MoR 03 - Günstlinge der Götter
Hund.
Da Caesar noch zwei Monate bis zur Abreise ausharren mußte, plante er Abstecher nach Byzanz, Pessinus und Troja. Leider bestand der König darauf, ihn nach Byzanz zu begleiten und den Seeweg zu nehmen. Caesar bekam die beiden letzten Städte gar nicht zu sehen, da aus der Schiffsreise von zwei bis drei Tagen eine Fahrt von fast einem Monat wurde. Das Tempo war zermürbend langsam, denn der König hielt an jedem kleinen Fischerdorf und zeigte sich der Bevölkerung in seiner ganzen Pracht — mit Rücksicht auf Caesar allerdings mit ungeschminktem Gesicht.
Byzanz war vom Charakter und von der Bevölkerung her griechisch und existierte schon seit sechshundert Jahren. Es lag auf dem höchsten Punkt einer hügeligen Halbinsel auf der thrakischen Seite des Bosporus und hatte sowohl auf der hornförmigen nördlichen Landzunge wie an der offenen Südseite einen Hafen. Die Stadtmauern waren stark befestigt und hoch, und die Größe und Schönheit der privaten wie öffentlichen Bauten kündete vom Reichtum der Metropole.
Der thrakische Bosporus war schöner und eindrucksvoller als der Hellespont, dachte Caesar. Daß König Nikomedes Oberherr der Stadt war, wurde deutlich, sobald die königliche Barke angelegt hatte. Alles, was Rang und Namen hatte, strömte herbei, um ihn zu begrüßen. Caesar merkte allerdings auch, daß er selbst mit finsteren Blicken bedacht wurde und daß einige Byzantiner nicht erfreut darüber waren, daß der König von Bithynien mit einem Römer auf so gutem Fuß stand. Und damit hing ein weiteres Problem zusammen. Ihre gemeinsamen öffentlichen Auftritte hatten sich bisher auf das eigentliche Bithynien beschränkt, wo die Menschen ihren Herrscher und seine Vorlieben kannten und tolerierten. Das war in Byzanz anders. Hier galt Caesar, wie sich bald herausstellte, als Lustknabe des Königs.
Es wäre ein leichtes gewesen, diese Annahme zu zerstreuen — einige Bemerkungen hier und da über alte Männer, die sich lächerlich machten, oder Klagen darüber, wie lästig es sei, mit dem alten König um eine Flotte zu verhandeln. Aber genau das brachte Caesar nicht übers Herz, denn er hatte Nikomedes gern, wenn auch nicht so, wie man in Byzanz vermutete, und er wollte den armen alten Mann nicht an einer Stelle verletzen, an der er selbst besonders empfindlich war: seinem Stolz. Andererseits mußte er die Situation klarstellen, vor allem, weil es um seine Zukunft ging. Caesar wußte, wohin er wollte: ganz nach oben. Es war schlimm genug, daß er dabei einen Teil seines wirklichen Wesens verleugnen mußte; aber noch viel schlimmer war, mit einem Ruf leben zu müssen, der überhaupt nicht stimmte. Wäre der König jünger gewesen, hätte er ihn gebeten, für eine Richtigstellung zu sorgen, denn Nikomedes verurteilte zwar die römische Intoleranz gegenüber der gleichgeschlechtlichen Liebe als unhellenisch, ja barbarisch, aber er war zugleich warmherzig und gutmütig und hätte ihm diesen Wunsch wahrscheinlich erfüllt. Doch so mußte Caesar fürchten, daß seine Bitte den alten Mann verletzen würde. Er, der eine behütete Jugend gehabt hatte, entdeckte jetzt, daß das Leben Probleme aufwerfen konnte, für die es keine befriedigende Lösung gab.
Schuld an der Abneigung der Byzantiner gegen die Römer war natürlich die Besetzung der Stadt vier Jahre zuvor durch Fimbria und Flaccus, jene Feldherren Cinnas, die beschlossen hatten, gegen Asia und Mithridates statt gegen Griechenland und Sulla zu ziehen. Für die Byzantiner machte es keinen Unterschied, daß Fimbria Flaccus ermordet und anschließend Sulla Fimbria vernichtet hatte. Es änderte nichts daran, daß ihre Stadt unter Römern gelitten hatte. Und jetzt kam ihr Herrscher und schwänzelte um einen Römer herum.
Nachdem Caesar sich über seine Lage klargeworden war, versuchte er, die Byzantiner für sich zu gewinnen. Sein Verstand und seine Bildung waren ihm dabei eine große Hilfe; weniger sicher war er sich im Hinblick auf einen Wesenszug, den seine Mutter an ihm immer beklagt hatte: seinen Charme. Er nahm die führenden Bürger der Stadt für sich ein und trug nach Fimbrias und Flaccus’ ungehobeltem und barbarischem Benehmen viel dazu bei, ihre Gefühle zu besänftigen. Auf der anderen Seite mußte er freilich einsehen, daß sein Charme sie in ihren Vermutungen über seine sexuellen Neigungen bestärkte: Richtige Männer hatten angeblich keinen Charme.
Also wurde Caesar deutlicher. Zunächst erteilte er allen Männern, die ihm Avancen
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