MoR 03 - Günstlinge der Götter
sich nicht lange halten wird.«
Ciceros ansprechende, aber nicht ebenmäßige Gesichtszüge erstarrten, seine Augen funkelten drohend. »Ich werde dich überdauern, Hortensius, daran zweifle ich nicht.«
»Ich stehe unverrückbar fest auf meinem Platz.«
»Eben das sagte auch der Riese Antäus, ehe ihn Herkules vom Boden hob und erwürgte. Ave, Quintus Hortensius.«
Ende Januar des folgenden Jahres brachte Cinnilla ein blondes, zartes Töchterchen zur Welt, das Vater und Mutter gleichermaßen entzückte.
»Ein Sohn kostet die Eltern stets ein Vermögen, Teuerste«, bemerkte Caesar gegenüber der glücklichen jungen Mutter, »während eine Tochter eine politische Trumpfkarte von kaum zu überschätzendem Wert darstellt. Vor allem, wenn sie von beiden Seiten patrizischer Abstammung ist und eine gute Mitgift besitzt. Die Zukunft eines Sohnes ist immer ungewiß, aber unsere Julia ist schon jetzt vollkommen. Wie ihre Großmutter Aurelia wird sie sich vor Verehrern nicht retten können.«
»Was die Mitgift betrifft, sehe ich die Zukunft nicht so rosig«, gab die Mutter zu bedenken, die während der Geburt sehr gelitten hatte, nun aber wieder auf dem Weg der Genesung war.
»Mach dir deswegen keine Sorgen, liebste Cinnilla. Bis Julia im heiratsfähigen Alter ist, haben wir die Mitgift beisammen.«
Aurelia, die sich sogleich des Säuglings angenommen hatte, fühlte sich ganz in ihrem Element. Sie vergötterte das kleine Mädchen. Zwar hatte sie schon vier Enkelkinder, Lias beide Söhne von verschiedenen Vätern und Ju-jus Tochter und Sohn, aber keines wohnte in ihrem Haus, und vor allem waren sie nicht der Nachwuchs ihres Sohnes, der Freude ihres Lebens.
»Sie behält sicher diese blauen Augen, weil sie so klar sind«, sagte Aurelia, entzückt, daß die kleine Julia nach ihres Vaters Seite ging. »Auch ihr Haar hat nicht mehr Farbe als Eis.«
»Es tröstet mich, daß wenigstens du Haare erkennen kannst«, sagte Caesar mit ernster Miene. »Mir scheint sie vollkommen kahl, und das gefiele mir gar nicht, denn unsere Familie ist für dichtes, volles Haar bekannt.«
»So ein Unfug! Natürlich hat sie Haare. Warte nur, bis sie ein Jahr alt geworden ist, dann wirst du sehen, was für einen dichten Haarschopf sie hat. Solches Haar dunkelt kaum nach, das süße kleine Ding wird immer einen eher silbernen als goldenen Glanz haben.«
»Mir scheint sie so reizlos wie die arme Gnaea.«
»Caesar, Caesar! Sie ist doch gerade erst geboren. Aber sie wird dir immer ähnlich sehen.«
»Welch ein Schicksal«, sagte Caesar und verließ seine Mutter.
Er machte sich auf den Weg in das berühmteste Gasthaus der Stadt, das an der Ecke des Forum Romanum und des Clivus Orbius stand. Ihm war gemeldet worden, daß dort seine Mandanten, die ihn mit der Anklage gegen den älteren Dolabella beauftragt hatten, auf ihn warteten und dringend zu sprechen wünschten.
»Wir haben einen neuen Fall für dich«, sagte Iphikrates von Thessalonika, der Sprecher der griechischen Gäste.
»Ich fühle mich geschmeichelt«, sagte Caesar mit einem Stirnrunzeln. »Aber wen wollt ihr nun verklagen? Appius Claudius Pulcher war nicht lange genug im Amt, um ihm den Prozeß zu machen, selbst wenn es euch gelänge, den Senat davon zu überzeugen, einen amtierenden Statthalter zu verklagen.«
»Diesmal geht es um einen ganz anderen Fall, der nichts mit Statthaltern in Mazedonien zu tun hat«, erläuterte Iphikrates. »Ihr sollt Gaius Antonius Hybrida wegen Grausamkeiten verklagen, die er vor zehn Jahren als Kavalleriepräfekt unter Sulla begangen hat.«
»Beim Jupiter! Nach so vielen Jahren?«
»Wir erwarten gar nicht, den Prozeß zu gewinnen, darauf kommt es uns nicht an. Nur haben uns unsere Erfahrungen mit dem älteren Dolabella zu der schmerzlichen Einsicht geführt, daß wir unter der Knute gewisser Römer leben müssen, die sich schlimmer als Tiere aufführen. Es ist an der Zeit, daß die Stadt Rom dies endlich zur Kenntnis nimmt. Bittschriften nützen da nichts. Kein Mensch fühlt sich bemüßigt, sie zu lesen, am allerwenigsten der Senat. Anklagen wegen Verrats oder Erpressung sind höchst selten vor Gerichtshöfen, die nur von den höchsten Kreisen in Rom besucht werden. Wir dagegen wollen die Aufmerksamkeit der Ritter und womöglich auch der unteren Stände für uns gewinnen. Daher haben wir an einen Prozeß vor dem Gerichtshof für Strafverfahren gedacht, denn das ist eine populäre Arena, die von allen Klassen besucht wird. Bei unserer Suche nach
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