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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Prophezeiungen angeht, schon gut bedacht, und ich halte es nicht für klug, sie nochmals zu befragen.«
    »Dann wollen wir eine Weile hier in der Sonne sitzen, Gaius Marius, und dem Wind lauschen.« Battakes verbarg seine tiefe Enttäuschung; er hatte einige bedeutungsvolle Orakelsprüche vorbereiten lassen.
    »Du weißt wahrscheinlich nicht«, fragte Marius unvermittelt, nachdem sie ein paar Augenblicke geschwiegen hatten, »wie ich am besten mit dem König von Pontos Kontakt aufnehme. Anders gefragt: Weißt du, wo er ist? Ich habe ihm nach Amaseia geschrieben, aber keinerlei Antwort bekommen, und das war schon vor acht Monaten. Auch mein zweiter Brief hat ihn nicht erreicht.«
    »Er ist immer unterwegs, Gaius Marius«, sagte der Priester abwesend. »Vielleicht war er dieses Jahr noch gar nicht in Amaseia.«
    »Und er läßt sich seine Post nicht nachschicken?«
    »Anatolien ist nicht Rom und auch keine römisches Provinz.
    Sogar an den Residenzen des Königs Mithridates weiß man nicht immer, wo er sich aufhält, wenn er es nicht vorher sagt. Und das tut er selten.«
    »Oh ihr Götter!« platzte Marius heraus. »Wie hält er sein Reich dann zusammen?«
    »Wenn er nicht da ist, regieren seine Stellvertreter, was allerdings nicht schwierig ist, da die meisten Städte in Pontos griechisch sind und sich selbst regieren. Sie bezahlen Mithridates einfach, was er verlangt. Die ländlichen Gebiete sind primitiv und isoliert. Pontos besteht aus sehr hohen Gebirgszügen, die parallel zum Schwarzen Meer verlaufen, was bedeutet, daß die Verbindungen zwischen den verschiedenen Teilen schlecht sind. Der König hat viele im Gebirge verteilte Festungen und wenigstens vier Residenzen, wenn meine letzten Informationen stimmen: Amaseia, Sinope, Dasteira und Trapezus. Wie ich schon sagte, er ist ständig unterwegs und reist meist mit wenig Begleitung. Er reist auch nach Galatien, Sophene, Kappadokien und Kommagene. Diese Länder werden von seinen Verwandten regiert.«
    »Aha.« Marius beugte sich vor und schob die Hände zwischen die Knie. »Du willst mir sagen, daß ich es vielleicht nicht schaffe, ihn aufzuspüren.«
    »Das kommt darauf an, wie lange du in Kleinasien bleiben willst«, sagte Battakes gleichgültig.
    »Ich denke, ich muß so lange bleiben, bis es mir gelungen ist, den König von Pontos zu sprechen, Archigallos. Inzwischen werde ich König Nikomedes einen Besuch abstatten — sein Aufenthaltsort ist wenigstens bekannt! Im Winter werden wir nach Halikarnassos zurückkehren. Im Frühling möchte ich nach Tarsos reisen, und von dort werde ich mich ins Landesinnere zu König Ariarathes von Kappadokien begeben.« Marius sagte all dies eher beiläufig, und dann lenkte er das Gespräch auf die Geldverleihpraktiken des Tempels — ein Thema, woran er sich interessiert gab.
    »Es hätte keinen Sinn, das Geld der Göttin in unseren Kammern verschimmeln zu lassen, Gaius Marius«, sagte Battakes bedächtig.
    »Wenn wir es zu guten Zinssätzen verleihen, vermehren wir ihren Reichtum. Hier in Pessinus nehmen wir allerdings keine Einlagen von Gläubigern an, wie das bei einigen anderen Tempeln unserer Gemeinschaft üblich ist.«
    »In Rom gibt es so etwas nicht«, sagte Marius. »Wahrscheinlich liegt das daran, daß die Tempel dort dem römischen Volk gehören und von der Republik verwaltet werden.«
    »Aber die römische Republik könnte doch Geldgeschäfte machen?«
    »Das könnte sie schon, aber das würde zu einer zusätzlichen Bürokratie führen, und in Rom hält man nicht viel von Bürokraten, weil man meint, sie seien träge oder zu geldgierig. Unser Bankwesen ist privat organisiert und wird von professionellen Bankiers betrieben.«
    »Ich versichere dir, Gaius Marius, auch die Bankiers unseres Tempels arbeiten sehr professionell.«
    »Und Kos?« fragte Marius.
    »Du meinst den Tempel des Asklepios?«
    »Ja.«
    »Auch dort wird sehr professionell gearbeitet«, sagte Battakes nicht ohne Neid. »Dort kann man sogar ganze Kriege finanzieren! Sie haben natürlich viele Einleger.«
    Marius stand auf. »Ich danke dir, Archigallos.«
    Battakes sah zu, wie Marius den Hang zu den Kolonnaden hinabstieg, die über die Quelle des Flusses gebaut waren. Als er sicher war, daß Marius nicht umkehren würde, eilte er in seinen kleinen, aber schönen Palast inmitten eines Haines. In seinem Arbeitszimmer machte er es sich bequem und legte sein Schreibzeug zurecht. Dann schrieb er einen Brief an König Mithridates.
    Der römische Konsul Gaius

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