MoR 03 - Günstlinge der Götter
ich? Es freut mich sogar! Sulla bittet mich in seinen Briefen immer wieder, nach Rom zurückzukehren, und jeder Statthalter und Beamte, den er hierher schickt, kommt, um mir die Bitte persönlich vorzutragen.«
»Aber du willst nicht.«
»Nein. Mir sind mein wollener Mantel und meine griechischen Pantoffeln viel lieber als meine Toga, und ich genieße hier in Smyrna einen weit besseren Ruf als in Rom. Rom ist ein undankbares und gefährliches Pflaster, junger Caesar — wie sehr du Aurelia ähnelst! Wie geht es ihr? Meine Perle des Ozeans, die ich in der schlammigen Ebene von Ostia fand... So habe ich sie immer genannt. Sie ist Witwe, nicht wahr? Ein Jammer. Ich habe sie und deinen Vater nämlich zusammengebracht. Vielleicht weißt du es nicht, aber ich habe dir Marcus Antonius Gnipho als Hauslehrer ausgesucht, als du kaum aus den Windeln heraus warst. Damals hielten dich alle für ein Wunderkind. Und da bist du nun, inzwischen einundzwanzig, zweimal hintereinander Senator und Sullas größter Kriegsheld! Schön!«
»Ich würde mich nicht als seinen größten Kriegshelden bezeichnen«, meinte Caesar lächelnd.
»Oh, aber das bist du! Ich weiß es! Ich sitze hier in Smyrna und erfahre alles. Sulla schreibt mir. Das hat er immer getan. Und als er die Angelegenheiten der Provinz Asia geregelt hat, hat er mich oft besucht. Ich habe ihm die Vorlage für die Umorganisation geliefert, die auf dem Programm basierte, das Scaurus und ich vor Jahren entwickelt haben. Schlimm, seine Krankheit. Aber offenbar hat sie ihn nicht daran gehindert, sich mit Rom zu befassen.«
Tagelang ging es in derselben Art weiter. Mit der Heiterkeit eines unbeschwerten Herzens und der Neugier eines geborenen Klatschmauls sprang Rutilius Rufus von einem Thema zum anderen. Er war ein munterer alter Vogel, dem die Jahre das Gefieder nicht zerzausen oder die Fähigkeit nehmen konnten, sich in die Lüfte zu schwingen. Sein Lieblingsthema war Aurelia; Caesar füllte seine Wissenslücken mit charmanten Worten und offenkundiger Zuneigung, und im Gegenzug erfuhr er viele Dinge über seine Mutter, die er nicht gewußt hatte. Von ihrer Beziehung zu Sulla hatte Rutilius Rufus allerdings wenig zu erzählen, und er weigerte sich, Spekulationen darüber anzustellen, obwohl er Caesar mit seiner Überlegung zum Lachen brachte, welche seiner Nichten einem rothaarigen Mann einen rothaarigen Sohn geschenkt hatte.
»Gaius Marius und Julia waren davon überzeugt, daß es Aurelia und Sulla waren, aber natürlich war es Livia Drusa mit Marcus Cato.«
»Richtig, deine Frau war ja eine Livia.«
»Und die ältere meiner beiden Schwestern war die Frau von Caepio, dem Konsul, der das Gold von Tolosa gestohlen hat. Du bist ein Blutsverwandter der Servilii Caepiones, junger Mann.«
»Ich kenne die Familie überhaupt nicht.«
»Ein langweiliger Haufen, den auch kein rutilisches Blut auflockern konnte. Aber jetzt erzähl mir von Gaius Marius und dem Amt des Jupiterpriesters, das er dir aufgehalst hat.«
Obwohl Caesar ursprünglich nur ein paar Tage in Smyrna zu bleiben beabsichtigte, wurden es schließlich zwei Monate. Rutilius Rufus wollte so viel wissen und so viel erzählen. Beim Abschied kamen dem alten Mann die Tränen.
»Ich werde dich nie vergessen, Onkel Publius.«
»Komm wieder! Und schreib mir, Caesar. Von all den Freuden, die das Leben noch für mich bereithält, ist eine rege und offene Korrespondenz mit einem wirklich gebildeten Menschen doch das größte Vergnügen.«
Aber jedes Idyll hat einmal ein Ende, und für Caesar endete es, als er im April des Jahres, in dem Sulla starb, aus Tarsus einen Brief erhielt; er hielt sich zu dem Zeitpunkt gerade in Nikomedeia auf.
»Publius Servilius Vatia, der letztes Jahr Konsul war, ist als Statthalter nach Cilicia geschickt worden«, berichtete Caesar dem König und der Königin. »Er bittet mich, sein Legat zu werden — offenbar hat Sulla persönlich mich ihm empfohlen.«
»Dann mußt du nicht gehen«, meinte Oradaltis eifrig.
Caesar lächelte. »Kein Römer muß etwas tun, und das gilt von den höchsten bis zu den niedrigsten Rängen. Aber es gibt gewisse Überlegungen, die unsere Entscheidungen beeinflussen, obwohl der Dienst dem Namen nach freiwillig ist. Wenn ich Karriere machen will, muß ich an sechs Feldzügen teilnehmen, obwohl ich bei zehn dabei sein will. Niemand wird mir je vorhalten können, ich hätte unsere ungeschriebenen Gesetze umgangen.«
»Aber du bist doch bereits Senator!«
»Nur
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