MoR 02 - Eine Krone aus Gras
rieb sich mit seiner mächtigen Rechten das Kinn, »ich bin ganz zufrieden mit dem gegenwärtigen Stand der Dinge. Aber einige Dinge werden sich ändern, weil ich nicht mehr Konsul bin.«
»Was für Dinge, Gnaeus Pompeius?«
»Zum einen brauche ich ein prokonsularisches Imperium. Und zum zweiten muß mein Oberbefehl im Norden bestätigt werden.« Die Hand, die das Kinn gestreichelt hatte, schwang nun in einem weiten Kreis nach außen. »Du kannst alles andere haben, Lucius Cornelius, ich möchte es nicht. Ich möchte nur meine eigene kleine Ecke unserer herrlichen römischen Welt. Picenum und Umbria.«
»Und als Gegenleistung wirst du dem Schatzamt keine Soldrechnung für vier deiner zehn Legionen schicken und die Rechnung für die übrigen sechs reduzieren?«
»Du hast alle Punkte genau erfaßt, Lucius Cornelius.«
Sullas Hand streckte sich ihm entgegen. »Abgemacht, Gnaeus Pompeius! Ich würde Picenum und Umbria Saturninus geben, aber ich erspare es Rom gern, daß für zehn Legionen der volle Sold gezahlt werden muß.«
»Ach nein, nicht Saturninus, auch wenn seine Familie aus Picenum stammt! Ich werde besser für sie sorgen, als er es täte.«
»Das glaube ich gern, Gnaeus Pompeius.«
Bei der nächsten regulären Sitzung beriet der Senat darüber, wie die verschiedenen Oberbefehle für die letzten Kriegshandlungen gegen die Italiker verteilt werden sollten, und Pompeius Strabo bekam, was er sich gewünscht hatte, ohne Widerspruch von dem Konsul mit der Graskrone. Auch ohne Widerspruch von irgend jemand anderem. Sulla hatte heftig dafür geworben. Zwar war Pompeius Strabo kein Mann vom Schlage Sullas — taktische Klugheit war ihm fremd, er fiel immer mit der Tür ins Haus —, aber man wußte, daß er so gefährlich war wie ein in die Enge getriebener Bär und so erbarmungslos wie ein orientalischer Potentat. Rein äußerlich besaß er mit beiden eine gewisse Ahnlich- keit. Die Kunde von seinem Vorgehen in Asculum Picentum war auf einem gleichermaßen neuen und überraschenden Weg nach Rom gelangt: Ein achtzehnjähriger contubernalis namens Marcus Tullius Cicero hatte in einem Brief an einen seiner beiden Lehrer, Quintus Mucius Scaevola, davon berichtet, und Scaevola hatte es sofort weitererzählt, dabei freilich mehr Worte gemacht über die literarischen Qualitäten des Briefes als über das abscheuliche und grausame Vorgehen von Pompeius Strabo.
»Brillant!« sagte Scaevola über den Brief. »Was kann man von einem Schlächter sonst erwarten?« sagte er zum Inhalt.
Sulla behielt den Oberbefehl im Süden und in den mittleren Gebieten, das Kommando vor Ort bekam im Süden Metellus Pius das Ferkel. Gaius Cosconius hatte eine leichte Verletzung davongetragen, die war vereitert, und er hatte sich aus dem aktiven Dienst zurückgezogen. Stellvertretender Befehlshaber für das Ferkel wurde Mamercus Aemilius Lepidus Livianus, der nachgegeben hatte und sich zum Quästor wählen ließ. Da Publius Gabinius tot war und sein jüngerer Bruder Aulus zu jung, um einen Befehl zu führen, ging Lucania an Gnaeus Papirius Carbo, was allgemein als ausgezeichnete Entscheidung begrüßt wurde.
Während dieser Debatte — die insofern unter erfreulichen Umständen stattfand, als man wußte, daß Rom den Krieg im Grunde schon gewonnen hatte — starb der Pontifex Maximus Gnaeus Ahenobarbus. Das bedeutete, daß man die Verhandlungen im Senat und in den Komitien unterbrechen und das Geld für ein Staatsbegräbnis zusammenbringen mußte, ausgerechnet für einen Mann, der erheblich mehr Geld besessen hatte, als sich in der römischen Staatskasse befand. Sulla leitete die Wahl seines Nachfolgers und seiner Priester, erfüllt von bitterem Groll, denn mit dem Amtsstuhl des Konsuls hatte er auch den Hauptteil der Verantwortung für die Finanzprobleme Roms übernommen, und es ärgerte ihn, daß er gutes Geld für jemanden ausgeben mußte, der es nicht nötig hatte. Vor der Zeit von Ahenobarbus war es auch nicht nötig gewesen, die Wahl der Priester zu finanzieren. Ahenobarbus hatte als Volkstribun die lex Domitia de sacerdotiis eingebracht, die das Verfahren für die Ernennung von Priestern und Auguren neu regelte: Statt durch Kooptation des Priesterkollegiums wurden sie nun durch Wahl bestimmt. Quintus Mucius Scaevola, der bereits Priester war, wurde neuer Pontifex Maximus, und das Priesteramt des Ahenobarbus ging an ein neues Mitglied des Priesterkollegiums, an Quintus Caecilius Metellus das Ferkel. Zumindest in dieser Hinsicht,
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