MoR 02 - Eine Krone aus Gras
Männer arbeiteten sich in die andere Richtung vor. Drei Stunden später fanden Pompeius’ Männer ihren toten Feldherrn: Er lag vor dem Tempel des Salus auf der Straße.
Ein bezeichnender Ort, dachte Cicero. Vor dem Tempel der Gesundheit.
»Das werde ich nicht vergessen«, sagte Pompeius und starrte auf den nackten und zerfetzten Leichnam seines Vaters hinunter. »Wenn ich Konsul bin und prächtige Gebäude bauen lasse, werde ich auf dem Quirinal nichts bauen!«
Als Cinna vom Tod des Pompeius Strabo hörte, stieß er einen Seufzer der Erleichterung aus. Als er dann hörte, die Leiche des Feldherrn sei durch die Straßen Roms geschleift worden, stieß er einen leisen Pfiff aus. Es stand also nicht zum besten in Rom! Und die Verteidiger der Stadt waren offenbar beim einfachen Volk keineswegs beliebt. Er war zufrieden und rechnete jetzt stündlich mit der Kapitulation der Stadt.
Aber die Kapitulation kam nicht. Octavius hatte offenbar beschlossen, erst dann zu kapitulieren, wenn sich das einfache Volk in einer offenen Revolte erhob.
Quintus Sertorius traf an diesem Tag spät ein, um Cinna zu berichten. Sein linkes Auge war hinter einer blutdurchtränkten Binde verborgen.
»Was ist passiert?« fragte Cinna besorgt.
»Ich habe ein Auge verloren.«
»Oh ihr Götter!«
»Zum Glück ist es nur das linke«, sagte Sertorius gefaßt. »Auf meiner Schwertseite kann ich noch sehen, also dürfte es mich in der Schlacht nicht allzusehr behindern.«
»Setz dich«, sagte Cinna. Er goß Wein ein und musterte Sertorius. Erstaunlich, wie wenig den Legaten aus dem Gleichgewicht bringen könnte. Als Sertorius sich gesetzt hatte, setzte auch Cinna sich und seufzte. »Du hattest übrigens recht, Quintus Sertorius«, sagte er langsam.
»Sprichst du von Gaius Marius?«
»Ja.« Cinna drehte seinen Becher in den Händen. »Ich habe nicht mehr die volle Befehlsgewalt über meine Leute. Die höheren Offiziere gehorchen mir durchaus noch! Aber ich rede von der Mannschaft, den Soldaten. Den Samniten und anderen italischen Freiwilligen. Sie folgen Gaius Marius, nicht mir.«
»Das mußte so kommen. Früher hätte das überhaupt nichts ausgemacht. Es gab keinen gerechteren, weitblickenderen Mann als Gaius Marius. Aber diesen Gaius Marius gibt es heute nicht mehr.« Eine blutige Träne stahl sich unter Sertorius’ Verband hervor und wurde abgewischt. »Jetzt, wo er alt und gebrechlich ist, konnte ihm nichts Schlimmeres passieren als diese Verbannung. Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, daß er sein Interesse an der Befreiung Roms inzwischen nur noch heuchelt. In Wahrheit interessiert er sich nur für seine Rache an denen, die ihn verbannt haben. Er hat sich mit den schlimmsten Legaten umgeben, die ich seit Jahren gesehen habe — Fimbria zum Beispiel! Ein schrecklicher Mensch. Und seine Legion — er nennt sie seine Leibwache und weigert sich zuzugeben, daß sie ein offizieller Teil seines Heeres ist — sie besteht aus so bösartigen und habgierigen Sklaven und Freigelassenen, wie sie sich ein aufständischer siziliani- scher Sklavenführer nur wünschen kann. Aber seinen scharfen Verstand, Lucius Cinna, hat er nicht verloren, selbst wenn seine Moral dahin ist. Er weiß, daß unsere Soldaten ihm gehören! Und ich fürchte, er beabsichtigt, sie zu seinem persönlichen Vorteil zu nutzen und nicht zum Wohl Roms. Ich bin nur aus einem wichtigen Grund hier bei dir und deinen Truppen, Lucius Cinna — ich kann die gesetzwidrige Entlassung eines Konsuls während seines Amtsjahres nicht hinnehmen. Aber ich kann auch nicht zulassen, was Gaius Marius vermutlich vorhat, deshalb ist es durchaus möglich, daß wir beide bald getrennte Wege gehen.«
Cinna dämmerte etwas Entsetzliches. Mit gesträubten Haaren starrte er Sertorius an. »Du meinst, er hat es auf ein Blutbad abgesehen?«
»Das meine ich. Und ich glaube nicht, daß irgendwer ihn davon abhalten kann.«
»Aber das kann er doch nicht tun! Es ist von höchster Wichtigkeit, daß ich Rom als rechtmäßiger Konsul betrete, den Frieden wiederherstelle, weiteres Blutvergießen verhindere und versuche, unser armes Rom wieder auf die Beine zu bringen.«
»Ich wünsche dir alles Gute«, sagte Sertorius trocken und stand auf. »Ich werde auf dem Marsfeld sein, und ich habe die Absicht, auch dort zu bleiben. Meine Männer gehorchen nur mir, darauf kannst du dich verlassen. Und ich unterstütze die Wiedereinsetzung des rechtmäßig gewählten Konsuls! Aber ich unterstütze keine von Gaius
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