feindlichem Gebiet schützt! Es war seltsam. Wie hatten sie die halbe Welt erobern und die andere Hälfte ständig in Atem halten können?
    Es dauerte nicht lang, und er bekam die Antwort. Scato wurde von Marius’ Angriff überrascht, seine Soldaten wurden in völliger Unordnung überrumpelt.
    Marius hatte zunächst das Lager der Marser ausfindig gemacht und verlassen vorgefunden. Er marschierte geordnet hindurch und ließ die nichtkämpfenden Truppenteile zurück, die zusammenrafften, was ihnen in die Hände fiel: Gepäck, Berge von Proviant und viel Geld. Gegen Mittag erreichte Marius das Schlachtfeld des Vortages, wo die Marser den römischen Gefallenen die Rüstungen abnahmen.
    »Sehr schön!« rief Marius zu Aulus Plotius. »Meine Männer erhalten die ideale Feuertaufe — eine wilde Flucht! Das stärkt ihr Selbstvertrauen! Ehe sie sich versehen, sind sie altgediente Kämpfer!«
    Es wurde in der Tat eine wilde Flucht. Scato floh in die Berge und ließ zweitausend tote Marser zurück und dazu alles, was er besaß. Trotzdem, dachte Marius grimmig, gebührte die Ehre den Italikern, sie hatten auf dem Schlachtfeld ganze Arbeit geleistet. Monate von Aushebungen und Ausbildung waren zunichte, achttausend tüchtige Soldaten waren gefallen, weil sie unbedingt ein Narr hatte führen müssen.
    Sie fanden die Leichen von Lupus und Messala an der Brücke.
    »Marcus Valerius tut mir leid. Ich glaube, aus ihm hätte noch etwas werden können«, sagte Marius zu Plotius. »Aber ich bin sehr froh, daß Fortuna es für richtig hielt, Lupus den Rücken zu kehren! Wenn er am Leben wäre, würden wir noch mehr Männer verlieren.«
    Darauf konnte man nichts antworten, und Plotius antwortete auch nichts.
    Marius schickte die Leichen des Konsuls und seines Legaten, von seiner einzigen Kavallerieschwadron eskortiert und mit einer schriftlichen Erklärung im Gepäck, nach Rom zurück. Zeit, dachte Gaius Marius verärgert, daß Rom gründlich das Entsetzen packt. Sonst würde dort keiner begreifen, daß in Italien wirklich Krieg war — und daß man die Italiker nicht unterschätzen durfte.
    Der Senatsvorsitzende Scaurus sandte zwei Antworten zurück, eine vom Senat und eine persönliche.
    Es tut mir wirklich leid, was in dem offiziellen Bericht steht, Gaius Marius. Es war nicht meine Schuld, das versichere ich Dir. Die Schwierigkeit, mein Alter, liegt darin, daß ich nicht mehr über das nötige Durchsetzungsvermögen verfüge, um mit einer Hand dreihundert Männer zu dirigieren. Vor über zwanzig Jahren, als es um Jugurtha ging, ist mir das gelungen — aber was zählt, sind eben die letzten zwanzig Jahre. Nicht, daß heutzutage dreihundert im Senat säßen. Eher an die hundert. Alle Senatoren unter fünfunddreißig leisten irgendwo Militärdienst — und auch einige der alten, wie Gaius Marius zum Beispiel.
    Als der kleine Leichenzug Rom erreichte, sorgte er für großes Aufsehen. In der ganzen Stadt schrien die Menschen, rauften sich die Haare und ritzten sich sogar die Brust auf. Ganz plötzlich war der Krieg greifbar. Vielleicht konnte es ihnen anders nicht deutlich werden. Die Stimmung fiel schneller auf den Nullpunkt, als ein Blitzstrahl vom Himmel niedersaust. Bevor die Leiche des Konsuls aufdem Forum eintraf, hatte wohl jeder — einschließlich der Senatoren und Ritter! — den Krieg für einen harmlosen Spaziergang gehalten. Und dann lag Lupus erschlagen da, getötet von einem Italiker auf dem Schlachtfeld,

Weitere Kostenlose Bücher