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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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am Berghang am anderen Ende der Stadt etwas, das wie ein Palast aussah. Das Gebäude war offenbar aus einem weichen oder leichten Stein gebaut, der der Wucht der hiesigen Winterwinde nicht standhalten konnte, denn es war verputzt und dann tiefblau angemalt worden. Die Säulen leuchteten rot und hatten dunkelrot und gold angemalte ionische Kapitelle.
    Da! dachte Marius. Dort wird er sein! Er lenkte sein Pferd eines der gewundenen Gäßchen hinauf, bis er vor dem Palast anlangte, der von einer blaubemalten Mauer umgeben war und inmitten kahler, frostiger Gärten stand. Der Frühling kommt spät nach Kappadokien, dachte Marius, und er bedauerte den jungen König Ariarathes, zu dem der Frühling nie mehr kommen würde. Die Einwohner von Mazaka versteckten sich offenbar, denn die Straßen waren menschenleer, und als Marius an das Tor kam, das in den Palastbezirk führte, war es unbewacht. Er fühlte sich wirklich sicher, der König von Pontos!
    Marius ließ sein Pferd und seine Begleiter am Fuß der Treppe zurück, die zum Portal des Palastes aus getriebener Bronze hinaufführte. In die Bronze waren Reliefs eingearbeitet, die mit drastischem Realismus den Raub der Persephone durch Hades darstellten. Marius hatte Zeit, sich die abstoßend-groteske Darstellung in allen Einzelheiten anzusehen, während er darauf wartete, daß jemand auf sein donnerndes Klopfen antworten würde. Schließlich ertönte ein Knirschen und Quietschen, und zögernd öffnete sich ein Flügel des Portals.
    »Ja, ja, ich habe dich gehört! Was willst du?« fragte ein uralter Mann auf Griechisch.
    Marius mußte sich beherrschen, nicht in Lachen auszubrechen, und so klang seine Stimme zittrig und wenig respektheischend. »Ich bin Gaius Marius, Konsul aus Rom. Ist König Mithridates da?«
    »Nein«, sagte der uralte Mann.
    »Erwartest du ihn?«
    »Noch vor Einbruch der Dunkelheit, ja.«
    »Gut!« Marius schob die Tür auf, winkte seinen Begleitern am Fuß der Treppe, ihm zu folgen, und betrat den hinter der Tür liegenden riesigen Raum, der offenbar als Thron- oder Audienzsaal diente. »Ich brauche Unterkunft für mich und diese drei Männer. Unsere Pferde stehen draußen und müssen versorgt werden. Für mich ein heißes Bad. Sofort.«

    Als die Nachricht von der bevorstehenden Ankunft des Königs kam, schritt Marius, in seine Toga gehüllt, zum Portal des Palastes und wartete dort allein auf der obersten Stufe. Durch die Straßen der Stadt sah er eine Abteilung aus mehreren hundert Reitern im Schritt herankommen. Bewaffnung und Pferde waren gut. Die roten Rundschilde der Reiter waren mit einem weißen Halbmond geschmückt, der einen weißen, achtzackigen Stern umschloß. Die Männer trugen rote Umhänge über einfachen silbernen Harnischen. Ihre spitz zulaufenden Helme waren nicht mit Federn oder Pferdeschweifen geschmückt, sondern mit goldenen Halbmonden, die goldene Sterne umschlossen.
    Der König führte den Trupp nicht an, und es war unmöglich, ihn unter seinen Männern zu erkennen. Die Bewachung des Palastes war ihm offensichtlich egal, solange er nicht da war, dachte Marius, aber mit der Bewachung seiner Person nahm er es jedenfalls sehr genau. Der Trupp kam durch das Tor in der Mauer. Marius erkannte am Getrappel der Pferde, daß ihre Hufe nicht beschlagen waren. Offensichtlich gab es in Pontos nicht genügend Hufschmiede. Der Römer war deutlich zu sehen, wie er in seiner purpurgesäumten Toga majestätisth über den Reitern stand.
    Die Reiter teilten sich, und König Mithridates Eupator ritt auf einem großen Braunen zum Fuß der Treppe. Sein Umhang war purpurrot, ebenso sein von einem Knappen getragener Schild, der mit denselben Insignien — Halbmond und Stern — geschmückt war wie die Schilde seiner Männer. Einen Helm trug der König jedoch nicht; statt dessen steckte sein Kopf in einem Löwenfell. Die langen oberen Reißzähne des Tieres drückten sich in die Brauen des Königs, die Ohren standen steif nach oben. Die Augenhöhlen des Löwen glotzten wie mattschwarze Tümpel. Unter dem goldverzierten Brustharnisch und dem Ende seines Rockes sahen der untere Rand und die Ärmel eines vergoldeten Kettenhemdes hervor, und an den Füßen trug Mithridates wunderschön gearbeitete griechische Stiefel aus Löwenfell, die mit goldenen Schnüren zusammengehalten wurden und deren überhängende Zungen mit goldmähnigen Löwenköpfen geschmückt waren.
    Mithridates stieg ab und sah vom Fuß der Treppe zu Marius hinauf — eine Stellung, die ihm

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