MoR 02 - Eine Krone aus Gras
geschickten Handgriff entwand er einem griechischen Freigelassenen, der vom Kampf in die Enge gedrängt war, die Chlamys, den Schultermantel, warf sich den Mantel über sein verräterisches Gesicht und tat so, als sei auch er ein griechischer Freigelassener, der so schnell als möglich dem Durcheinander entfliehen wolle. Er duckte sich hinter die Säulen der Basilica Porcia, wo die Händler verzweifelt versuchten, ihre Stände abzubauen, und schlug sich zum Clivus Argentarius durch. Hier waren kaum noch Menschen, und es wurde nicht gekämpft. Sulla stieg den Hügel hinauf und passierte die Porta Fontinalis.
Er wußte genau, wo er hin wollte: zu dem, der die treibende Kraft hinter all diesen Vorgängen war, zu Gaius Marius, der Feldherr und zum siebten Mal Konsul werden wollte.
Er warf die Chlamys ab und klopfte an Marius’ Tür, nur noch mit seiner Tunika bekleidet. »Ich möchte Gaius Marius sehen«, befahl er dem Pförtner in einem Ton, als trage er noch die vollständige Amtstracht.
Der Pförtner konnte einem Mann, den er so gut kannte, den Eintritt nicht verwehren. Er öffnete die Tür und ließ Sulla hinein.
Aber dann kam Julia, nicht Gaius Marius.
»Oh, Lucius Cornelius, es ist furchtbar!« sagte sie und wandte sich an einen Diener: »Bring Wein.«
»Ich möchte Gaius Marius sprechen«, sagte Sulla mit zusammengebissenen Zähnen.
»Das geht nicht, Lucius Cornelius. Er schläft.«
»Dann wecke ihn, Julia. Oder ich mache es selbst, das schwöre ich dir!«
Wieder wandte sie sich an einen Diener. »Bitte sage Strophantes, er soll Gaius Marius wecken und ihm mitteilen, Lucius Cornelius wünsche ihn in einer dringenden Angelegenheit zu sprechen.«
»Ist er völlig verrückt geworden?« fragte Sulla und griff nach der Wasserkaraffe. Er war zu durstig für Wein.
»Ich weiß nicht, was du meinst!« sagte Julia trotzig.
»Komm mir nicht damit, Julia! Du bist mit Marius verheiratet. Wenn du ihn nicht kennst, kennt ihn niemand! Er hat absichtlich eine Reihe von Vorfällen inszeniert, die ihm das Kommando des Krieges gegen Mithridates einbringen sollen; er hat die gesetzwidrige Karriere eines Mannes gefördert, der alle alten Bräuche umstoßen will; er hat das Forum in einen Ort heillosen Durcheinanders verwandelt und den Tod des Sohnes von Konsul Pompeius Rufus verschuldet — ganz zu schweigen vom Tode vieler hundert anderer!«
Julia schloß die Augen. »Ich habe keine Macht mehr über ihn«, sagte sie.
»Er ist verrückt geworden«, sagte Sulla.
»Nein, Lucius Cornelius, er ist bei klarem Verstand!«
»Dann ist er nicht der Mann, für den ich ihn gehalten habe.«
»Er will unbedingt gegen Mithridates kämpfen!«
»Und was sagst du dazu?«
Wieder schloß Julia die Augen. »Er sollte zu Hause bleiben und den Krieg dir überlassen.«
Sie hörten Marius kommen und verstummten.
»Worum geht es?« fragte Marius, als er das Zimmer betrat. »Was führt dich zu mir, Lucius Cornelius?«
»Auf dem Forum wird gekämpft«, sagte Sulla.
»Das war dumm«, sagte Marius.
»Sulpicius ist dumm. Er hat dem Senat keinen anderen Ausweg gelassen, als mit dem Schwert um sein Überleben zu kämpfen. Der junge Quintus Pompeius ist tot.«
Marius lächelte, und es war kein schöner Anblick. »Wie schade! Dann hat er nicht gesiegt.«
»Richtig, Marius, sie haben nicht gesiegt. Damit hat Rom am Ende eines langen, bitteren Krieges — und mit der Aussicht auf einen weiteren langen, bitteren Krieg! — rund hundert seiner besten jungen Männer verloren.« Sullas Stimme klang scharf.
»Noch ein langer und bitterer Krieg? Unsinn, Lucius Cornelius! Ich schlage Mithridates in einem einzigen Sommer«, sagte Marius selbstbewußt.
Sulla versuchte es noch einmal. »Gaius Marius, verstehst du denn nicht, daß Rom kein Geld hat? Rom ist bankrott! Rom kann keine zwanzig Legionen ins Feld schicken. Mit dem Krieg gegen die Bundesgenossen hat Rom sich hoffnungslos verschuldet. Das Schatzamt ist leer. Und selbst der große Gaius Marius kann nicht mit fünf Legionen in einem Sommer gegen eine so starke Macht wie Pontos gewinnen!«
»Einige Legionen kann ich aus eigener Tasche bezahlen«, sagte Marius.
Sulla blickte ihn finster an. »Wie Pompeius Strabo? Aber wenn du sie selbst bezahlst, Gaius Marius, gehören sie dir, nicht Rom.«
»Unsinn! Ich werde Rom meine Mittel zur Verfügung stellen.«
»Und über Rom herrschen«, erwiderte Sulla scharf. »Denn du befiehlst deinen Legionen!«
»Geh nach Hause und beruhige dich, Lucius
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