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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zurückgekehrt.
    »Und der kleine Ariarathes? Ist er mit König Mithridates gereist oder ist er noch hier?«
    »Er ist hier, Gaius Marius. Sein Vater hat ihn zum König von Kappadokien gemacht, also muß er hierbleiben.«
    »Sein Vater?« fragte Marius scharf.
    »König Mithridates«, sagte der uralte Mann in aller Unschuld.
    Das war es also! Der Junge war nicht der Sohn Ariarathes’ VI., sondern der Sohn des Mithridates. Schlau, aber nicht schlau genug.
    Gordios verabschiedete ihn lächelnd und mit vielen Verbeugungen. Von dem kleinen König war nichts zu sehen.
    »Du bist also der Regent«, sagte Marius. Er stand neben seinem neuen Pferd, einem viel besseren Tier als dem, auf dem er von Tarsos gekommen war. Auch seine Begleiter waren jetzt besser beritten.
    »Bis König Ariarathes Eusebes Philopator alt genug ist, allein zu regieren, Gaius Marius.«
    »Philopator«, sagte Marius schmunzelnd. »Der seinen Vater liebt. Glaubst du, er wird seinen Vater vermissen?«
    Gordios riß die Augen auf. »Seinen Vater vermissen? Sein armer Vater starb, als er noch ein Säugling war.«
    »Nein, Ariarathes der Sechste ist schon so lange tot, daß er diesen Jungen gar nicht gezeugt haben kann. Ich bin kein Narr, Prinz Gordios. Richte das auch deinem Herrn und Meister Mithridates aus. Sag ihm, daß ich weiß, wessen Sohn der neue König von Kappadokien ist. Und daß ich ihn nicht vergessen werde.« Er stieg auf sein Pferd. »Ich vermute auch, daß du nicht allgemein Großvater genannt wirst, sondern der Großvater des Jungen bist. Ich habe die Dinge nur deshalb auf sich beruhen lassen, weil wenigstens die Mutter des Jungen kappadokisch ist — sie ist wohl deine Tochter.«
    Selbst Gordios, Mithridates’ treuester Gefolgsmann, sah keinen Sinn mehr in weiterer Verstellung. Er nickte. »Meine Tochter ist die Königin von Pontos, und ihr ältester Sohn wird der Nachfolger von König Mithridates sein. Ich sehe mit Freude, daß der Junge mein Land regieren wird. Er — oder vielmehr seine Mutter — ist der letzte meiner Linie.«
    »Du bist kein königlicher Prinz, Gordios«, sagte Marius verächtlich. »Vielleicht bist du ein Kappadokier, aber den Titel Prinz hast du dir wohl selbst verliehen. Damit ist auch deine Tochter nicht die letzte irgendeiner >Linie<. Richte König Mithridates aus, was ich gesagt habe.«
    »Das werde ich, Gaius Marius«, sagte Gordios, ohne beleidigt zu sein.
    Marius wendete sein Pferd, dann hielt er noch einmal an und sah zurück. »Ach, eins noch! Laß die Toten auf dem Schlachtfeld begraben, Gordios! Wenn ihr Orientalen euch den Respekt der zivilisierten Menschen verdienen wollt, müßt ihr euch auch wie zivilisierte Menschen benehmen. Man läßt nach einer Schlacht nicht Tausende von Leichen herumliegen, bis sie verwest sind, auch wenn es Feinde sind, die man verachtet. Gute Soldaten tun das nicht, nur Barbaren. Genau das ist dein Herr und Meister freilich meiner Ansicht nach — ein Barbar. Lebe wohl.« Und er ritt weg, gefolgt von seinen Reisebegleitern.
    Gordios bewunderte Marius’ Unverfrorenheit keineswegs, aber er bewunderte auch Mithridates nicht wirklich. Also ließ er sich mit Genugtuung sein eigenes Pferd bringen und ritt los, um den König einzuholen, bevor er Mazaka verließ. Jedes Wort würde er ausrichten! Und die Wirkung beobachten. Seine Tochter war die neue Königin von Pontos, sein Enkel Pharnakes der Erbe des pontischen Thrones. Ja, es stand nicht schlecht für Gordios, der, wie Marius scharfsinnig geraten hatte, kein Prinz des alten kappadokischen Königsgeschlechts war. Sobald der kleine König, der Sohn des Mithridates, allein regieren wollte — wobei sein Vater ihn zweifellos unterstützen würde —, würde Gordios sich das Tempelkönigreich der Ma in Komana geben lassen, in einem kappadokischen Tal zwischen den Oberläufen der Flüsse Sanas und Pyramis. Dort würde er, als Priesterkönig mit umfassender Macht ausgestattet, in Sicherheit und Überfluß leben können.
    Er holte Mithridates am nächsten Tag ein. Der König lagerte am Ufer des Halys, unweit von Mazaka. Gordios berichtete Wort für Wort, was Gaius Marius gesagt hatte. Der König wurde sehr zornig, sagte aber kein Wort. Nur seine Augen traten ein wenig hervor, und er ballte wiederholt die Fäuste.
    »Und«, sagte er schließlich, »hast du das Schlachtfeld aufgeräumt?«
    Gordios schluckte, da er nicht wußte, welche Antwort der König hören wollte. Er riet falsch. »Natürlich nicht, großer König.«
    »Was suchst

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