MoR 02 - Eine Krone aus Gras
ihr Leben zu retten!«
Didius sah Metellus Pius verächtlich an. »Ich werde die Männer zu den Waffen rufen«, sagte er und entwand Metellus seinen Arm.
Den Kopf mit einem Helm, statt mit seinem üblichen Hut bedeckt, erklomm Sulla die Rednertribüne auf dem Forum des Lagers und sprach zu den annähernd dreizehntausend Männern, die ihm noch zur Verfügung standen.
»Ihr alle wißt, was euch erwartet!« rief er. »Eine Meute Samniten, die uns beinahe drei zu eins überlegen sind! Aber Sulla hat es satt zu sehen, wie Rom von einer Meute Samniten geschlagen wird, und Sulla hat es satt zu hören, daß die Samniten römische Städte ihr eigen nennen! Was nützt es, ein lebendiger Römer zu sein, wenn Rom vor den Samniten zu Kreuze kriechen muß wie eine schwanzwedelnde Hündin? Dieser Römer vor euch will das nicht! Sulla nicht! Wenn ich hinausgehen und alleine kämpfen muß, werde ich gehen. Muß ich allein gehen? Ganz allein? Oder kommt ihr mit, weil auch ihr Römer seid und die Samniten satt habt, genau wie ich?«
Die Soldaten antworteten mit begeisterten Hochrufen. Er wartete bewegungslos, bis sie aufhörten, denn er war noch nicht fertig.
»Sie müssen gehen!« rief er noch lauter. »Sogar der letzte von ihnen muß gehen! Pompeji ist unsere Stadt! Die Samniten haben in dieser Stadt tausend Römer ermordet, und jetzt stehen die Samniten hoch oben auf den Mauern von Pompeji und glauben, sie seien in Sicherheit. Sie buhen und pfeifen uns aus, weil sie glauben, wir hätten zuviel Angst und könnten mit einer Meute armseliger Samniten nicht fertigwerden! Wir werden ihnen zeigen, daß sie unrecht haben! Wir werden nehmen, was die Samniten uns auftischen, bis unsere Kameraden zurückkehren, und wenn sie zurückkehren, wird unser Kriegsgeschrei ihnen den Weg zum Schlachtfeld weisen! Hört ihr mich? Wir halten die Samniten in Schach, bis unsere Proviantsucher ihnen in den Rücken fallen, wie es sich für tüchtige Römer gehört!«
Wieder erschollen begeisterte Hochrufe, aber Sulla hatte die Tribüne bereits verlassen, das Schwert in der Hand. Drei geordnete Kolonnen Soldaten stürmten im Laufschritt aus dem vorderen Tor und den beiden Seitentoren, die mittlere Kolonne führte Sulla selbst an.
Der römische Angriff erfolgte so rasch, daß Cluentius, der nicht mit einer Schlacht gerechnet hatte, kaum Zeit blieb, seine Truppen vor dem Ansturm der Römer in Stellung zu bringen. Doch als besonnener und mutiger Befehlshaber leistete er tapfer Widerstand und bewegte sich stets in den ersten Reihen seiner Soldaten. Da die Römer nicht genug Männer hatten, gelang es ihnen nicht, beim ersten Anlauf in die Reihen der Samniten einzubrechen, und sie drohten den Mut zu verlieren. Aber Sulla, der sie noch immer führte, gab keinen Fußbreit Boden preis, und seine Männer ließen ihn nicht im Stich. Eine Stunde lang kämpften Römer und Samniten Mann gegen Mann, unnachgiebig, erbittert und zäh. Wirklich harte Schlachten hatte es bisher nur selten gegeben, und beiden Seiten war klar, daß vom Ausgang dieser Schlacht der Ausgang des ganzen Krieges abhing.
Unzählige kampferprobte Legionäre fielen in dieser Stunde kurz vor Mittag, aber gerade als es so aussah, als müßte Sulla seinen Soldaten den Rückzug befehlen oder sie an Ort und Stelle sterben sehen, begann die Linie der Samniten zu wanken und brach ein. Die auf Proviantsuche ausgezogenen Truppen der Römer waren zurückgekommen und griffen die Samniten von hinten an. Mit dem Schlachtruf »Es lebe Rom!« führte Sulla seine Männer mit neuer Kraft in den Kampf. Aber selbst jetzt wich Cluentius nur schrittweise zurück. Es gelang ihm, seine Armee noch eine ganze Stunde lang zusammenzuhalten. Als er dann sah, daß alles verloren war, sammelte er seine Leute, kämpfte sich durch die Römer in seinem Rücken hindurch und zog sich in einem Eilmarsch Richtung Nola zurück.
Nola sah sich selbst als Symbol des italischen Widerstandes im Süden. Man hatte römische Soldaten verhungern lassen und wußte, daß dies seine Wirkung in Rom nicht verfehlt hatte — Nola konnte es sich auf keinen Fall leisten, seine Sicherheit aufs Spiel zu setzen. Als daher Cluentius mit über zwanzigtausend samnitischen Soldaten vor der Stadtmauer stand, mit kaum einer Meile Vorsprung auf Sulla, fand er die Tore verschlossen. Die Mitglieder des Magistrats von Nola beugten sich über die hoch aufragenden, glatten, stark befestigten steinernen Bastionen, blickten auf Cluentius und ihre samnitischen
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