MoR 03 - Günstlinge der Götter
Ellenbogen des Königs. »Steh auf! Wir gehen zum Hafen hinunter und schauen, was wir finden.«
Nikomedes riß sich empört los. »Du sollst aufhören, mir zu sagen, was ich tun soll!«
»Erst wenn du es tust!«
»Ich tue es ja!«
»Aber bitte sofort. Heute noch.«
»Morgen.«
»Morgen steht vielleicht schon König Mithridates vor der Stadt.«
»Das ist unmöglich! Mithridates ist in Kolchis, und zwei Drittel seiner Soldaten sind tot.«
Caesar setzte sich interessiert wieder hin. »Erzähle mir mehr.«
»Er ist mit einer Viertelmillion Männern losgezogen, um den wilden Stämmen des Kaukasus wegen ihrer Überfälle auf Kolchis eine Lektion zu erteilen. Typisch Mithridates! Er konnte sich nicht vorstellen, daß man auch mit so vielen Soldaten verlieren kann. Es kam gar nicht zum Kampf. Die Kälte in den Bergen hat alles entschieden. Zwei Drittel der pontischen Soldaten sind erfroren.«
»Davon weiß man in Rom nichts.« Caesar runzelte die Stirn. »Warum hast du die Konsuln nicht informiert?«
»Weil es eben erst passiert ist — außerdem ist es nicht meine Aufgabe, Rom zu informieren!«
»Als Freund und Verbündeter mußt du das sehr wohl. Das letzte, was wir von Mithridates erfahren haben, war, daß er am kimmerischen Bosporus versucht hat, seine Länder nördlich des Schwarzen Meeres neu zu ordnen.«
Nikomedes nickte. »Das hat er getan, nachdem Sulla Murena befohlen hatte, aus Pontos abzuziehen. Aber Kolchis hat den Tribut nicht regelmäßig gezahlt, also hat er dort Zwischenstation gemacht, um nach dem Rechten zu sehen. Dabei hat er von den Überfällen der Barbaren erfahren.«
»Sehr interessant.«
»Du siehst also, Pontos stellt keine Bedrohung mehr da, es ist kein Elefant mehr.«
Caesars Augen funkelten. »Aber es gibt noch einen anderen Elefanten! Einen noch größeren. Er heißt Rom!«
Der König bekam einen Lachanfall. »Meinetwegen«, prustete er schließlich. »Ich gebe mich geschlagen! Du sollst deine Flotte haben!«
Königin Oradaltis trat ein, gefolgt von ihrem Hund. Erstaunt stellte sie fest, daß das Gesicht ihres Mannes nicht mehr geschminkt war und daß in züchtigem Abstand von ihm ein junger Römer saß, der aufgrund seiner Schönheit eigentlich viel näher bei Nikomedes hätte sitzen müssen.
»Das ist Gaius Julius Caesar, meine Liebe«, sagte der König, als er sich wieder beruhigt hatte. »Ein Abkömmling der Göttin Aphrodite und von sehr viel vornehmerer Herkunft als wir. Er hat mich eben dazu überredet, ihm eine große Flotte zur Verfügung zu stellen.«
Die Königin, die sich hinsichtlich Nikomedes’ keine Illusionen mehr machte, neigte majestätisch das Haupt. »Es überrascht mich, daß du ihm nicht das gesamte Königreich gegeben hast«, sagte sie. Sie schenkte sich Wein ein, nahm einen Kuchen und setzte sich.
Der Hund trottete zu Caesar, machte Männchen und blickte bewundernd zu ihm auf. Als Caesar ihm einen kräftigen Klaps versetzte, legte er sich auf den Rücken und bot den dicken Bauch zum Kraulen dar.
»Wie heißt er denn?« fragte Caesar, der Hunde gern mochte.
»Sulla«, sagte die Königin.
Caesar fiel ein, wie die Königin Sulla mit der Spitze ihres in einer Sandale steckenden Fußes einen Tritt in seine edelsten Teile verpaßt hatte, und diesmal mußte er lachen.
Beim Essen erfuhr er vom Schicksal der bithynischen Thronerbin Nysa, die das einzige Kind des Königs und der Königin war.
»Sie ist fünfzig und kinderlos«, sagte Oradaltis traurig. »Wir konnten einer Ehe zwischen Mithridates und ihr natürlich nicht zustimmen, und daraufhin hat er es uns unmöglich gemacht, einen passenden Gatten für sie zu finden. Es ist eine Tragödie.«
»Darf ich hoffen, sie kennenzulernen, bevor ich wieder gehe?« fragte Caesar.
»Das steht leider nicht in unserer Macht«, seufzte Nikomedes. »Als Mithridates das letzte Mal in Bithynien einfiel und ich nach Rom fliehen mußte, habe ich Nysa und Oradaltis in Nikomedia zurückgelassen. Mithridates hat unsere Tochter als Geisel genommen. Er hält sie noch immer fest.«
»Hat er sie geheiratet?«
»Wir glauben nicht«, sagte die Königin. »Sie war nie eine Schönheit und schon damals zu alt, um Kinder zu bekommen. Wenn sie ihm offen Widerstand geleistet hat, hat er sie vielleicht getötet; das letzte, was wir gehört haben, war allerdings die Nachricht, sie sei am Leben und werde in Kabira gefangengehalten. Mithridates hält dort noch andere Töchter und Schwestern fest, denen er nicht erlaubt zu
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