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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zurück.
    »Kann ich bitte meine Tochter sprechen?« fragte sie den Türsklaven, der sie bestürzt anschaute. Vor wenigen Augenblicken hatte er eine schöne Frau hinausgelassen, in eine Aura glücklicher Zufriedenheit gehüllt — jetzt stand sie wieder vor ihm und wirkte, als werde sie gleich sterben, so grau und eingefallen sah sie aus.
    Als er ihr anbot, sie in das Zimmer seines Herrn zu bringen, bat sie darum, ins Wohnzimmer von Cornelia Sulla geführt zu werden. Sie wolle ihre Tochter unter vier Augen sprechen, ohne von jemand anderem gestört zu werden.
    »Was ist los, Mama?« fragte Cornelia Sulla leichthin, als sie hereinkam. Beim Anblick des schrecklich veränderten Gesichtes blieb sie stehen und fragte noch einmal mit ganz anderer Stimme: »Was ist los, Mama? Was ist denn passiert?«
    »Er hat mich weggeschickt«, sagte Aelia tonlos. »Er hat mir gesagt, ich gehöre nicht in sein Haus, deshalb habe ich nicht gewagt, nach Hause zu gehen. Er hat es ernst gemeint.«
    »Mama! Warum? Wann? Wo?«
    »Jetzt gerade, auf der Straße.«
    Cornelia Sulla sank auf einen Stuhl neben ihre Stiefmutter, die einzige Mutter, die sie gekannt hatte bis auf ein paar verschwommene Erinnerungen an eine magere, nörgelnde Frau, die ihren Weinbecher mehr geliebt hatte als ihre Kinder. Natürlich war sie beinahe zwei Jahre unter der Obhut ihrer Großmutter Marcia gewesen, aber Großmutter Marcia hatte nicht noch einmal Mutter sein wollen und in der Kinderstube ein hartes und liebloses Regiment geführt. Als Aelia in ihr Haus gezogen war, hatten Cornelia und ihr Bruder sie wunderbar gefunden und wie eine Mutter geliebt.
    Cornelia Sulla nahm Aelias kalte Hand und dachte darüber nach, was für ein schwindelerregender Abgrund der Geist ihres Vaters doch war. Blitzschnell konnte seine Stimmung umschlagen, Gewalttätigkeit konnte aus ihm herausbrechen wie Lava aus einem Vulkan, er konnte kalt sein in einem Maße, die einem menschlichen Herzen weder Licht noch Hoffnung ließ. »Er ist ein Ungeheuer!« zischte die Tochter mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Nein«, sagte Aelia müde, »er ist einfach ein Mann, der nie glücklich war. Er weiß nicht, wer er ist, und er weiß nicht, was er will. Oder vielleicht weiß er es, aber wagt es nicht zu sein und zu wollen. Ich habe immer gewußt, daß er mich eines Tages verstoßen würde. Aber ich hätte doch gedacht, daß er mich irgendwie warnen würde — durch eine Veränderung in seinem Verhalten oder irgend etwas! Weißt du, er war innerlich schon mit mir fertig, ehe überhaupt etwas beginnen konnte. Als dann die Jahre vergingen, begann ich zu hoffen. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Alls in allem war ich länger mit ihm zusammen, als ich erwartet habe.«
    »Weine doch, Mama! Dann wirst du dich besser fühlen.«
    Aelia lachte nur trocken. »Oh nein. Ich habe zuviel geweint, nachdem unser Junge gestorben ist. Damals ist er ebenfalls gestorben.«
    »Er wird dir nichts geben, Mama. Ich kenne ihn! Er ist ein Geizhals. Er wird dir keinen Sesterz geben.«
    »Ja, das ist mir klar.«
    »Du hast eine Mitgift mitgebracht.«
    »Die habe ich ihm schon längst gegeben.«
    Cornelia Sulla richtete sich mit großer Würde auf. »Du wirst bei mir leben, Mama. Ich lasse dich nicht im Stich. Quintus Pompeius wird einsehen, daß das richtig ist.«
    »Nein, Cornelia. Zwei Frauen in einem Haus sind schon zuviel, und mit deiner Schwiegermutter ist bereits eine zweite da. Sie ist eine sehr freundliche Frau. Sie liebt dich. Aber sie wird es dir nicht danken, wenn du ihr noch eine dritte Frau ins Haus bringst.
    »Aber was kannst du dann tun?« rief Cornelia aus.
    »Heute nacht kann ich hier in deinem Wohnzimmer bleiben und über den nächsten Schritt nachdenken«, sagte Aelia ruhig. »Sag deinem Schwiegervater bitte nichts. Er wird dadurch in eine sehr unangenehme Lage kommen. Wenn es sein muß, sag es deinem Mann. Ich muß Lucius Cornelius eine Nachricht schicken, damit er weiß, wo ich bin. Hast du jemanden, der sie gleich hinbringen kann?«
    »Natürlich, Mama.« Die Tochter eines jeden anderen Mannes hätte vielleicht hinzugefügt, daß sich ihr Vater bis zum Morgen bestimmt anders besinnen würde, nicht so Sullas Tochter. Sie kannte ihren Vater besser.
    Am frühen Morgen kam Sullas Antwort. Aelia erbrach das Siegel mit ruhiger Hand.
    »Was schreibt er?« fragte Cornelia Sulla nervös.
    »>Ich lasse mich wegen Unfruchtbarkeit von dir scheiden.<«
    »Ach Mama, wie ungerecht! Er hat dich überhaupt nur

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