MoR 02 - Eine Krone aus Gras
es die dazu nötigen Bankeinrichtungen gibt. Er hat gesagt, die Provinz Asia würde gegen Rom revoltieren. Die Steuereintreiber hätten Rom bei der ganzen Bevölkerung verhaßt gemacht. Er hat gesagt, früher oder später würde die gesamte Provinz sich erheben.«
»Falls das geschieht, haben wir sie schnell wieder zurückerobert«, meinte Drusus.
»Das weiß ich auch! Aber in der Zwischenzeit wäre das Gold und das Silber und die Münzen und die anderen Schätze in der Provinz Asia kaum sicher, oder? Mein Vater sagte, die Rebellen würden als erstes die Tempel und Banken plündern.«
Drusus nickte. »Damit hatte er vermutlich recht. Deshalb willst du also dein Geld woandershin schaffen. Aber nach Gallia Cisalpina?«
»Nur einen Teil. Einen anderen Teil bringe ich nach Campania. Und einen Teil nach Umbrien und Etrurien. Dann kommt noch etwas nach Massilia, nach Utika und nach Gades. Bis zum westlichen Ende des Mittelmeers.«
»Warum sagst du mir nicht die Wahrheit, Quintus, wenigstens mir, deinem zweifachen Schwager?« Drusus klang überdrüssig. »Deine Schwester ist meine Frau, und meine Schwester ist deine Frau. Wir sind so aneinander gekettet, daß wir niemals unabhängig voneinander sein werden. Gib es wenigstens mir gegenüber zu! Es ist das Gold von Tolosa!«
»Ist es nicht! Es ist nicht das Gold von Tolosa!« beharrte Quintus Servilius Caepio.
Alter Dickkopf, dachte Marcus Livius Drusus und ging voraus in den Säulengarten seines Hauses, der schönsten Villa von Rom. So dick wie Brei, den man zu lange gekocht hat. Und doch... Da saß der junge Caepio nun auf 15 000 Talenten Gold, die sein Vater vor acht Jahren von Spanien nach Smyrna geschmuggelt hatte, nachdem es angeblich auf dem Transport von Tolosa nach Narbo von Germanen geraubt worden war. Eine Kohorte gut ausgebildeter römischer Soldaten war bei der Verteidigung des Goldzuges umgekommen. Hatte Caepio deswegen ein schlechtes Gewissen? Hatte sein Vater, der das Massaker eingefädelt haben mußte, ein schlechtes Gewissen? Mitnichten! Die beiden interessierte nur ihr kostbares Gold. Sie gehörten zur Familie der Servilii Caepiones, der Midasse Roms. Nur das Wort »Gold« riß sie aus ihrem geistigen Dämmerzustand.
Man schrieb den Januar des Jahres, in dem Gnaeus Cornelius Lentulus und Publius Licinius Crassus Konsuln waren. Die Lotus- bäume im Garten von Livius Drusus waren kahl, aber die von Myron geschaffenen Statuen und Fontänen des herrlichen Bassins waren dank des über ein Röhrensystem zugeführten warmen Wassers noch in Betrieb. Die Gemälde von Apelles, Zeuxis, Timanthes und anderen hatte Drusus Anfang des Jahres von der Hinterwand der Säulenhalle entfernen und an einen sicheren Ort bringen lassen, denn die beiden Töchter Caepios hatten von zwei Künstlern, die die Fresken im Atrium restauriert hatten, Farbe stibitzt und die kostbaren Gemälde damit beschmiert. Die beiden Mädchen hatten zwar zur Strafe eine tüchtige Portion Prügel bezogen, aber Drusus hielt es dennoch für ratsam, sie nicht noch einmal in Versuchung zu führen. Die Farbkleckse der beiden Gören waren noch frisch und ließen sich daher leicht wieder entfernen. Und noch einen Grund zur Vorsicht gab es: Er konnte nicht sicher sein, auf welche dummen Gedanken sein kleiner Sohn noch kommen würde, wenn er ein bißchen älter war. Unbezahlbare Kunstschätze durfte man in einem Haus, in dem Kinder lebten, eben nicht ausstellen. Außerdem würde es in seinem Haus sicher noch mehr Nachwuchs geben.
Er selbst hatte inzwischen eine Familie gegründet, wenn auch nicht in der von ihm gewünschten Art und Weise. Er und Servilia Caepionis schienen keine Kinder zeugen zu können, deshalb hatten sie vor zwei Jahren den jüngsten Sohn des Tiberius Claudius Nero adoptiert. Tiberius Claudius Nero, einer der vielen verarmten Angehörigen des weitverzweigten Geschlechts der Claudier, war entzückt darüber, daß sein jüngstes Kind das Erbe des wohlhabenden Livius Drusus antreten würde. Normalerweise adoptierte man lieber den ältesten Sohn einer Familie, um sicher zu gehen, daß das Kind geistig und körperlich gesund, von angenehmem Wesen und einigermaßen intelligent war. Aber Servilia Caepionis sehnte sich so sehr nach einem Baby, daß sie unbedingt ein Baby adoptieren wollte. Und Marcus Livius Drusus, der seine Frau im Lauf ihrer Ehe lieben gelernt hatte, gab nach. Seine eigenen Befürchtungen suchte er dadurch zu beschwichtigen, daß er der Mater Matuta eine großzügige Spende
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