MoR 03 - Günstlinge der Götter
ist berühmt. Dein Vorschlag ist eine Farce. Ich habe in meiner Provinz meine Sache gut gemacht. Nach Lage der Dinge werde ich im Frühjahr wahrscheinlich abgelöst. Dasselbe gilt für deinen Vorgesetzten Gnaeus Dolabella. Ich kann zwar nicht für ihn sprechen« — Claudius Nero sah Dolabella an, der seinem Blick auswich —, »aber ich für meinen Teil will meine Provinz in dem Ruf verlassen, ein guter Statthalter gewesen zu sein. Dies wird vermutlich mein letzter großer Fall sein, und ich dulde nicht, daß daraus eine Farce gemacht wird.«
Verres’ Gesicht wurde rot vor Zorn. »Ich will eine rasche Verurteilung!« schrie er. »Ich will, daß diese beiden griechischen socii ausgepeitscht und enthauptet werden! Sie haben einen römischen Liktor bei der Erfüllung seiner Pflicht ermordet! Wenn man sie ungestraft davonkommen läßt, wird die Autorität Roms in einer Provinz, die sich noch immer danach sehnt, von König Mithridates regiert zu werden, weiter untergraben.«
Das Argument war gut, aber das war nicht der Grund, warum Gaius Claudius Nero letztlich nachgab. Er tat es, weil er nicht die Kraft oder das Rückgrat besaß, sich Verres in einer direkten Konfrontation zu widersetzen. Mit Ausnahme von Publius Tettius und dessen Gast Gaius Terentius Varro hatte Verres alle römischen Bürger, die in Lampsakos lebten, auf seine Seite gezogen und ihre Gemüter derart erhitzt, daß der Friede in der Stadt auf lange Sicht gefährdet war. Es hieß Römer gegen Griechen; und Claudius Nero konnte dem Druck, der jetzt auf ihm lastete, einfach nicht standhalten.
In der Zwischenzeit hatte Caesar in einer schäbigen kleinen Herberge am Hafen, in der vorwiegend Seeleute verkehrten, Unterkunft gefunden. Es war der einzige Ort, wo man ihn, einen verhaßten Römer, aufnehmen wollte. Wäre es nicht so kalt gewesen, hätte er im Freien sein Lager aufgeschlagen; und wäre er nicht entschlossen gewesen, seine Unabhängigkeit zu bewahren, hätte er auch im Hause eines römischen Bürgers unterkommen können. So mußte er mit der Hafenkneipe Vorlieb nehmen. Gerade als er und Burgundus vor dem Abendessen noch einen Spaziergang machten, verkündeten die Herolde auf den Straßen, daß der Prozeß von Philodamus und Artemidorus am nächsten Tag auf dem Marktplatz stattfinden werde.
Am folgenden Tag hatte es Caesar nicht eilig; er wollte, daß alle schon versammelt waren, wenn er auf der Bildfläche erschien. Als es dann soweit war, sorgte er für eine kleine Sensation — ein römischer Adliger, ein Senator, ein Kriegsheld, der keinem der anwesenden Römer Loyalität schuldete. Keiner kannte sein Gesicht gut genug, um es mit einem Namen in Verbindung zu bringen, vor allem da Caesar jetzt keinen Wollmantel und keinen Helm trug, sondern eine schneeweiße Toga, mit dem breiten purpurnen Streifen des Senators auf der rechten Schulter seiner Tunika und den kastanienbraunen Ledersandalen des Senators an den Füßen. Auf dem Kopf hatte er einen Kranz aus Eichenlaub, so daß jeder Römer — die beiden Statthalter eingeschlossen — sich erheben und Caesar mit Beifall begrüßen mußte.
»Ich bin Gaius Julius Caesar, der Neffe von Lucius Cornelius Sulla, dem Diktator«, sagte er arglos zu Claudius Nero und streckte die rechte Hand aus. »Ich war gerade auf der Durchreise, als ich von dieser Sache hörte. Ich hielt es für besser, herzukommen und zu sehen, ob ihr noch einen Geschworenen braucht.«
Als die Anwesenden den Namen hörten, erkannten sie ihn natürlich sofort, obwohl sie dabei eher an den Jupiterpriester als an die Belagerung von Mytilene dachten; sie waren bei Lucullus’ Rückkehr nicht in Rom gewesen und waren mit den Einzelheiten der Übergabe von Mytilene nicht vertraut. Caesars Angebot, als Geschworener zu fungieren, wurde zwar abgelehnt, aber man brachte ihm in aller Eile einen Stuhl; schließlich war er nicht nur ein Kriegsheld, sondern auch der Neffe des Diktators.
Der Prozeß begann. Es waren genug römische Bürger da, die als Geschworene fungierten, denn Dolabella und Claudius Nero hatten viele niedere Beamte und eine ganze Kohorte römischer Soldaten aus Pergamon mitgebracht — Fimbrianer, die Caesar sofort erkannten und ihm freudig zujubelten. Noch ein Grund, weshalb keiner der beiden Statthalter über Caesars Anwesenheit erfreut war.
Obwohl Verres die Klage erhoben hatte, übernahm ein römischer Einwohner von Lampsakos die Rolle des Anklägers. Es handelte sich um einen Wucherer, der Claudius Neros Liktoren
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