MoR 03 - Günstlinge der Götter
Mann, eine große, etwa zehn Jahre jüngere Frau und einen offensichtlich schon älteren, dicken Hund einer kleinen, Caesar unbekannten Rasse. Der Hund führte Kunststücke auf; er machte Männchen, legte sich hin, wälzte sich über den Boden und stellte sich tot. Und dabei sah er die ganze Zeit die Frau an, die offenbar seine Herrin war.
Der Alte war wütend. »Fort! Husch! Fort!« schrie er. Das weiße Band, das er als Diadem um den Kopf trug, verriet Caesar, daß es sich um König Nikomedes handelte.
Die Frau — offenbar die Königin, denn sie trug ebenfalls ein Diadem — beugte sich zu dem Hund hinunter, doch der sprang rasch auf und biß sie von hinten in das dralle Hinterteil. Jetzt wollte der König sich ausschütten vor Lachen, während der Hund sich erneut totstellte und die Königin, hin und her gerissen zwischen Wut und Lachen, sich die Gesäßbacke rieb. Das Lachen gewann die Oberhand, und sie verpaßte nun ihrerseits dem Hund einen gezielten Fußtritt. Er jaulte auf und schoß davon, und die Königin eilte ihm nach.
Der König war allein. Offenbar wußte er nicht, daß im Nebenraum jemand wartete; niemand hatte ihn über Caesars Ankunft informiert. Langsam gewann er seine Fassung wieder. Er setzte sich in einen Sessel und stieß einen zufriedenen Seufzer aus.
Ähnlich wie seinerzeit Marius und Julia schockiert gewesen waren, als sie den Vater des gegenwärtigen Königs zum erstenmal gesehen hatten, starrte jetzt Caesar König Nikomedes III. befremdet an. Er war groß, dünn und sehnig und trug ein bis zum Boden fallendes, goldbesticktes und mit Perlen übersätes Gewand aus thyrischem Purpur und filigrane, perlenbesetzte goldene Sandalen, in denen Zehen mit goldbemalten Nägeln steckten. Er trug keine Perücke, sondern sein eigenes, kurzgeschnittenes eisgraues Haar, aber sein Gesicht war kunstvoll mit einer dicken Schicht aus schneeweißer Creme und Puder überzogen. Seine Brauen waren sorgfältig mit Rußschwarz nachgezogen, die Wimpern getuscht, die Wangen mit einem zarten Rosa bedeckt. Die runzeligen alten Lippen waren blutrot geschminkt.
Caesar trat in den Raum. »Ich nehme an, die Königin hat bekommen, was ihr zustand.«
Der König von Bithynien fuhr auf. Vor ihm stand ein blutjunger Römer, für die Reise gekleidet in einem einfachen ledernen Brustpanzer. Er war groß, breitschultrig und schlank, hatte kräftige Waden und fein gemeißelte Knöchel, die mit Soldatenstiefeln umschnürt waren. Auf seinem Kopf saß ein Schopf blaßgoldener Haare, der breite, runde Hinterkopf stand in seltsamem Kontrast zu dem langen, spitz zulaufenden Gesicht. Aber welch ein Gesicht! Knochig, doch wie edel geschnitten! Über die Knochen spannte sich eine glatte, blasse Haut, und aus tiefen Höhlen leuchteten zwei große Augen. Die blonden Brauen waren schmal, die blonden Wimpern dicht und lang. Die Augen, dachte der König, die ihn jetzt so amüsiert ansahen, konnten sicher auch ganz anders blicken; die hellblaue Iris war von einem dunkelblauen, fast schwarz erscheinenden Ring umgeben, der den schwarzen Pupillen etwas Unheimliches gab. Doch all das war nichts verglichen mit dem vollen und doch festen Mund des jungen Mannes und den Grübchen an den Mundwinkeln. Nikomedes hätte sie küssen mögen!
»Sei gegrüßt!« sagte er, während er sich rasch aufrichtete und versuchte, verführerisch zu lächeln.
»Laß das!« sagte Caesar. Er setzte sich auf einen Stuhl dem König gegenüber.
»Du bist zu schön, um Männer nicht zu mögen.« König Nikomedes machte ein wehmütiges Gesicht. »Wäre ich nur zehn Jahre jünger!«
»Wie alt bist du denn?« Caesar lächelte und zeigte seine makellosen weißen Zähne.
»Zu alt, als daß ich dir noch geben könnte, was ich gerne würde.«
»Wie alt also?«
»Achtzig.«
»Ein Mann ist angeblich nie zu alt.«
»Für Blicke nie, für Taten schon.«
»Sei froh, daß du nicht mehr kannst«, sagte Caesar, noch immer ruhig lächelnd. »Wenn du könntest, müßte ich dich verprügeln, und das wäre ein diplomatischer Skandal.«
»Was!« spottete der König. »Für Frauen bist du doch viel zu schön.«
»In Bithynien vielleicht. In Rom bestimmt nicht.«
»Du bist dir ganz sicher?«
»Ja.«
»Was für eine Verschwendung!«
»Ich kenne viele Frauen, die anderer Ansicht sind.«
»Ich wette, du hast nie eine von ihnen geliebt.«
»Ich liebe meine Frau«, sagte Caesar.
Der König sah ihn bestürzt an. »Ich werde die Römer nie verstehen!« rief er. »Ihr nennt andere
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