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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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einen tiefen Seufzer aus und richtete sich auf. »Ich werde es überleben, Lucius Lucullus. Und wie eine Freundin von mir sagt: Es gibt immer etwas zu tun.«
    »Wir werden die Arbeit tun. Ruhe du dich aus.«
    »Nein. Ich bin der Feldherr. Ich kann nicht ausruhen, während meine Männer arbeiten. Noch eine kleine Pause, dann geht es mir wieder gut. Mir ging es auch gut, bis mir mein Sohn eingefallen ist. Er ist gestorben, weißt du.« Wieder kamen die Tränen und wurden unterdrückt.
    Lucullus sagte nichts, er saß einfach still da.
    Sulla hatte bisher nicht viel von diesem jungen Mann gesehen. Er war letzten Dezember zum Militärtribun gewählt worden und zuerst nach Capua gegangen, wenige Tage vor dem Abmarsch war er dann dazu abkommandiert worden, seine Legion zu befehligen. Obwohl er sich stark verändert hatte — er war von einem unerfahrenen jungen Burschen zu einem tüchtigen Mann herangereift — erkannte ihn Sulla wieder.
    »Du und dein Bruder Varro Lucullus habt vor zehn Jahren den Auguren Servilius auf dem Forum angeklagt, nicht wahr?« fragte er.
    »Jawohl, Lucius Cornelius. Der Augur war dafür verantwortlich, daß unser Vater in Schande geriet und starb und daß wir unser Familienvermögen verloren haben. Aber er hat dafür bezahlt.« Lucullus’ langes, gutmütiges Gesicht hellte sich auf, und seine Mundwinkel zogen sich vergnügt nach oben.
    »Der sizilianische Sklavenkrieg. Der Augur Servilius nahm deinem Vater den Posten des Statthalters von Sizilien weg. Und hat ihm später den Prozeß gemacht.«
    »So ist es.«
    Sulla stand auf, streckte die rechte Hand aus und ergriff die Rechte von Lucius Licinius Lucullus. »Lucius Licinius, ich habe dir zu danken. War die Graskrone deine Idee?«
    »Oh nein, Lucius Cornelius! Das haben die Zenturionen ausgeheckt! Sie haben mir erklärt, daß die Graskrone von Berufssoldaten kommen muß, nicht von den gewählten Offizieren der Armee. Sie haben mich nur mitgenommen, weil ein gewählter Offizier als Zeuge dabeisein muß.« Lucullus Lächeln ging in ein Lachen über. »Ich vermute auch, daß es ihnen nicht ganz leicht fällt, vor ihren Feldherrn zu treten! Deshalb haben sie mich damit beauftragt.«

    Zwei Tage später lag Sullas Armee wieder in ihrem Lager vor Pompeji. Alle waren so erschöpft, daß nicht einmal eine gute, kräftige Mahlzeit sie lockte. Vierundzwanzig Stunden lang herrschte völlige Stille, denn die Soldaten und Offiziere schliefen fest wie die Toten, die sie unter der Stadtmauer von Nola verbrannt hatten — was die Nasen der Nolaner um so mehr beleidigte, als sie schon lange kein Fleisch mehr zu essen hatten.
    Die Krone aus Gras ruhte nun in einem Holzkästchen, das Sullas Diener gebaut hatten. Sobald Sulla Zeit hatte, wollte er die Wachsmaske anfertigen lassen, die er nun in Auftrag geben durfte, und die Wachsmaske würde dann seine Graskrone tragen. Er hatte eine so hohe Auszeichnung erworben, daß er sich zu den imagines seiner Vorfahren gesellen konnte, auch wenn er noch nicht Konsul gewesen war. Seine Statue würde mit der Graskrone auf dem Forum Romanum aufgestellt werden, aufgerichtet zur Erinnerung an den größten Helden des Krieges gegen die Italiker. All das erschien ihm so unwirklich, aber dort in dem Kästchen lag die Graskrone als unbestechliche Zeugin der Wahrheit.
    Nachdem sich die Soldaten ausgeruht und erfrischt hatten, stellten sie sich zur Parade auf, um die Auszeichnungen für tapfere Leistungen in der Schlacht entgegenzunehmen. Sulla setzte seine Graskrone auf, er wurde mit langen und ohrenbetäubenden Hochrufen begrüßt, als er auf die Rednertribüne des Lagers stieg. Die Aufgabe, die Zeremonie zu organisieren, war Lucullus übertragen worden, so wie Marius einst die gleiche Aufgabe Quintus Sertorius zugeteilt hatte.
    Während Sulla dastand und die Huldigungen der Armee entgegennahm, ging ihm ein Gedanke durch den Kopf, von dem er glaubte, daß er Marius in den Jahren in Numidien und Gallien niemals beschäftigt hatte, allenfalls vielleicht in der Zeit seines Oberbefehls gegen die Italiker. Ein Meer von Gesichtern, zur Parade geordnet und geschmückt — ein Meer von Männern, die ihm gehörten, Lucius Cornelius Sulla. Das waren seine Legionen! Sie gehörten zuerst ihm, und dann erst gehörten sie Rom. Er hatte sie zusammengeschmiedet, er hatte sie zum größten Sieg in diesem Krieg geführt — und er mußte für ihre Abfindung sorgen. Mit der Graskrone hatten sie ihm ein noch viel wichtigeres Geschenk gemacht — sie

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