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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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und Italiker in der Provinz Asia, in Bithynien, Pisidien und Phrygien sowie alle ihre Sklaven massakriert. 80 000 Bürger und 70 000 Sklaven kamen nach meiner Schätzung ums Leben — insgesamt 150000 Menschen. Daß ich nicht dasselbe Schicksal erlitt, verdanke ich dem Umstand, daß ich kein römischer Bürger mehr bin. Außerdem, so glaube ich, hat der König persönlich angeordnet, mich nicht anzurühren. Ein magerer Bissen wäre ich für den Hund gewesen, der das Tor des Hades hütet! Wie könnte der Umstand, daß man mein altes Leben verschonte, das brutale Abschlachten römischer Frauen und Säuglinge aufwiegen? Sie wurden von Altären weggezerrt, an denen sie die Götter um Hilfe anflehten, und ihre Leichen verwesen im offenen Gelände, auch dies auf Befehl des Königs von Pontos. Dieses barbarische Ungeheuer hält sich nun für den König der Welt und verkündet, er werde noch vor Ablauf des Jahres auf italischem Boden stehen.
    Östlich von Italien gibt es außer unseren Leuten in Macedonia niemanden mehr, der seiner Prahlerei etwas entgegenstellen könnte. Ich habe jedoch keine Hoffnung mehr auf Macedonia. Ich konnte zwar keine Bestätigung dieser Nachricht bekommen, aber es heißt, daß König Mithridates einen Feldzug gegen Thessalonike begonnen hat und schon bis westlich von Philippi vorgestoßen ist, ohne auf Gegenwehr zu treffen. Über die Vorgänge in Griechenland weiß ich besser Bescheid. In Athen hat ein Handlanger des Mithridates namens Aristion alle Macht an sich gerissen und fast ganz Griechenland dazu überredet, sich auf Mithridates’ Seite zu stellen. Die ägäischen Inseln sind in pontischer Hand, die pontischen Flotten sind riesig. Als Delos fiel, mußten wieder 20 000 von unseren Leuten sterben.
    Ich flehe Euch an: Vergeßt nicht, daß ich absichtlich kurz schreibe und gar nicht alle Greuel aufzählen kann. Tut, was Ihr könnt, um zu verhindern, daß der fürchterliche Barbar Mithridates sich zum König von Rom krönt. Die Lage ist ernst.
    »Das hat uns gerade noch gefehlt!« sagte Lucius Caesar zu seinem Bruder Catulus Caesar.
    »Wir brauchen keinen Krieg, aber jetzt ist er da«, sagte Gaius Marius mit funkelnden Augen. »Ein Krieg gegen Mithridates! Ich wußte, daß das kommen mußte. Mich überrascht eigentlich nur, daß es so lange gedauert hat.«
    »Lucius Cornelius ist auf dem Weg nach Rom«, sagte der andere Zensor, Publius Licinius Crassus. »Ich atme erst auf, wenn er hier ist.
    »Warum?« fragte Marius wütend. »Wir hätten ihn nicht zu rufen brauchen! Er soll den Krieg gegen die Bundesgenossen zu Ende führen.«
    »Aber er ist der Konsul«, sagte Catulus Caesar. »Wenn er nicht im Elfenbeinstuhl sitzt, kann der Senat keine weitreichenden Beschlüsse fassen.«
    »Ach was!« Wütend wandte Marius sich ab.
    »Was ist mit ihm los?« fragte der Senatsvorsitzende Flaccus.
    »Was glaubst du denn, Lucius Valerius?« Catulus Caesar lachte. »Er ist ein altes Schlachtroß und wittert einen Krieg — einen Krieg mit dem Ausland.«
    »Aber er glaubt doch wohl nicht, daß er selbst gehen kann«, warf der Zensor Publius Crassus ein. »Er ist doch alt und krank!«
    »Natürlich glaubt er, daß er gehen kann«, sagte Catulus Caesar.

    Der Krieg in Italien war zu Ende. Obwohl die Marser nie formell kapitulierten, hatten sie von all den Völkern, die ihre Waffen gegen Rom erhoben hatten, die schlimmste Niederlage erlitten. Kaum ein Marser überlebte. Im Februar floh Quintus Poppaedius Silo nach Samnium. In Aesernia stieß er zu Mutilus, der so schwer verletzt war, daß er nie mehr ein Heer würde führen können. Er war von der Hüfte abwärts gelähmt.
    »Du mußt die Führung Samniums übernehmen, Quintus Poppaedius«, sagte Mutilus.
    »Nein!« rief Silo verzweifelt. »Ich kann nicht so wie du mit den Truppen umgehen — vor allem nicht mit samnitischen Truppen — , und mir fehlt dein Geschick als Feldherr.«
    »Aber es gibt niemand anders. Die Samniten wollen dir folgen, sie haben abgestimmt.«
    »Wollen sie den Krieg wirklich fortsetzen?«
    »Ja«, sagte Mutilus. »Aber im Namen Samniums, nicht im Namen Italias.«
    »Das verstehe ich. Aber es muß doch noch einen Samniten geben, der sie führen kann!«
    »Nicht einen, Quintus Poppaedius. Du mußt es machen.«
    »Na gut, meinetwegen.« Silo seufzte. Über das Ende ihrer Träume von einem unabhängigen Italia sprachen sie nicht. Auch nicht über das, was sie beide wußten — daß Samnium unmöglich gewinnen konnte, wenn Italia besiegt

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