MoR 03 - Günstlinge der Götter
größtenteils darauf zurückzuführen, daß sich unser verstorbener, allseits betrauerter Diktator darauf fixiert hat, Etruria und Umbria zu bestrafen, indem er ihnen fast noch den letzten Morgen Land raubte. Daß der Senat die Maßnahmen des Diktators nicht immer gebilligt hat, zeigt sich daran, daß er sich dem Vorhaben des Diktators widersetzte, alle Bürger in den Städten Arretium und Volaterrae zu ächten. Und es ehrt uns, daß wir es geschafft haben, den Diktator von seinem Plan abzubringen, obwohl er damals auf dem Höhepunkt seiner Macht stand. Nun, glaubt nicht, mein neues Gesetz habe Arretium und Volaterrae einen Vorteil zu bieten. Die beiden Städte haben Carbo aktiv unterstützt, und deshalb bekommen sie nichts von mir. Nein, die Gemeinden, um die es mir geht, waren bestenfalls unfreiwillige Gastgeber von Carbos Legionen. Ich spreche von Städten wie Spoletium und Clusium, die momentan zwar einen Groll gegen Rom hegen, weil sie ihre Ländereien verloren haben, die aber niemals Verrat geübt haben. Die Einwohner waren Leidtragende des Bürgerkriegs, weil zufällig eine Armee durch ihre Stadt gekommen ist.«
Lepidus hielt inne und ließ seinen Blick über die Reihen zu beiden Seiten der Curia Hostilia schweifen; er war zufrieden mit dem, was er sah. Mit etwas mehr Nachdruck fuhr er fort:
»Es geht hier nicht um die, die Carbo aktiv unterstützt haben, und die Ländereien dieser Verräter reichen für Sullas Soldaten allemal aus. Ich muß das ausdrücklich betonen. Mit wenigen Ausnahmen ist Italien jetzt durch und durch römisch, und seine Bürger sind wahlberechtigt und auf alle fünfunddreißig Tribus verteilt. Aber in vielen Gegenden Etrurias und Umbrias werden die Bewohner immer noch wie rebellische Verbündete alten Stils behandelt, denn früher gehörte es zur Praxis Roms, Ländereien einer Gegend einfach zu konfiszieren. Aber wie kann sich Rom die Ländereien anständiger, rechtmäßiger Römer widerrechtlich aneignen? Das ist ein Widerspruch! Und wir, eingeschriebene Väter des obersten Verwaltungsorgans von Rom, dürfen solche Praktiken nicht länger dulden. Tun wir es doch, wird es in Etruria und Umhria noch eine Rebellion geben — und Rom kann sich einen weiteren Krieg zu Hause nicht leisten, wo es im Ausland so gerordert ist. Im Augenblick müssen wir für die vierzehn Legionen, die gegen Quintus Sertorius kämpfen, Geld auftreiben. Und offensichtlich müssen wir unser kostbares Geld dafür ausgeben. Die Rückgabe von Ländereien an Städte wie Clusium und Tuder wird das Volk von Etruria und Umbria beschwichtigen, ehe es zu spät ist.«
Die Senatoren hörten aufmerksam zu, obwohl Catulus sich entschieden gegen die Maßnahme aussprach und, wie von Lepidus erwartet, von den meisten Anhängern Sullas sowie von Konservativen unterstützt wurde.
»So fängt es immer an!« rief Catulus wütend. »Marcus Aemilius Lepidus will unsere neue Verfassung Stück für Stück demontieren, indem er mit Maßnahmen anfängt, von denen er genau weiß, daß sie beim Senat Anklang finden werden. Aber ich sage, das darf nicht geschehen! Jede Maßnahme, die er per Senatsbeschluß an die Volksversammlung weiterleiten kann, wird ihn dazu ermutigen, noch weiter zu gehen.«
Aber als weder Cethegus noch Philippus für Catulus Partei ergriffen, wußte Lepidus, daß er gewinnen würde. Seltsam nur, daß sie Catulus nicht unterstützt hatten; aber warum solch ein Geschenk in Frage stellen? Deshalb kam Lepidus auf eine weitere Maßnahme zu sprechen, noch ehe er für sein Gesetz über die Rückgabe der beschlagnahmten Ländereien die Zustimmung des Senats erhalten hatte.
»Es ist die Pflicht dieses Hauses, das Verbot unseres verstorbenen, vielbeweinten Diktators aufzuheben, staatliches Getreide zu einem Preis zu verkaufen, der unter dem der privaten Getreidehändler liegt«, sagte er bestimmt. Die Türen der Curia Hostilia standen weit offen, so daß diejenigen, die draußen standen, zuhören konnten. »Eingeschriebene Väter, ich bin ein vernünftiger, ehrbarer Mann, kein Demagoge! Als erster Konsul habe ich es nicht nötig, unsere ärmsten Bürger zu umwerben. Ich stehe auf dem Höhepunkt meiner politischen Karriere. Ich kann es mir leisten, jeden Preis zu zahlen, den die privaten Getreidehändler für ihren Weizen verlangen. Und ich will auch nicht andeuten, daß unser verstorbener, allseits betrauerter Diktator unrecht hatte, als er den Preis für staatliches Getreide an dem Preis festmachte, den die privaten
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