MoR 02 - Eine Krone aus Gras
hatten sich selbst Sulla geschenkt. Er konnte sie hinführen, wo immer er wollte, er konnte sie sogar gegen Rom führen. Eine lächerliche Idee, aber in diesem Augenblick auf der Rednerbühne wurde sie in Sullas Kopf geboren. Und sie rollte sich unterhalb seines Bewußtseins zusammen und wartete.
Pompeji ergab sich, einen Tag nachdem die Bewohner die Parade von ihren Stadtmauern aus beobachtet hatten. Sullas Herolde hatten die Nachricht von der Niederlage des Lucius Cluentius vor den Mauern von Nola laut verkündet, und es war eine Bestätigung eingetroffen, daß die Nachricht stimmte. Noch immer schleuderten die Schiffe auf dem Fluß erbarmungslos brennende Geschosse in die Stadt, die Bewohner litten fürchterlich. Jeder feurige Windstoß schien die Botschaft mit sich zu bringen, daß der italische und samnitische Aufstand zusammenbrach, daß die Niederlage unausweichlich war.
Von Pompeji aus zog Sulla mit zwei seiner Legionen gegen Stabiae, die beiden anderen führte Titus Didius nach Herculaneum. Am letzten Tag im April kapitulierte Stabiae, kurz darauf Surrentum. Mitte Mai war Sulla wieder unterwegs, diesmal Richtung Osten. Catulus Caesar hatte Titus Didius frische Legionen nach Herculaneum gebracht, so daß die beiden Legionen, die Sulla gehörten, zu ihm zurückkehren konnten. Obwohl Herculaneum am längsten gezögert hatte, sich dem Aufstand der Italiker anzuschließen, bewies die Stadt nun, daß sie sich völlig darüber im klaren war, was geschehen würde, wenn sie sich Rom ergab. Herculaneum wurde ebenfalls von Schiffen aus beschossen, und ganze Straßenzüge brannten, aber dennoch trotzten die Bewohner Titus Didius noch, als die anderen von Italikern beherrschten Hafenstädte längst aufgegeben hatten.
Sulla führte seine vier Legionen an Nola vorbei, ohne die Stadt eines Blickes zu würdigen, schickte jedoch Metellus Pius zu dem Befehlshaber der Legion vor der Stadt, dem Prätor Appius Claudius Pulcher. Sulla ließ ihm ausrichten, er solle sich nicht von der Stelle rühren, bis Nola bedingungslos kapitulierte. Der frisch verwitwete Appius Claudius, ein harter Mann, nickte nur.
Ende der dritten Maiwoche erreichte Sulla Aeclanum, eine Stadt der Hirpiner, an der Via Appia gelegen. Sullas Spähtrupps hatten ihm gemeldet, daß die Hirpiner sich dort zu sammeln begannen, und Sulla gedachte nicht, den Aufständischen im Süden noch mehr Zeit zu geben, in der sie ihre Leute zusammenziehen konnten. Er warf einen einzigen Blick auf die Befestigung von Aeclanum und setzte dann sein häßlichstes Lächeln auf, das die langen Eckzähne entblößte — die Befestigung war hoch und gut gebaut, aber aus Holz.
Sulla war sich darüber im klaren, daß die Hirpiner bereits ein Hilfeersuchen an den Lukaner Marcus Lamponius geschickt hatten, daher verzichtete er darauf, ein Lager zu errichten, und ließ seine Armee auf freiem Feld warten. Er schickte Lucullus zum Haupttor von Aeclanum mit der Aufforderung, die Stadt solle sich ergeben. Die Stadtväter antworteten in Form einer Frage: Würde Lucius Cornelius Sulla so freundlich sein und Aeclanum einen Tag Bedenkzeit gewähren?
»Sie wollen Zeit gewinnen, weil sie hoffen, daß Lamponius ihnen morgen Verstärkung schickt«, sagte Sulla zu Metellus Pius dem Ferkel und Lucullus. »Ich werde über Lamponius nachdenken müssen. Er darf nicht länger ungestraft in Lucania sein Unwesen treiben.« Sulla zuckte die Achseln, setzte eine forsche Miene auf und kam zu den dringlichen Angelegenheiten zurück. »Lucius Licinius, überbringe der Stadt meine Antwort. Ich gebe ihnen eine Stunde und nicht mehr. Quintus Caecilius, nimm so viele Männer mit, wie du brauchst, und durchsuche jeden Bauernhof im Umkreis der Stadt nach Brennholz und Öl. Schichte das Holz und in Öl getränkte Lappen entlang der Befestigung auf, zu beiden Seiten des Haupttores. Und stelle unsere vier Wurfmaschinen an vier verschiedenen Plätzen auf. Sobald du bereit bist, zünde die Befestigung an und schleudere Brandgeschosse in die Stadt. Ich wette, daß auch in der Stadt alles aus Holz ist. Aeclanum wird brennen wie Zunder.«
»Und wenn ich in weniger als einer Stunde so weit bin, daß ich die Stadt anzünden kann?« fragte das Ferkel.
»Dann zünde sie an«, sagte Sulla. »Die Hirpiner sind nicht ehrenhaft. Warum sollte ich es sein?«
Da das Holz der Stadtbefestigung alt und trocken war, brannte sie sofort lichterloh, ebenso die Häuser in der Stadt. Alle Tore flogen auf, die Menschen stürzten in panischem
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