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MoR 02 - Eine Krone aus Gras

Titel: MoR 02 - Eine Krone aus Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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und außerdem noch einen Überblick über moderne Anbaumethoden und - formen enthalten sollte. Angesichts der Vorfahren Catos wunderte sich niemand über dieses ehrgeizige Buchprojekt.
    Wenn Cato in Tusculum war, trafen sie sich jeden Morgen um dieselbe Zeit. Livia Drusa hatte den Morgen für sich reserviert, weil ihre Töchter um diese Zeit sowieso Unterricht hatten. Sie und ihr Geliebter trennten sich dann schweren Herzens um die Mittagszeit. Livia Drusa ließ sich ihre morgendlichen »Spaziergänge« auch dann nicht nehmen, wenn ihr Bruder Marcus Livius Drusus kam, um nach dem Rechten zu sehen und den Fortgang der Renovierungsarbeiten in Augenschein zu nehmen. Sie war auf so einfache und ungekünstelte Weise glücklich, daß Drusus ihre Entscheidung, aufs Land zu ziehen, nur begrüßen konnte. Hätte er an ihr irgendwelche Anzeichen von Unruhe oder Schuldgefühlen entdeckt, hätte er möglicherweise Verdacht geschöpft. Aber das war nicht der Fall, denn sie hielt ihr Verhältnis mit Cato für richtig, anständig und gerecht — und für in jeder Beziehung verdient.
    Natürlich gab es zwischen den Liebenden auch Unstimmigkeiten, besonders am Anfang. Für Livia Drusa war besonders die zweifelhafte Herkunft ihres Geliebten anstößig. Sie machte sich zwar längst nicht mehr so viel daraus wie damals, als ihre Schwägerin Servilia Caepionis ihr gesagt hatte, wer Cato war, aber ganz damit angefreundet hatte sie sich immer noch nicht. Zum Glück war sie zu klug, um ihm seine Herkunft offen zum Vorwurf zu machen. Statt dessen lenkte sie das Gespräch so geschickt auf dieses Thema, daß er nicht auf die Idee kam, sie schaue auf ihn herunter — obwohl sie das natürlich tat. Nicht gönnerhaft oder gehässig, nein. Aber sie bedauerte ihn mit der Selbstsicherheit einer Römerin, deren eigene Abstammung über jeden Zweifel erhaben war, und wünschte sich für ihn, daß er an dieser römischsten aller römischen Tugenden teilhaben könnte.
    Catos Großvater war der berühmte Marcus Porcius Cato Censorius — Cato der Zensor. Die Porcii Prisci waren eine wohlhabende Familie latinischer Abstammung und gehörten dem Ritterstand bereits mehrere Generationen an, als Cato der Zensor geboren wurde. Aber obwohl die Familie im Besitz des vollen römischen Bürgerrechts war und dem Ritterstand angehörte, zog sie nach wie vor das Leben in Tusculum dem in Rom vor und hatte bisher keinen Ehrgeiz entwickelt, sich im öffentlichen Leben zu engagieren.
    Livia Drusa fand schnell heraus, daß ihr Geliebter seine Abstammung keineswegs als zweifelhaft erachtete.
    »Diese ganze Geschichte mit unserer Abstammung hat ihre Wurzeln im Charakter meines Großvaters«, erklärte Cato ihr. »Er nahm als siebzehnjähriger Kadett am Feldzug gegen Hannibal teil, und als ihn ein hochnäsiger Patrizier verächtlich behandelte, tat er so, als sei er ein Bauer. Diese Pose gefiel ihm so sehr, daß er sie nie wieder ablegte — wozu wir ihn übrigens heute noch beglückwünschen. Schon aus einem Grunde hat er nämlich das Richtige getan: Die meisten homines novi geraten schnell wieder in Vergessenheit, aber Cato den Zensor kennt heute noch jedes Kind.«
    »Dasselbe könnte man auch von Gaius Marius sagen«, entgeg- nete Livia Drusa zaghaft.
    Cato fuhr zurück, als hätte sie ihn gebissen. »Dieser Kerl? Wie kannst du ihn mit meinem Großvater vergleichen? Marius ist ein wirklicher homo novus und ein wirklicher Bauer! Mein Großvater kam aus einer geachteten Familie! Er war nur insofern ein Aufsteiger, als er als erster der Familie im Senat saß.«
    »Woher willst du wissen, daß dein Großvater nur so getan hat, als sei er ein Bauer?«
    »Aus seiner privaten Korrespondenz. Wir haben sie aufbewahrt.«
    »Ich verstehe nicht, warum ihr und nicht der andere Zweig eurer Familie diese Briefe aufbewahrt. Schließlich sind die anderen doch die Vornehmeren.«
    »Die Liciniani? Ich bitte dich!« rief Cato verächtlich. »Wir, die Saloniani, werden in den Augen künftiger Historiker als der herausragende Zweig der Familie gelten. Wir sind die wahren Erben Catos des Älteren. Wir sind nicht eingebildet und dünkelhaft, und wir ehren Cato den Zensor als den Mann, der er wirklich war. Er war ein großer Mann, Livia Drusa!«
    »Dennoch gab er sich als Bauer aus.«
    »Ja, in der Tat. Er hatte rauhe Manieren, sagte, was er dachte, und war konservativ, ein echter Römer.« Catos Augen strahlten. »Weißt du übrigens, daß er stets denselben Wein wie seine Sklaven trank? Die

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