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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Osca.«
    »Und wie geht es seiner eigenen germanischen Frau und den Zwillingsjungen?«
    Marius zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Er spricht nie von ihnen.«
    Einen Augenblick sprach niemand, und Julia starrte aus dem Fenster. Dann sagte sie: »Mir wäre wohler, wenn er von ihnen sprechen würde. Irgendwie ist es nicht natürlich. Ich weiß, daß sie keine Römer sind und er sie nicht mit nach Rom bringen kann. Aber er muß doch trotzdem irgendwelche Gefühle für sie haben!«
    Marius zog es vor, dazu keinen Kommentar abzugeben. »Der Brief von Publius Rutilius ist lang und voller Neuigkeiten.«
    »Ist er für meine Ohren geeignet?«
    Marius lachte. »Außerordentlich geeignet! Besonders der Schluß.«
    »Dann lies vor, Gaius Marius, lies vor!«
    Grüße aus Rom, Gaius Marius. Ich schreibe dies im neuen Jahr, nachdem mir ein schneller Transport meines Briefes zugesichert wurde, und zwar von Quintus Granius aus Puteoli. Hoffentlich bekommst Du ihn in Halikarnassos. Wenn nicht, wirst Du ihn früher oder später an einem anderen Ort bekommen.
    Es wird Dich freuen zu hören, daß Quintus Mucius die drohende Anklage abwenden konnte, was er erstens seiner Redekunst im Senat zu verdanken hat und zweitens den Reden seines Vetters Crassus Orator und des Senatsvorsitzenden Scaurus persönlich. Scaurus ist mit allem einverstanden, was Quintus Mucius und ich in der Provinz Asia unternommen haben. Wie erwartet war es schwieriger, mit dem Schatzamt fertigzuwerden, als mit den Steuerpächtern. Eines muß man den römischen Geschäftsleuten lassen, sie haben — wen wundert es? — einen ausgeprägten Geschäftssinn, und unsere neuen Abmachungen für die Provinz Asia lassen viel Spielraum für gute Geschäfte. Geschimpft haben hauptsächlich die Kunstsammler, allen voran Sextus Perquitienus. Die Alexanderstatue, die er aus Pergamon mitgenommen hat, ist auf geheimnisvolle Weise aus seinem Peristyl verschwunden, vielleicht weil der Senatsvorsitzende Scaurus ihren Diebstahl zu einem Angelpunkt seiner Rede im Senat machte. Das Schatzamt jedenfalls fügte sich zuletzt murrend, und die Zensoren widerriefen die Steuerpachtverträge für Asia. Von jetzt an werden die SSteuern der Provinz auf den Zahlen basieren, die Quintus Mucius und ich aufgestellt haben. Du sollst aber nicht den Eindruck bekommen, daß damit alles im Lot sei. Auch die Steuerpächter sind nicht nur zufrieden, denn eine gutgeführte Provinz kann man nicht so gut ausbeuten, und es gibt viele Steuerpächter, die das immer noch gern in Asia tun würden. Aber wenigstens hat der Senat sich bereit erklärt, bei der Auswahl der dortigen Statthalter strengere Maßstäbe anzulegen, damit sie die Steuerpächter unter Kontrolle behalten.
    Wir haben neue Konsuln, und zwar Lucius Licinius Crassus Orator und meinen lieben Quintus Mucius Scaevola. \1 \2 Ich habe noch nie einen Mann gesehen, der die Wähler so stark beeindruckt wie Marcus Herennius. Es ist mir unbegreiflich. Sie brauchen Herennius nur zu sehen, und schon brechen sie in Jubelrufe aus. Das hat dem Kriecher, den Du für Dich hast arbeiten lassen, als er Volkstribun war, gar nicht gefallen. Ich meine Lucius Marcius Philippus. Als vor einem Jahr bei der Wahl der Prätoren die Stimmen ausgezählt wurden, bekam Herennius die meisten und Philippus die wenigsten. Von den sechs Männern, die gewählt wurden, meine ich. War das ein Gejammere und Geheule! Die diesjährigen Prätoren sind längst nicht so interessant. Der praetor peregrinus des letzten Jahres, Gaius Flaccus, machte dadurch auf sich aufmerksam, daß er einer Priesterin der Ceres aus Velia die vollen römischen Bürgerrechte verlieh, einer gewissen Calliphana. Ganz Rom lechzt danach, den Grund dafür zu erfahren, aber schwer zu erraten ist er nicht!
    Nachdem unsere Zensoren Antonius Orator und Lucius Flaccus die Steuerpachtverträge neu vergeben hatten (eine Prozedur, die durch die Aktivitäten zweier Männer in Asia kompliziert und verlangsamt wurde!), überprüften sie die Senatslisten, hatten aber nichts zu beanstanden. Dann waren die Ritter an der Reihe, mit demselben Resultat. Jetzt wollen sie einen umfassenden Zensus des gesamten römischen Volkes überall in der Welt durchführen. Kein römischer Bürger wird ihrem Netz entschlüpfen, sagen sie.
    Mit dieser lobenswerten Absicht haben sie zunächst in Rom angefangen, wo sie auf dem Marsfeld ihr Büro eingerichtet haben. Für Italien haben sie eine erstaunlich gut organisierte Truppe von Volkszählern

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