MoR 02 - Eine Krone aus Gras
trennte Pompeius Strabo von Sertorius.
Sechzehn Tage warteten Cinnas Truppen hinter den Palisaden ihrer drei Lager auf den Angriff Pompeius Strabos. Cinna hatte automatisch angenommen, Pompeius Strabo würde zuschlagen, bevor Gaius Marius eintraf. Quintus Sertorius, dem der erste Angriff gelten würde, hatte sich auf dem Marsfeld verschanzt. Aber es erfolgte kejn Angriff. Es passierte überhaupt nichts.
Marius stieß auf seinem Weg nach Rom auf keinerlei Widerstand. Auf Betreiben ihres Quästors öffnete die Stadt Ostia die Tore, sobald Marius mit seinem Heer in Sicht kam, und begrüßte den Helden mit offenen Armen. Der Held war davon freilich nicht beeindruckt und ließ sein Heer die Stadt plündern. Dieses Heer bestand größtenteils aus Sklaven und ehemaligen Sklaven — ein Umstand, der Sertorius beim Besuch des alten Feldherrn besonders verstört hatte —, und die Stadt mußte furchtbar leiden. Marius stellte sich blind und taub und machte keinen Versuch, dem Wüten und den Greueltaten seiner buntgemischten Truppe Einhalt zu gebieten. Er konzentrierte sich ganz darauf, die Tibermündung zu sperren, damit keine Getreideschiffe mehr nach Rom fahren konnten. Auch als er sich auf den Weitermarsch auf der Via Campana vorbereitete, tat er nichts, um das Leid Ostias zu lindern.
Das Land hatte ein trockenes Jahr erlebt, und im letzten Winter war im Apennin kaum Schnee gefallen. Der Tiber führte also nur wenig Wasser, und viele der kleinen Bäche, die in ihn mündeten, waren schon lange vor Ende des Sommers ausgetrocknet. Der Herbst begann in diesem Jahr erst Ende Oktober. Es war also noch sehr heiß, als die Armeen in einem Dreiviertelkreis um die Stadt Rom Stellung bezogen. In Africa und Sizilien waren die Ernten zwar eingebracht, aber die Getreideschiffe kamen jetzt erst in Ostia an. Roms Getreidekammern waren praktisch leer.
Nicht lange nach Pompeius Strabos Ankunft an der Porta Collina brachen in seinem Lager Seuchen aus, die sich nicht nur unter seinen Soldaten, sondern auch in der Stadt selbst verbreiteten. Typhus und andere Darmkrankheiten zeigten ihr schreckliches Gesicht, denn das Wasser, das Pompeius Strabos Soldaten tranken, war verseucht. Verantwortlich war dafür dieselbe mangelnde Hygiene, die Quintus Pompeius Rufus schon im Lager bei Arminium zu schaffen gemacht hatte. Als die Quellen in der Stadt auf dem Viminal und dem Quirinal auch verseucht waren, suchten einige Bürger Pompeius Strabo auf und baten ihn, seine Jauchegruben in Ordnung zu bringen. Pompeius Strabo schickte sie mit rüden Worten wieder weg. Zu allem Überfluß stank der ganze Tiber von der milvischen Brücke bis zum Meer nach menschlichem Kot, und im Wasser wimmelte es von Krankheitskeimen, denn der Fluß diente Cinnas drei Lagern und der Stadt nun als Abwasserkanal.
Der Oktober verstrich, ohne daß irgendeine Veränderung in der Position der Heere eingetreten wäre. Konsul Gnaeus Octavius Ruso und Cinnas Vertreter Merula waren der Verzweiflung nahe. Jedesmal, wenn es ihnen gelang, von Pompeius Strabo empfangen zu werden, hatte er einen anderen Grund, warum er noch nicht kämpfen konnte. Octavius und Merula merkten schließlich, daß er nicht kämpfen wollte, weil Cinna ihm zahlenmäßig überlegen war.
Als die Bürger der Stadt erfuhren, daß Marius den Tiber gesperrt hatte und keine Getreideschiffe nach Rom kommen würden, breitete sich Ratlosigkeit unter ihnen aus. Die Konsuln fürchteten das Schlimmste für die Zukunft und überlegten, wie lange sie noch durchhalten konnten, wenn sich Pompeius Strabo weiter weigerte, zu kämpfen.
Schließlich beschlossen Octavius und Merula, unter den Italikern neue Soldaten anzuwerben. Der Senat empfahl den Zenturien ein Gesetz, nach dem die Italiker, die die »wahre« Regierung Roms unterstützten, mit dem vollen Bürgerrecht belohnt werden sollten. Das Gesetz wurde verabschiedet und Herolde wurden durch ganz Italien geschickt, die es verkünden und Freiwillige rekrutieren sollten.
Der Erfolg war gering, denn Cinnas Volkstribunen waren der »wahren« Regierung Roms mehr als zwei Monate zuvorgekommen, und jetzt waren keine Männer mehr verfügbar.
Dann gab Pompeius Strabo zu verstehen, wenn Metellus Pius mit seinen beiden Legionen von Aesernia komme, seien sie gemeinsam stark genug, Cinna und Marius zu schlagen. Also schickten Octavius und Merula eine Abordnung zu Metellus, der vor Aesernia lag, und baten ihn dringend, mit den belagerten Samniten einen Friedensvertrag abzuschließen und
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