MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Faden zu verlieren drohte, hielt inne und fuhr dann fort: »Der Konsul soll einen Krieg führen, mit dem sich die Zukunft Roms entscheidet. Diesen Krieg muß der beste Mann Roms führen, sonst ist das Ende Roms gekommen. Nun, wer hat den Konsul mit dem Krieg gegen Mithridates von Pontos beauftragt? Wer hat beschlossen, daß er der beste Mann für diese Aufgabe sei? Natürlich der Senat und die heimlichen Machthaber aus dem Ritterstand! Wie immer geben sie einem aus ihrem Kreis die Ehre! Leichtfertig setzen sie die Zukunft Roms aufs Spiel, damit ein patrizischer Adliger das Kleid des Feldherrn anlegen kann! Wer ist denn dieser Lucius Cornelius Sulla? Welche Kriege hat er gewonnen? Kennt ihr ihn überhaupt, ihr Herren von Rom? Nun, ich kann euch sagen, wer er ist! Lucius Cornelius Sulla hat es nur mit Gaius Marius’ Hilfe so weit gebracht! Ohne Gaius Marius hätte er nichts erreicht! Es heißt, er habe den Krieg gegen die Bundesgenossen gewonnen, aber wir wissen alle, daß Gaius Marius den ersten und härtesten Schlag abgewehrt hat — hätte Gaius Marius das nicht getan, dann hätte dieser Sulla nie den Sieg errungen!«
»Wie kann er es wagen!« Der Zensor Crassus schnappte nach Luft. »Du warst es und kein anderer, Lucius Cornelius! Du hast die Krone aus Gras gewonnen! Du hast die Italiker bezwungen!« Er holte tief Atem, um seine Meinung laut zu verkünden, schloß aber den Mund, als Sulla ihn am Arm packte.
»Laß es, Publius Licinius! Wenn wir es jetzt auf ein Wortgefecht ankommen lassen, gehen sie auf uns los und lynchen uns. Ich möchte diese Schweinerei auf legale und friedliche Weise bereinigen.«
Sulpicius war immer noch bei Sulla: »Spricht dieser Lucius Cornelius Sulla zu euch, den Herren Roms? Natürlich nicht! Er ist Patrizier! Zu gut für euresgleichen! Senat und Ritterstand haben einen viel besseren und fähigeren Mann übergangen, nur um diesem ehrenwerten Patrizier das Kommando im Krieg gegen Mithridates zu verschaffen. Sie haben niemand anderen als Gaius Marius übergangen! Angeblich, weil er alt und krank sei! Aber ich frage euch, die Herren Roms: Habt ihr ihn nicht die letzten zwei Jahre Tag für Tag durch die Stadt gehen sehen, habt ihr nicht gesehen, was er alles getan hat, um wieder ganz gesund zu werden? Wie er geübt hat und jeden Tag besser aussah? Gaius Marius ist vielleicht alt, aber nicht mehr krank. Gaius Marius ist immer noch der beste Mann Roms!«
Wieder brach ein Sturm der Begeisterung los, aber diesmal nicht für Sulpicius. Die Menge machte Platz für Gaius Marius, der forsch und ohne Hilfe auf die Mitte des Versammlungsplatzes zuschritt. Sein Junge, auf den er sich sonst stützte, war heute nicht dabei.
»Ich bitte euch, die Herren Roms, meinem vierten Gesetz zuzustimmen!« brüllte Sulpicius und strahlte Gaius Marius an. »Ich schlage vor, das Kommando für den Krieg gegen König Mithridates von Pontos dem hochnäsigen Patrizier Lucius Cornelius Sulla zu entziehen und eurem Mann, Gaius Marius, zu übergeben.«
Sulla hatte genug gehört. Er bat Scaevola Pontifex Maximus und den Jupiterpriester Merula, ihn nach Hause zu begleiten.
Sobald sie in Sullas Arbeitszimmer Platz genommen hatten, fragte Sulla: »Wie gehen wir vor?«
»Warum Lucius Merula und ich?« Scaevola sah ihn fragend an.
»Ihr seid unsere religiösen Führer«, sagte Sulla, »kennt aber auch die Gesetze. Ihr wißt am ehesten, wie man Sulpicius’ Feldzug auf dem Forum so lange hinauszögern kann, bis die Menge ihn — und Sulpicius — satt hat.«
»Eine sanfte Methode«, sagte Merula nachdenklich.
»Sanft wie ein Kätzchen.« Sulla stürzte ein Glas unverdünnten Weines hinunter. »Wenn es zum offenen Kampf auf dem Forum käme, würde er gewinnen. Er ist kein Saturninus! Sulpicius ist viel schlauer. Er will eine gewaltsame Lösung provozieren. Nach meiner Schätzung hat er fast viertausend Männer in seiner Leibwache. Und sie sind bewaffnet. Die Knüppel sieht man, aber unter der Kleidung tragen sie vermutlich auch Schwerter. Wir können unmöglich eine Truppe von Bürgern aufstellen, die ihnen auf so engem Raum wie dem Forum eine Lektion erteilen könnte.« Sulla verstummte und verzog das Gesicht, als habe er einen sauren und bitteren Geschmack im Mund. Seine kalten, hellen Augen starrten ins Leere. »Pontifex Maximus und Jupiterpriester, wenn es sein muß, setzte ich den Berg Pelion auf den Gipfel der Ossa, bevor ich zusehe, wie uns unsere rechtmäßigen Privilegien genommen werden und mir mein Auftrag als
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