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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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zusammengestellt, deren Aufgabe es sein wird, jede Stadt auf der Halbinsel aufzusuchen, um einen ordentlichen Zensus durchzuführen. Ich bin ganz einverstanden damit, aber viele andere mißbilligen das Unternehmen. Sie halten die alte Methode für besser — die Bürger auf dem Land von den Duumvirn der Städte und die Bürger der Provinzen von den jeweiligen Statthaltern schätzen zu lassen. Aber Antonius und Flaccus bestehen darauf, ihre Methode sei besser, und nun wird es nach ihrem Willen geschehen. Aber ich denke, in den Provinzen werden die Bürger trotzdem vomjeweiligen Statthalter geschätzt werden müssen. Böse Zungen behaupten natürlich, die neuen Ergebnisse werden sich von den alten nicht unterscheiden.
    Nun noch ein wenig Klatsch aus der Provinz. Du befindest Dich zwar selbst in dieser Ecke der Welt, hast es aber vielleicht nicht mitbekommen. Antiochos VIII. von Syrien, genannt Grypos die Habichtsnase, ist von seinem Vetter — oder war es sein Onkel? Oder sein Halbbruder? — Antiochos IX. von Syrien, genannt Kyzikenos, ermordet worden. Woraufhin Grypos’ Frau Kleopatra Selene von Ägypten prompt seinen Mörder Kyzikenos heiratete! Wie viele Tränen hat sie zwischen dem Tod ihres Gatten und ihrer erneuten Heirat vergossen, frage ich mich? Immerhin bedeutet das zumindest vorerst, daß Nordsyrien von nur einem König beherrscht wird.
    Von größerem Interesse für Rom ist der Tod eines Ptolemäers. Ptolemaios Apion, unehelicher Sohn des schrecklichen alten Ptolemaios Dickbauch von Ägypten, ist gerade in Kyrene gestorben. Er war, wie Du Dich vielleicht erinnerst, der König von Kyrene. Aber er starb ohne Thronfolger. Und — das hättest Du nie erraten! — er vermachte das Königreich Kyrene Rom! Der alte Attalos von Pergamon hat geradezu eine Mode begründet. Was für eine angenehme Art, zur Weltherrschaft zu gelangen, Gaius Marius. Alles vererbt zu bekommen!
    Ich hoffe sehr, daß Du dieses Jahr nach Rom zurückkehrst! Rom ist ohne Dich ein einsamer Ort, und ich kann mich nicht einmal mehr über Schweinebacke ärgern. Übrigens geht ein ganz seltsames Gerücht um — Schweinebacke sei vergiftet worden! Die Quelle des Gerüchts ist kein anderer als der Modearzt vom Palatin, Apollodorus Siculus. Als Schweinebackes Krankheit ausbrach, wurde Apollodorus gerufen. Offenbar hat ihn Metellus’ Tod nachdenklich gemacht, denn er verlangte eine Autopsie. Das Ferkel verweigerte sie ihm, und sein Papa wurde verbrannt. Die Asche kam in ein fürchterlich protziges Grabmal. All das ist schon viele Monate her. Aber unser kleiner sizilianischer Grieche hat Untersuchungen angestellt und beharrt nun darauf, Schweinebacke habe ein giftiges Gebräu aus zerstoßenen Pfirsichkernen getrunken! Das Ferkel sagt mit Recht, niemand habe ein Motiv gehabt, seinen Vater zu vergiften, und droht, Apollodorus vor Gericht zu bringen, wenn er weiterhin behauptet, Schweinebacke sei vergiftet worden. Niemand — nicht einmal ich! — glaubt, das Ferkel selbst habe seinen Vater umgebracht, und wer soll es dann getan haben, frage ich Dich?
    Zum Schluß noch einen köstlichen Leckerbissen, dann lasse ich Dich in Frieden. Familientratsch, der allerdings zum Stadtgespräch geworden ist. Meine Nichte wurde, nachdem ihr Mann vom Ausland heimgekehrt war und sah, daß sein neuer Sohn hellrote Haare hatte, wegen Ehebruchs geschieden!
    Weitere Einzelheiten hierzu erfährst Du, sobald Du in Rom bist. Ich werde den Seelaren ein Opfer für Deine wohlbehaltene Heimkehr bringen.
    Marius ließ den Brief fallen, als ob er sich die Finger daran verbrannt hätte, und sah seine Frau an. »Na, was hältst du von dieser Neuigkeit?« fragte er. »Dein Bruder Gaius hat sich wegen Ehebruchs von Aurelia scheiden lassen! Offenbar hat sie noch ein Kind bekommen — einen Jungen mit hellroten Haaren! Oh weh! Dreimal darfst du raten, wer der Vater ist!«
    Julia war sprachlos, und zwar ganz wörtlich. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte. Hellrot schoß ihr das Blut vom Hals zur Stirn hinauf. Ihre Lippen wurden schmal. Dann begann sie, den Kopf zu schütteln, und sie schüttelte ihn so lange, bis sie endlich Worte fand. »Das ist nicht wahr! Es kann nicht wahr sein! Ich glaube es nicht!«
    »Aber ihr eigener Onkel sagt es. Hier.« Marius warf ihr den letzten Teil des Briefes in den Schoß.
    Sie nahm die Schriftrolle und machte sich daran, die endlose, ununterbrochene Reihe von Buchstaben in Worte zu zerlegen, die sie leise vor sich hinmurmelte. Ihre Stimme klang hohl

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