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MoR 03 - Günstlinge der Götter

MoR 03 - Günstlinge der Götter

Titel: MoR 03 - Günstlinge der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Sullas, aber sie haben denselben Ausdruck. Ich frage mich, ob du wohl so weit gehen wirst wie Sulla.«
    »Das liegt im Schoß der Götter. Ich hoffe nur, keiner zwingt mich dazu, so weit zu gehen wie Sulla.«
    Verres zuckte die Schultern. »Nun, Caesar, ich bin kein Gaius Marius, deshalb werde ich es nicht sein.«
    »Du bist gewiß kein Gaius Marius«, stimmte Caesar ihm gelassen zu. »Er war ein bedeutender Mann, bis sein Verstand nachließ. Hast du dich entschieden, wohin du von Lampsakos aus gehen wirst?«
    »Mit Dolabella nach Cilicia«, sagte Verres und zuckte erneut die Schultern.
    »Sehr vernünftig! Soll ich jemanden zum Hafen schicken, um es Dolabella mitzuteilen? Ich möchte nicht, daß er ohne dich davonsegelt.«
    »Wenn du willst«, meinte Verres gleichgültig.
    Caesar ging weg, um Burgundus zu suchen und ihn anzuweisen, was er Dolabella sagen sollte. Als er durch eine Innentür wieder in das Zimmer trat, kam Ianitor mit einer vermummten Gestalt durch die Vordertür.
    »Ist das Stratonike?« fragte Verres gespannt.
    Ianitor wischte sich die Tränen von den Wangen. »Ja.«
    »Laß uns mit ihr allein, Grieche.«
    Ianitor eilte aus dem Zimmer.
    »Soll ich sie für dich entschleiern, während du in angemessener Entfernung stehenbleibst und sie genau begutachtest?« fragte Caesar.
    »Ich möchte es lieber selbst tun«, meinte Verres und trat neben das Mädchen. Es gab keinen Laut von sich und machte keine Anstalten, wegzulaufen.
    Die Kapuze ihres schweren Umhangs verdeckte ihr Gesicht, so daß nichts zu erkennen war. Wie Myron, der das Ergebnis eines Bronzeabdrucks prüfen will, nahm Verres ihr mit zitternder Hand den Umhang ab — und starrte und starrte.
    Caesar brach das Schweigen. Er warf den Kopf zurück und lachte, bis ihm die Tränen kamen. »Ich hatte so eine Ahnung«, sagte er, nachdem er sich wieder gefaßt hatte, und suchte nach einem Taschentuch.
    Arme Stratonike. Ihr Körper war unförmig, ihre Augen waren schmale Schlitze, ihre Stupsnase beherrschte ihr Gesicht, die rötlichen Haare auf ihrem flachen Hinterkopf wuchsen so spärlich, daß sie schon fast eine Halbglatze hatte, ihre Ohren waren verkümmert, und sie hatte eine schlimme Hasenscharte. Zudem war sie geistig zurückgeblieben. Arme Stratonike.
    Mit hochrotem Gesicht machte Verres auf dem Absatz kehrt.
    »Verpasse dein Schiff nicht!« rief Caesar ihm nach. »Es wäre mir äußerst unangenehm, das Ende dieser Geschichte in ganz Rom verbreiten zu müssen, Verres!«
    Kaum war Verres fort, wurde Caesar wieder ernst. Er ging zu der stummen, reglosen Gestalt hinüber, hob den Umhang vom Boden auf und legte ihn ihr ganz sacht um.
    »Keine Angst, mein armes Mädchen«, sagte er, obwohl er nicht sicher war, ob es ihn überhaupt verstand. »Du bist in Sicherheit.« Dann rief er Ianitor, der sofort herbeieilte. »Du hast es gewußt, Ethnarch, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Warum beim großen Zeus hast du dann geschwiegen? Jetzt sind sie ganz umsonst gestorben!«
    »Sie sind gestorben, weil der Tod für sie die bessere Alternative war«, sagte Ianitor.
    »Und was soll jetzt aus dieser armen Kreatur werden?«
    »Für sie wird gut gesorgt werden.«
    »Wie viele von euch wissen es?«
    »Nur die Ältesten der Stadt.«
    Unfähig, etwas darauf zu erwidern, verließ Caesar Ianitors Haus und Lampsakos.

Gaius Verres eilte zum Hafen hinunter. Wie konnten es diese dummen Griechen wagen, Stratonike zu verstecken, als sei sie Helena von Troja, wo sie in Wirklichkeit ein häßliches Weib war?
    Dolabella war nicht gerade erfreut darüber, daß er seine Abreise verschieben und warten mußte, bis Verres’ Kisten und Koffer an Bord verstaut waren. Claudius Nero und die Fimbrianer waren bereits fort.
    »Quin taces!« stieß Verres wütend hervor, als sein Vorgesetzter ihn fragte, wo die wunderschöne Stratonike sei. »Ich habe sie in Lampsakos gelassen. Sie verdienen einander.«
    Nach kurzer Zeit stand Verres wieder in Dolabellas Gunst, und auf der Fahrt von Lampsakos nach Pergamon schmiedete er neue Pläne. Dolabella sollte in seine gewohnte Stellung zurückkehren, und Verres wollte den Rest der Amtszeit in Tarsus verbringen und das Gehalt des Statthalters aufbrauchen. Dachte Caesar wirklich, er könne Dolabella vor Gericht stellen? Nun, er würde keine Gelegenheit dazu erhalten. Er, Verres, würde ihm zuvorkommen!
    Sobald Dolabella nach Rom zurückkehrte, würde er einen Ankläger mit einem berühmten Namen auftreiben und Dolabella für immer ins Exil schicken. Dann

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