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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sie die Stadt reinigen müssen und sich nicht mehr sehen lassen dürfen.
    Aber nun war der junge Marius nach Etruria abgereist, und vor der Rostra standen wieder all die Köpfe aufgereiht. Auf der Rostra standen nur drei Männer: Marius selbst, Popillius Laenas und ein Gefangener in Ketten.
    »Dieser Mann«, brüllte Marius, »wollte meinen Tod herbeiführen! Als ich alt und krank aus Italien fliehen mußte, nahm mich die Stadt Minturnae auf. Bis eine Gruppe gekaufter Mörder den Magistrat von Minturnae zwang, meine Hinrichtung anzuordnen. Seht ihr dort meinen guten Freund Burgundus? Burgundus sollte mich erwürgen, als ich in einer Zelle unter dem Kapitol von Minturnae lag! Allein und bedeckt mit Schmutz. Nackt! Ich, Gaius Marius! Der größte Mann in der Geschichte Roms! Der größte Mann, den Rom jemals hervorbringen wird! Ich bin größer als Alexander von Makedonien! Groß, groß, groß!« Er rannte auf der Rostra umher, blickte verwirrt um sich und versuchte sich zu erinnern, was er hatte sagen wollen. Plötzlich grinste er. »Burgundus weigerte sich, mich zu erwürgen. Und die ganze Stadt Minturnae nahm sich an diesem germanischen Sklaven ein Beispiel und weigerte sich, mich hinzurichten. Aber bevor die gedungenen Mörder — ein feiger Haufen, denn sie wagten nicht, Hand an mich zu legen —, Minturnae verließen, fragte ich ihren Anführer, wer sie gedungen habe. >Sextus Lucilius<, sagte er.«
    Marius grinste wieder, spreizte die Beine und machte einige ungeschickte Schritte, was nach seiner Vorstellung ein kleiner Tanz sein sollte. »Als ich zum siebten Mal Konsul wurde — welcher andere Mann war schon siebenmal Konsul von Rom? —, merkte ich, daß Sextus Lucilius glaubte, niemand wisse, daß er die Mörder gedungen habe. Fünf Tage lang war er blöd genug, in Rom zu bleiben, denn er glaubte sich sicher. Aber heute morgen, bevor es hell wurde und bevor er aufstand, sandte ich meine Liktoren in sein Haus und ließ ihn festnehmen. Die Anklage lautet auf Verrat. Er hat versucht, den Tod des Gaius Marius herbeizuführen!«
    Kein Prozeß war jemals kürzer gewesen, nie war Recht so großzügig ausgelegt worden — ohne Beratung, ohne Zeugen, ohne Form und ohne Verfahren befanden die Ardiaier der Volks-
    Versammlung Sextus Lucilius des Verrats schuldig. Dann beschlossen sie, ihn vom Tarpejischen Felsen zu stürzen.
    »Burgundus, ich gebe dir den Befehl, diesen Mann vom Tarpejischen Felsen zu stürzen«, sagte Marius zu dem riesigen Sklaven.
    »Mit Vergnügen, Gaius Marius«, brummte Burgundus.
    Die ganze Versammlung zog daraufhin zu einem Ort, von dem aus die Hinrichtung besser zu sehen war. Marius selbst blieb zusammen mit Popillius Laenas auf der Rostra stehen, die so hoch war, daß sie von hier aus einen hervorragenden Blick über das Velabrum hatten. Sextus Lucilius, der sich weder verteidigt noch eine Regung außer Verachtung gezeigt hatte, ging aufrecht in den Tod. Burgundus, dessen glitzernder goldener Brustpanzer aus der Entfernung gut zu sehen war, führte ihn zum Überhang des Tarpejischen Felsens. Lucilius wartete nicht ab, bis Burgundus ihn in die Tiefe stieß, sondern sprang selbst und hätte beinahe den Germanen mit sich gerissen, denn Burgundus hielt noch immer seine Ketten in der Hand.
    Diese Provokation und die Gefahr, in der Burgundus geschwebt hatte, versetzten Marius in eine furchtbare Wut. Sein Gesicht lief dunkelrot an, und er keuchte und spuckte und brüllte den unglücklichen Popillius Laenas an.
    Das schwache, kleine Licht, das den Verstand des Gaius Marius noch erhellt hatte, erlosch in einem Strom von Blut. Wie vom Schlächterbeil getroffen, stürzte Gaius Marius auf der Rostra zu Boden. Die Liktoren drängten sich um ihn, Popillius Laenas rief verzweifelt nach einer Bahre oder Sänfte. Und die Köpfe der alten Rivalen und Feinde des Marius umringten seinen reglosen Körper — die Zähne gefletscht in grinsenden Schädeln, denn die Vögel hatten ihr Festmahl beendet.
    Cinna, Carbo, Marcus Gratidianus, Magius und Vergilius rannten die Senatstreppe herab, stießen die Liktoren beiseite und versammelten sich um den gefallenen Körper des Gaius Marius.
    »Er atmet noch«, stellte sein adoptierter Neffe Gratidianus fest.
    »Leider«, murmelte Carbo leise.
    »Bringt ihn nach Hause«, befahl Cinna.
    Inzwischen hatten die Sklaven der Leibwache von der Katastrophe erfahren und sich am Fuß der Rostra versammelt. Alle weinten; einige klagten auf fremdländische Weise.
    Cinna wandte sich an den

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