Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
Vom Netzwerk:
nur wenige Meilen vor Rom. Ein entsetzlicher Augenblick, als wir aus der Curia Hostilia strömten und sprachlos Lupus und Messala anstarrten. Hast Du die Eskorte angewiesen, die Leichen aufzudecken, bevor sie das Forum erreichten?Ich wette, Du hast es getan!
    Jedenfalls trägt ganz Rom Trauer, wohin man geht, überall sieht man nur dunkle, trostlose Gewänder. Alle, die noch im Senat sitzen, tragen statt der Toga den kurzen Umwurf aus grobem Wolltuch und über ihren Tuniken die schmalen Streifen der Ritter statt des Purpursaums. Die kurulischen Magistrate haben die Amtsinsignien abgelegt und sitzen auf einfachen Holzstühlen in der Curia und den Gerichten. Man spricht von Luxusgesetzen, was Purpur, Pfeffer und Aufputz angeht. Rom ist aus völliger Gleichgültigkeit in das andere Eiärem gefallen. Überall höre ich die bange Frage, ob wir den Krieg verlieren.
    Wie Du bald sehen wirst, gibt es von offizieller Seite zwei Reaktionen. Gegen die erste habe ich mich verwahrt, wurde aber im Namen des nationalen Notstandes< nieder gebrüllt: In Zukunft sollen nämlich alle Kriegsopfer, vom geringsten Soldaten bis zum höchsten Befehlshaber, mit allen erdenklichen Feierlichkeiten auf dem Feld bestattet werden. Keiner soll nach Rom überführt werden, denn man fürchtet, daß es die Kampfmoral untergräbt. Unsinn, Unsinn und nochmals Unsinn! Aber so wollten sie es.
    Das zweite ist weitaus schlimmer, Gaius Marius. Wie ich Dich kenne, hast du die offizielle Entscheidung schon geahnt. Ich hätte Dir also ohne weitere Umschweife gleich sagen sollen, daß der Senat es abgelehnt hat, Dir den Oberbefehl zu geben. Sie haben Dich nicht ganz übergangen — das wagten sie nun doch nicht. Statt dessen haben sie das Kommando Dir und Caepio gemeinsam übertragen. Eine dümmere, engstirnigere und unsinnigere Entscheidung hätten sie wohl nicht treffen können. Es wäre klüger gewesen, wenn schon nicht Dir, dann wenigstens Caepio die gesamte Verantwortung zu geben. Trotzdem glaube ich, daß Du auf Deine ganz eigene Art damit zurechtkommst.
    Ich kann Dir gar nicht sagen, wie wütend ich war! Die Schwierigkeit ist, daß die Senatoren, die zurückgeblieben sind, im großen und ganzen der angetrocknete, stinkende Mist am Arsch des Schafes sind. Die saubere Wolle ist im Feld — oder hat wie ich in Rom eine Aufgabe zu erfüllen —, aber wir sind nur eine Handvoll gegenüber dem dreckigen Mist. Im Augenblick fühle ich mich vollkommen überflüssig. Philippus führt das Regiment. Kannst Du Dir das vorstellen? Schlimm genug, daß er Konsul war in den üblen Tagen vor der Ermordung von Marcus Livius. Doch jetzt ist es noch schlimmer. Und die Ritter fressen ihm aus der geschmierten Hand. Ich habe Lucius Julius geschrieben, er solle nach Rom zurückkehren und einen Nachfolger für Lupus auswählen. Er hat zurückgeschrieben, wir sollten weitermachen wie bisher, er sei zu beschäftigt und könne die Campania keinen einzigen Tag verlassen. Ich tue was ich kann, aber ich sage Dir, Gaius Marius: Ich werde immer älter.
    Caepio führt sich bestimmt unerträglich auf, wenn er die Neuigkeit erfährt. Ich habe mich mit den Boten verständigt, daß Du die Nachricht zuerst bekommst. Das gibt Dir Zeit zu überlegen, was Du tun wirst, wenn er seinen Gockeltanz vor Dir aufführt. Ich kann Dir nur einen Wink geben. Erledige das auf Deine Art.
    Doch dann erledigte es am Ende Fortuna, und zwar auf brillante, endgültige und ironische Weise. Caepio nahm den gemeinsamen Oberbefehl um so selbstbewußter an, als er bei Varia den Überfall einer Legion der Marser abgewehrt hatte, während Marius am Velino mit Scato beschäftigt gewesen war. Er hielt den kleinen Erfolg für so bedeutend wie Marius’ Sieg und ließ den Senat wissen, daß er den ersten Sieg des Krieges errungen habe, denn er sei am zehnten Tag des Monats Juni erfolgt, Marius’ Sieg erst drei Tage später. Und für die schreckliche Niederlage dazwischen machte Caepio eher Marius als Lupus verantwortlich.
    Zu Caepios Leidwesen kümmerte es Marius nicht, wem der Ruhm zustand oder was Caepio bei Varia getrieben hatte. Marius ignorierte Caepio, als Caepio von ihm verlangte, er solle nach Carseoli zurückkehren. Er hatte Scatos Lager am Velino übernommen, es gut befestigt und dort jeden verfügbaren Mann stationiert, damit er Truppen ausbilden und in Übung halten konnte. Und während Tag um Tag verstrich, ärgerte sich Caepio, daß ihm die Gelegenheit genommen war, in das Gebiet der Marser einzufallen.

Weitere Kostenlose Bücher