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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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werden würde. Ein großer Teil der Schuld, dachte sie, lag bei ihr. Hätte er eine weniger geschäftige und weniger selbständige Frau gehabt, hätte er in den letzten zehn Jahren mehr Zeit zu Hause verbracht und sich auf dem Forum einen Namen machen können. Er war kein Kämpfer, ihr Mann. Wie hätte er es fertigbringen sollen, einen Verrückten um Geld zu bitten, um damit den Wahlkampf für seine Wahl zum Konsul zu betreiben? Das würde er nie tun. Nicht weil er sich fürchtete, sondern weil er zu stolz war. Am Geld des Marius klebte jetzt Blut. Kein ehrlicher Mann würde es annehmen. Und ihr Mann war der ehrlichste Mann der Welt.
    »Gaius Julius«, sagte sie, »wie können wir unserem Sohn helfen? Er haßt sein Amt.«
    »Das ist ja auch verständlich«, antwortete Caesar und seufzte. »Ich werde nie Konsul sein. Und das bedeutet, daß er es sehr schwer haben wird, eines Tages Konsul zu werden. Der italische Krieg hat uns sehr viel Geld gekostet. Wahrscheinlich habe ich die tausend Jugera Land verloren, die ich in Lucania so günstig kaufte. Das Land liegt zu weit von einer Stadt entfernt und kann deshalb nicht als sicher gelten. Nachdem Gaius Norbanus die Lucanier letztes Jahr aus Sizilien hinausdrängte, haben die Aufständischen Landstücke wie das meine in Besitz genommen. Und Rom hat weder Zeit noch Soldaten oder Geld, um sie wieder zu verjagen, und daran wird sich auch zu Lebzeiten unseres Sohnes nichts ändern. Es bleibt also nur meine ursprüngliche Ausstattung übrig, die sechshundert Jugera Land, die Gaius Marius für mich in der Nähe von Bovillae kaufte. Das reicht für die hinteren Bänke im Senat, aber nicht für den cursus honorum. Und genaugenommen hat Gaius Marius mir diese Ländereien wieder weggenommen. Seine Truppen haben sie nämlich gründlich verwüstet, als sie in den letzten Monaten durch Latium zogen.«
    »Ich weiß«, sagte Aurelia traurig. »Unser armer Sohn wird sich also mit seinem Priesteramt bescheiden müssen, oder?«
    »Das fürchte ich.«
    »Er ist fest überzeugt, daß Gaius Marius ihm das absichtlich angetan hat!«
    »Das glaube ich auch«, sagte Caesar. »Ich war auf dem Forum dabei. Gaius Marius triumphierte geradezu.«
    »Dann hat er meinem Sohn schlecht für all die Zeit gedankt, in der dieser ihn nach seinem zweiten Schlaganfall pflegte.«
    »Gaius Marius empfindet keine Dankbarkeit mehr. Mir macht vor allem die Angst von Lucius Cinna Sorgen. Er sagte zu mir, daß sich niemand mehr sicher fühlen könne, nicht einmal Julia und Marius’ Sohn. Und nachdem ich Gaius Marius gesehen habe, glaube ich Cinna.«
    Caesar hatte seine Kleider abgelegt, und Aurelia sah mit leichtem Erschrecken, daß er abgenommen hatte. Seine Rippen und Hüftknochen traten deutlich hervor, seine Schenkel standen weit auseinander.
    »Geht es dir gut, Gaius Julius?« fragte sie abrupt.
    Er schien überrascht. »Natürlich! Ich bin ein wenig müde, aber nicht krank. Wahrscheinlich ist der Aufenthalt in Ariminum schuld daran. Nachdem Pompeius Strabo drei Jahre lang kreuz und quer durch Umbria und Picenum gezogen war, ist dort nur noch sehr wenig übrig, um die Legionen zu ernähren. Marcus Gratidianus und ich mußten alles rationieren, und wenn man die Männer nicht richtig ernähren kann, darf man auch selbst nicht gut essen. Ich habe vermutlich die meiste Zeit damit zugebracht, die Gegend auf der Suche nach Nahrungsmitteln abzureiten.«
    »Dann werde ich dir nur die allerbesten Gerichte vorsetzen lassen«, sagte sie, während ein selten gewordenes Lächeln über ihr verhärmtes Gesicht huschte. »Ich wünschte, die Dinge würden wieder besser! Aber ich habe das schreckliche Gefühl, daß alles nur noch schlimmer wird!« Sie stand auf und begann sich zu entkleiden.
    »Dieses Gefühl habe ich auch, Liebes«, sagte er, setzte sich auf die Bettkante und schwang die Beine ins Bett. Er seufzte zufrieden, verschränkte die Arme unter dem Kopf und lächelte. »Aber solange wir noch am Leben sind, kann man uns wenigstens das hier nicht wegnehmen.«
    Sie schmiegte sich an ihn. Ihr Kopf lag an seiner Schulter, sein linker Arm umfaßte sie. »Und das ist schön«, murmelte sie. »Ich liebe dich, Gaius Julius.«

    In der Morgendämmerung des sechsten Tages seines siebten Konsulats ließ Gaius Marius durch seinen Volkstribunen Publius Popillius Laenas erneut die Volksversammlung einberufen. Nur Marius’ Ardiaier waren anwesend, um der Verhandlung zu folgen. Fast zwei Tage lang hatten sie sich gut benehmen, hatten

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