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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Bluts in der Familie des Königs von Kappadokien.«
    »Aber inwiefern bist du davon betroffen?«
    »Nun, mein Schwiegervater — das heißt einer meiner Schwiegerväter — stammt aus Kappadokien. Prinz Gordios. Und meine Schwester war die Mutter des verstorbenen siebten Ariarathes und seines kleinen Bruders, der noch lebt. Dieser jüngere Sohn ist jetzt natürlich rechtmäßiger König, und ich bin verpflichtet, dafür zu sorgen, daß Kappadokien von rechtmäßigen Königen regiert wird.«
    »Ich wußte gar nicht, daß Ariarathes einen jüngeren Bruder hat, König«, sagte Marius freundlich.
    »O doch. Unzweifelhaft.«
    »Du mußt mir genau berichten, was geschehen ist.«
    »Nun, im Monat Boedromion erreichte mich in Dasteira ein Hilfegesuch. Ich rief natürlich mein Heer zu den Waffen und marschierte nach Eusebeia Mazaka. Niemand war hier, und der König war tot. Sein kleiner Bruder war zu den Höhlenbewohnern geflohen. Ich besetzte die Stadt, und dann tauchte der syrische Prätendent mit seinem Heer auf.«
    »Wie hieß er?«
    »Seleukos«, sagte Mithridates, ohne zu zögern.
    »Na, gewiß ein guter Name für einen syrischen Thronprätendenten!« meinte Marius.
    Aber so offenkundig die Ironie war, Mithridates schien sie nicht zu bemerken. Er hatte nicht das Sprachgefühl eines Griechen oder Römers, und wahrscheinlich lachte er kaum jemals. Er ist uns viel fremder als Jugurtha von Numidien, dachte Marius — vielleicht nicht so intelligent, aber weit gefährlicher. Jugurtha hatte viele seiner nahen Blutsverwandten getötet, dabei aber immer gewußt, daß ihn die Götter zur Rechenschaft ziehen konnten. Mithridates dagegen hielt sich selbst für einen Gott und kannte weder Schuld noch Schamgefühl. Marius hätte gerne mehr über ihn und das Königreich Pontos gewußt. Das wenige, was Nikomedes ihm erzählt hatte, taugte nichts. Nikomedes kannte Mithridates nicht wirklich.
    »Und du hast diesen syrischen Prätendenten Seleukos also gestellt und besiegt.«
    »So war es.« Der König schnaubte verächtlich. »Erbärmliches Pack! Wir haben sie fast bis zum letzten Mann abgeschlachtet.«
    »Das habe ich schon gesehen«, sagte Marius trocken und beugte sich vor. »Sag mir, König Mithridates, ist es in Pontos nicht Brauch, die Toten einer Schlacht zu bestattten?«
    Der König zwinkerte irritiert, da er merkte, daß die Frage mißbilligend gemeint war. »Zu dieser Jahreszeit? Wozu? Bis zum Sommer sind sie verwest.«
    »Ach so.« Marius saß aufrecht auf seinem Stuhl, weil Römer auf Stühlen immer so saßen und die Toga nicht viel Bewegungsfreiheit ließ. Jetzt legte er die Hände auf die Seitenlehnen des Stuhls. »Ich würde gern König Ariarathes den Achten sehen, wenn das denn nun sein Titel ist. Wäre das möglich, König?«
    »Aber ja, natürlich«, rief der König gutgelaunt und klatschte in die Hände. »Laß den König und Prinz Gordios holen«, befahl er, als der alte Mann hereinschlurfte. Dann sagte er zu Marius: »Vor zehn Tagen habe ich meinen Neffen und Prinz Gordios bei den Höhlenbewohnern gefunden, wohin sie sich in Sicherheit gebracht hatten.«
    »Wie schön«, sagte Marius.
    Prinz Gordios trat ein; an der Hand führte er ein etwa zehnjähriges Kind. Er selbst war ein Mann in den Fünfzigern. Beide waren griechisch gekleidet und blieben ehrerbietig am Fuß des Podestes stehen, auf dem Marius und Mithridates saßen.
    »Nun, junger Mann, wie geht es dir?« fragte Marius.
    »Danke, gut, Gaius Marius«, sagte das Kind. Es sah König Mithridates so ähnlich, daß es für ein Porträt von Mithridates als zehnjähriger Junge hätte Modell sitzen können.
    »Wie ich höre, ist dein Bruder gestorben.«
    »Ja, Gaius Marius. Er starb vor zwei Monaten an einer unheilbaren Krankheit hier im Palast«, sagte der kleine Papagei.
    »Und nun bist du König von Kappadokien?«
    »Ja, Gaius Marius.«
    »Gefällt dir das?«
    »Ja, Gaius Marius.«
    »Bist du denn alt genug zum Regieren?«
    »Großvater Gordios wird mir helfen.«
    »Großvater?«
    Gordios lächelte, was kein besonders schöner Anblick war. »Ich werde von der ganzen Welt Großvater genannt, Gaius Marius«, sagte er seufzend.
    »Aha. Ich danke dir für diese Audienz, König Ariarathes.«
    Der Junge und der ältere Mann verneigten sich huldvoll und gingen hinaus.
    »Ein guter Junge, mein Ariarathes«, sagte Mithridates mit tiefer Genugtuung.
    »Dein Ariarathes?«
    »Bildlich gesprochen, Gaius Marius.«
    »Er sieht dir sehr ähnlich.«
    »Seine Mutter war meine

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