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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Lupus oder Caepio!« rief Marius ungläubig.
    »Jedenfalls war einer der Männer, die in Tibur dieses Gezeter über sich ergehen lassen mußten, ein Freund von Lucius Decumius. Er heißt Titus Titinius. Eigentlich ist Titus Titimus Zenturio, Veteran und im Ruhestand auf einem Stück Land in Etruria, das du ihm gegeben hast. Er sagt, er habe dir einmal einen guten Dienst erwiesen.«
    »Ja, ich erinnere mich ganz genau«, sagte Marius und lächelte schief, dabei rann ihm der Speichel aus dem Mundwinkel.
    Caesar zog das >Marius-Taschentuch< heraus, wie er es nannte, und wischte ihm den Speichel ab. »Er kommt regelmäßig zu Besuch zu Lucius Decumius nach Rom, weil er wissen will, was auf dem Forum los ist. Als der Krieg ausgebrochen ist, hat er sich als Zenturio für die Ausbildung anwerben lassen. Er war lange in Capua stationiert, wurde Anfang dieses Jahres aber zur Unterstützung von Konsul Cato abkommandiert.«
    »Ich nehme an, Titus Titinius und die anderen ausbildenden Zenturionen hatten noch gar nicht mit der Ausbildung begonnen, als ihnen Konsul Cato in Tibur die Strafpredigt hielt?«
    »Genau. Trotzdem hat er ihnen die Standpauke verpaßt. Und deshalb hat er auch die Schwierigkeiten bekommen. Titus Titinius wurde dabei so wütend, daß er sich bückte, einen Klumpen Erde aufhob und ihn auf Konsul Cato warf! Kurz darauf schleuderten alle mit Erde nach Cato! Zum Schluß stand er knietief im Dreck, und die Armee war drauf und dran zu meutern.« Nach einer Weile kicherte der Junge: »Dreckig, fleckig und zu keinem Wort mehr fähig!«
    »Laß deine Wortspiele und erzähl weiter!«
    »Entschuldigung, Gaius Marius.«
    »Also?«
    »Konsul Cato wurde zwar nicht verletzt, aber er fand, daß seine Ehre und sein Ansehen unerträglich gelitten hätten. Er dachte nicht daran, den Zwischenfall zu vergessen, und schickte Titus Titinius in Ketten nach Rom mit einem Brief an den Senat. Cato verlangte, Titus Titinius wegen Anstiftung zur Meuterei vor Gericht zu stellen. Titus Titinius ist heute morgen angekommen und sitzt jetzt in einer Zelle der Lauturmae.«
    Marius stand mühselig auf. »Gut, das ist unser Weg für morgen früh, Caesar.« Er klang heiter.
    »Kriegen wir zu sehen, was sie mit Titus Titinius machen?«
    »Wenn die Verhandlung im Senat stattfindet, Junge, werde ich auf alle Fälle dabeisein. Du kannst in der Vorhalle warten.«
    Caesar half Marius auf, ging unwillkürlich auf die linke, gelähmte Seite und stützte ihn. »Ich werde nicht draußen warten müssen, Gaius Marius. Man bringt ihn vor die Versammlung der Plebs. Der Senat will nichts mit der Sache zu tun haben.«
    »Du bist Patrizier. Du hast keinen Zutritt, wenn Plebejer sich versammeln, und ich in meiner Stellung auch nicht. Wir müssen uns ein gutes Plätzchen auf den Stufen des Senats sichern und das Spektakel von da aus beobachten. So etwas hat mir gefehlt! Ein solches Schauspiel auf dem Forum ist weitaus besser als alle Spiele, die sich die Ädilen ausdenken können!«

Wenn Gaius Marius je Zweifel gehabt hatte, daß ihn das römische Volk innig liebte, so wurden sie am nächsten Morgen weggefegt, als er das Haus verließ und sich auf den Weg den steilen Clivius Argentarius hinab durch die Porta Fontinalis zum unteren Forum machte. Rechts stützte er sich auf einen Stock, links auf Caesar. Und bald schon standen links und rechts, vor und hinter ihm alle Männer und Frauen aus der Nachbarschaft, bejubelten ihn und vergossen Tränen um ihn. Bei jedem grotesken Schritt, wenn er das rechte Bein vorschob und mühselig mit verdrehter Hüfte das linke nachzog, feuerte ihn die Menge an. Bald eilte ihm ein Ruf voraus, freudig und laut:
    »Gaius Marius! Gaius Marius kommt!«
    Auf dem unteren Forum brandete ihm ohrenbetäubender Jubel entgegen. Mit Schweißperlen auf der Stirn stützte er sich fester, als man es ihm ansah, auf den Jungen und schleppte sich um den Versammlungsplatz herum. Zwei Dutzend Senatoren eilten herbei und wollten ihn die Stufen zum Podiumssockel der Curia Hostilia empor tragen. Aber er lehnte ab und quälte sich Stufe um Stufe hinauf. Man brachte ihm einen kurulischen Stuhl, und mit Hilfe des Jungen ließ sich Gaius Marius darauf nieder.
    »Das linke Bein«, sagte er schwer atmend.
    Caesar verstand sofort, kniete nieder und zog das gelähmte Bein nach vorn, bis es in der klassischen Stellung ein wenig vor dem rechten Bein stand. Dann nahm er den reglosen linken Arm, legte ihn Marius in den Schoß und bedeckte die verkrümmten, starren

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