MoR 02 - Eine Krone aus Gras
mitbrachten, wurden in der Garnison auf dem Janiculum stationiert, Appius Claudius wurde zum Garnisonskommandanten ernannt. Unglücklicherweise bestand Octavius darauf, den Titel des obersten Garnisonskommandanten sich selbst vorzubehalten, was Appius Claudius als schwere Beleidigung auffaßte. Warum sollte er die ganze Arbeit tun und dann anderen den Ruhm überlassen? Wütend erwog Appius Claudius, zum Gegner überzulaufen.
Auch Publius Servilius Vatia in Gallia Cisalpina war vom Senat benachrichtigt worden. Dort standen zwei frisch rekrutierte Legionen unter Waffen, die eine unter dem Legaten Gaius Coelius in Placentia, die andere unter Vatia weit im Osten in Aquileia. Diese beiden Legionen sollten die italischen Gallier einschüchtern, da Vatia deren wachsenden Unmut über die unbezahlten Kriegsschulden Roms befürchtete, besonders im Gebiet der Stahlindustrie um Aquileia. Als Vatia den Brief des Senats bekam, ließ er Coelius mit seiner Legion von Placentia nach Osten marschieren und machte sich selbst mit seiner Legion nach Rom auf.
Zum Unglück für die »wahre« Regierung Roms traf Vatia unterwegs in Ariminum auf den geächteten Volkstribunen Marcus Marius Gratidianus, der mit einigen Kohorten, die Cinna entbehren konnte, auf der Via Flaminia nach Norden geschickt worden war, um eventuellen Verstärkungen, die der Statthalter von Gallia Cisalpina nach Rom schicken würde, den Weg zu verstellen. Die unerfahrenen Rekruten Vatias waren den Kohorten des Volkstribunen nicht gewachsen, deshalb zog Vatia sich in seine Provinz zurück und gab jeden Gedanken an einen Entsatz Roms auf. Gaius Coelius, der an depressiven Stimmungen litt, hörte eine entstellte Version der Geschehnisse bei Ariminum, schloß daraus, Rom sei verloren, und nahm sich das Leben.
Octavius, Merula und ihre Anhänger in Rom mußten mitansehen, wie sich ihre Position fast stündlich verschlechterte. Gaius Marius kam nun im Eiltempo die Via Campana heraufmarschiert und setzte sich mit seinen Truppen unmittelbar südlich der Garnison auf dem Janiculum fest, und der beleidigte Appius Claudius kollaborierte heimlich mit Marius und ließ ihn in die äußeren Palisaden und Mauern der Festung ein. Daß die Festung nicht vollständig fiel, verdankte sie Pompeius Strabo, der über den Mons Pincius marschierte und Sertorius angriff. Gleichzeitig führten Octavius und der Zensor Publius Crassus eine noch unverbrauchte Freiwilligenstreitmacht über die Holzbrücke des Tiber und retteten die Zitadelle gerade noch rechtzeitig, bevor sie eingenommen wurde. Marius war durch die Disziplinlosigkeit seiner Sklavensoldaten behindert und mußte sich zurückziehen. Der Volkstribun Gaius Milonius wollte ihm helfen und wurde getötet. Publius Crassus und sein Sohn Lucius wurden auf den Janiculum abkommandiert, wo sie ein Auge auf Appius Pulcher haben sollten, der seine Meinung wieder geändert hatte und nun doch an den Sieg der Partei in Rom glaubte. Und als Pompeius Strabo hörte, daß der Angriff auf die Festung abgewehrt sei, zog er seine Legionen wieder von Sertorius ab und marschierte in sein Lager zurück.
Pompeius Strabo war krank. Kaum war er ins Lager zurückgekehrt, als sein Sohn, der nie von seiner Seite wich, ihn ins Bett schickte. Pompeius hatte mitten im Kampfgetümmel Fieber und Durchfall bekommen, und obwohl er weiterhin persönlich den Befehl führte, war seinem Sohn und seinen Legaten klar, daß er den Erfolg auf dem Marsfeld nicht ausnutzen konnte. Der junge Pompeius, der wußte, daß er noch zu jung für das Vertrauen der Truppen aus Picentum war, entschied sich gegen eine Übernahme des Befehls inmitten der schweren Kampfhandlungen.
Drei Tage lang lag der Herr des nördlichen Picenum und der angrenzenden umbrischen Gebiete darnieder und kämpfte gegen schlimme Typhus-Attacken. Sein Sohn und dessen Freund Marcus Tullius Cicero pflegten ihn mit Hingabe, und die Truppen warteten ab, was geschehen würde. In den Morgenstunden des vierten Tages starb Pompeius Strabo, dieser starke und tatkräftige Mann, an Austrocknung und körperlicher Erschöpfung.
Auf Cicero gestützt, ging der Sohn weinend auf dem Vicus sub Aggere unter dem Doppelwall zum Tempel der Venus Libitina, um das Begräbnis seines Vaters zu arrangieren. Wäre Pompeius Strabo in Picenum auf seinen riesigen Ländereien beerdigt worden, wären die Feierlichkeiten in ihrem Ausmaß fast dem Triumphzug eines Feldherrn gleichgekommen. Aber sein Sohn war nicht nur tüchtig, sondern auch klug,
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