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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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heraus. Dann trat er zum König und reichte es ihm. »Denke an deine Stellung und beherrsche dich! Auch wenn unser Treffen informell begonnen hat, ist es immer noch eine Audienz zwischen einem offiziellen Vertreter Roms und dem König von Bithynien. Du sitzt hier aufgedonnert wie eine Tänzerin in deinem Sessel und plärrst, wenn man dir die Wahrheit ins Gesicht sagt! Meine Erziehung verbietet mir, einen ehrwürdigen alten Mann zurechtzuweisen, zumal wenn er römischer Klientelkönig ist, du aber forderst das geradezu heraus! Geh und wasch dir das Gesicht, Nikomedes, dann machen wir weiter.«
    Gehorsam wie ein Kind stand der König auf und verschwand.
    Schon bald kehrte er mit sauberem Gesicht zurück, begleitet von mehreren Dienern, die Tabletts mit kühlen Getränken brachten.
    »Wein aus Chios«, sagte der König. Er setzte sich und strahlte Caesar an, als sei nichts geschehen. »Zwanzig Jahre alt!«
    »Danke, ich trinke lieber Wasser.«
    »Wasser?«
    Das Lächeln kehrte in Caesars Augen zurück. »Ja. Ich mag keinen Wein.«
    »Auch gut. Bithyniens Wasser ist berühmt«, sagte der König. »Was willst du essen?«
    Caesar zuckte gleichgültig die Achseln. »Egal.«
    König Nikomedes sah seinen Gast jetzt mit einem Blick an, der nicht mehr lüstern war, sondern forschend. Er sah durch Caesars äußere Erscheinung hindurch in tiefere Schichten seines Wesens. »Wie alt bist du, Gaius Julius?«
    »Ich bin erst neunzehn.«
    »Jünger als mein Wein!« sagte der König erstaunt. »Du bist auch mit den Aureliern verwandt? Mit Orestes oder Cotta?«
    »Meine Mutter ist eine Aurelia Cotta.«
    »Siehst du ihr ähnlich? Denn ich sehe nicht viel Ähnlichkeit mit Lucius Caesar oder Caesar Strabo.«
    »Ich habe einiges von ihr, anderes von meinem Vater. Wenn du nach dem Caesar in mir suchst, darfst du nicht an den jüngeren Bruder meines Vaters denken. Denke an seinen älteren Bruder, an Catulus Caesar. Alle drei sind umgekommen, als Gaius Marius nach Rom zurückkehrte. Das weißt du sicher noch.«
    »Ja.« Nikomedes nippte nachdenklich an seinem Wein. »Römer lassen sich, wie ich festgestellt habe, von Königen besonders leicht beeindrucken. Der Theorie nach sind sie zwar überzeugte Republikaner, aber sie haben viel für den Glanz des Königtums übrig. Du dagegen scheinst überhaupt nicht beeindruckt.«
    »Wenn Rom einen König hätte, Majestät, würde ich das sein«, sagte Caesar einfach.
    »Weil du Patrizier bist?«
    »Patrizier?« Caesar sah ihn erstaunt an. »Ihr Götter, nein! Ich bin Julier! Das heißt, ich stamme von Aeneas ab. Sein Vater war ein Sterblicher, aber seine Mutter war Venus — also Aphrodite.«
    »Du stammst von Aeneas’ Sohn Ascanius ab?«
    »Bei uns heißt Ascanius Iulus«, sagte Caesar.
    »Der Sohn von Aeneas und Creusa?«
    »So sagen einige. Creusa starb in den Flammen von Troja, aber ihr Sohn entkam mit Aeneas und Anchises nach Latium. Aeneas hatte allerdings einen weiteren Sohn mit Lavinia, der Tochter von König Latinus. Er hieß ebenfalls Ascanius, also Iulus.«
    »Von welchem Sohn des Aeneas stammst du ab?« »Von beiden«, sagte Caesar ernst. »Ich glaube nämlich, daß es nur einen Sohn gab. Die Frage ist nur, wer die Mutter war. Es ist romantischer zu glauben, er sei Creusas Sohn gewesen, aber wahrscheinlich war seine Mutter doch Lavinia. Nach Aeneas’ Tod gründete Iulus auf dem Albanerberg oberhalb von Bovillae die Stadt Alba Longa. Nach Iulus Tod herrschten dort seine Nachkommen, die Julier. Wir waren die Könige von Alba Longa, und als die Stadt an König Servius Tullus von Rom fiel, wurden wir Roms vornehmste Bürger. Und das sind wir noch immer, denn wir stellen traditionell die Priester des Jupiter Latiaris, der viel älter ist als Jupiter Optimus’ Maximus.«
    »Wenn die Julier so vornehm sind, warum haben sie in den Jahrhunderten der Republik dann keine wichtigere Rolle gespielt?«
    »Sie hatten kein Geld!«
    »Ach, kein Geld!« rief der König verständnisvoll. »Ein schreckliches Problem, Caesar. Auch für mich. Ich habe das Geld für deine Flotte nicht: Bithynien ist bankrott.«
    »Bithynien ist nicht bankrott, und du wirst mir die Flotte beschaffen, o König der Mäuse! Sonst wirst du breitgetreten wie ein Ölkuchen unter dem Fuß eines Elefanten.«
    »Ich habe das Geld für die Flotte nicht.«
    »Warum verschwenden wir hier unsere Zeit?« Caesar stand auf. »Stell deinen Becher hin, König Nikomedes, und laß uns mit den Vorbereitungen beginnen.« Er schob eine Hand unter den

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