MoR 02 - Eine Krone aus Gras
starb!«
»Wir wissen doch beide warum«, erwiderte Drusus geduldig und wünschte sich wieder einmal, daß Caepio wenigstens ein wenig mehr Grips im Kopf hätte. »Die Männer, die die Volksversammlung beherrschen, verzeihen einem vornehmen Adligen vieles, besonders wenn etwas Gras über die Sache gewachsen ist. Aber das Gold von Tolosa war etwas Einzigartiges! Und es verschwand aus der Obhut deines Vaters. Mehr Gold als Rom in seinen Schatzkammern hat! Die Leute hier glauben nun einmal, daß dein Vater den Schatz geraubt hat, und seither haben sie einen Haß auf ihn, der mit Recht, Gerechtigkeit und Patriotismus nichts mehr zu tun hat.« Drusus setzte sich wieder in Bewegung, und Caepio folgte ihm. »Denk bitte noch einmal gründlich darüber nach, Quintus! Wenn der Betrag, den du nach Rom mitbringst, auch nur zehn Prozent soviel wert ist wie das Gold von Tolosa, wird ganz Rom behaupten, dein Vater habe den Schatz wirklich gestohlen und du hättest sein Erbe angetreten.«
Caepio mußte lachen. »Das werden sie ganz bestimmt nicht!« versicherte er. »Ich habe alles gründlich durchdacht, Marcus. Ich habe Jahre gebraucht, um das Problem zu lösen, aber jetzt habe ich es gelöst. Glaube mir!«
»Und wie hast du es gelöst?« fragte Drusus skeptisch.
»Erstens wird keiner außer dir wissen, wo ich bin und was ich dort mache. Rom und sogar Livia Drusa und Servilia Caepionis werde ich im Glauben lassen, daß ich meine Besitzungen in Gallia Transpadana inspiziere. Das habe ich schon seit Monaten angekündigt, so daß niemand überrascht sein oder Fragen stellen wird. Warum sollten sie auch? Schließlich habe ich doch jedem, der es hören wollte oder auch nicht, des langen und breiten erzählt, daß ich Städte gründen will, in denen es lauter Gießereien gibt, die von Pflugscharen bis zu Kettenpanzern alles herstellen. Und da ich an diesem Projekt nur als Landbesitzer interessiert bin, kann niemand meine Integrität als Senator in Zweifel ziehen. Ich überlasse die Führung der Gießereien anderen und begnüge mich selbst mit dem Besitz der Städte!«
Caepio klang so engagiert, daß Drusus, der nur wenig von den Plänen seines Schwagers mitbekommen hatte, weil er ihm nicht zugehört hatte, ihn nun völlig verdutzt anstarrte.
»Das klingt ja, als ob es dir damit wirklich ernst wäre«, meinte er.
»Aber sicher doch! Diese Städte sind nur eines der Projekte, in die ich das Geld aus Smyrna investieren werde. Da ich meine Investitionen auf römischem Territorium und nicht in Rom selbst tätigen werde, wird das Geld nicht durch die städtischen Finanzkanäle fließen. Ich glaube auch nicht, daß die Finanzbehörden so schlau sind oder auch nur die Zeit haben, nachzuprüfen, was und wieviel ich in Geschäfte weit weg von Rom investiere.«
Drusus war überrascht. »Quintus Servilius, du erstaunst mich! Eine derartige Raffinesse hätte ich dir gar nicht zugetraut!«
»Das dachte ich mir«, entgegnete Caepio selbstzufrieden und zerstörte damit sofort den guten Eindruck, den er bei seinem Schwager gemacht hatte. »Ich muß jedoch zugeben, daß mir mein Vater kurz vor seinem Tod in einem Brief genaue Instruktionen gegeben hat, was ich mit dem Geld anfangen soll. Denn es liegt wirklich eine ganz beträchtliche Summe in Smyrna.«
»Das kann ich mir vorstellen«, meinte Drusus trocken.
»Aber es ist nicht das Gold von Tolosa!« rief Caepio verzweifelt und warf die Arme in die Höhe. »Es handelt sich um das Vermögen meines Vaters und meiner Mutter, und mein Vater war klug genug, es vor seiner Verurteilung beiseite zu schaffen, was ihm ja auch gelungen ist, trotz der Versuche dieses eingebildeten Bastards Norbanus, das zu verhindern. Es hat Norbanus nichts genutzt, meinen Vater nach der Verhandlung ins Gefängnis zu werfen und von dort aus direkt in die Verbannung zu schicken. Im Lauf der Jahre haben wir von dem Geld immer wieder etwas nach Rom transferiert, aber immer nur so viel, daß es nicht auffiel. Deshalb lebe ich ja auch, wie du selbst weißt, äußerst bescheiden.«
»Oh ja, das weiß ich sehr gut.« Drusus beherbergte seinen Schwager und dessen Familie seit der Verurteilung von Caepios Vater in seinem Haus. »Eins ist mir aber immer noch nicht klar. Warum läßt du dem Vermögen nicht einfach in Smyrna?«
»Das geht nicht«, erwiderte Caepio. »Mein Vater hat gesagt, das Geld sei in Smyrna nicht für immer sicher — und auch nicht in einer anderen Stadt der Provinz Asia wie beispielsweise Cos oder Rhodus, wo
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